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Das Grosse Spiel

Das Grosse Spiel

Titel: Das Grosse Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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Dunkelheit, und der Kleine Doktor vernichtete sie in einer Lohe von Licht. Hierauf spürte er, was die Schwarmkönigin spürte, als sie durch die Augen ihrer Arbeiterinnen zusah, wie der Tod zu schnell über sie hereinbrach, um ihm zu entgehen, aber nicht zu schnell, um vorausgeahnt zu werden. Aber es war keine Erinnerung an Schmerz oder Furcht. Was die Schwarmkönigin verspürte, war Traurigkeit, ein Gefühl der Resignation. Sie hatte nicht diese Worte gedacht, als sie die Menschen kommen sah, um zu töten, aber Ender verstand sie: Sie haben uns nicht vergeben, dachte sie. Wir werden gewiß sterben.
    »Wie könnt ihr wieder leben?« fragte er.
    Die Königin in ihrem seidigen Kokon hatte keine Worte zurückzugeben; aber als er die Augen schloß und sich zu erinnern suchte, kamen anstelle der Erinnerungen neue Bilder. Den Kokon an einen kühlen Ort legen, einen dunklen Ort, aber mit Wasser, so daß er nicht austrocknete; nein, nicht bloß Wasser, sondern Wasser vermischt mit dem Saft eines bestimmten Baumes und lauwarm gehalten, damit bestimmte Reaktionen im Inneren des Kokons ablaufen konnten. Dann Zeit. Tage und Wochen, für die Puppe drinnen, um sich zu verändern. Und dann, als der Kokon eine staubig braune Farbe angenommen hatte, sah Ender sich selbst, wie er den Kokon aufschlitzte und der kleinen und zerbrechlichen Königin beim Ausschlüpfen half. Er sah sich, wie er sie beim Vorderglied nahm und ihr half, von ihrem Geburtswasser zu einem Nistplatz zu gehen, weich dank getrockneter Blätter auf Sand. Dann lebe ich, kam der Gedanke in seinem Geist. Dann bin ich wach. Dann mache ich meine zehntausend Kinder.
    »Nein«, sagte Ender. »Ich kann nicht.«
    Pein.
    »Deine Kinder sind jetzt die Ungeheuer unserer Alpträume. Wenn ich dich erweckte, würde ich euch nur wieder umbringen.«
    Ein Dutzend Bilder von menschlichen Wesen, die von Krabblern getötet wurden, blitzten durch seinen Geist, aber mit dem Bild kam ein so machtvoller Kummer, daß er es nicht ertragen konnte und er um ihretwillen seine Tränen vergoß.
    »Wenn du sie so fühlen lassen könntest, wie du mich fühlen läßt, dann könnten sie euch vielleicht vergeben.«
    Nur ich, begriff er. Sie haben mich durch den Verkürzer gefunden, sind mir gefolgt und haben in meinem Geist gewohnt. In der Agonie meiner gemarterten Träume sind sie gekommen, mich zu erkennen, gerade als ich meine Tage damit zubrachte, sie zu vernichten; sie entdeckten meine Furcht vor ihnen und entdeckten auch, daß ich nichts davon wußte, daß ich sie umbrachte. In den wenigen Wochen, die ihnen blieben, bauten sie diesen Ort für mich und den Leichnam des Riesen und den Spielplatz und den Sims am Ende der Welt, damit ich diesen Ort durch das Zeugnis meiner Augen fände. Ich bin der einzige, den sie kennen, und darum können sie nur zu mir sprechen, und durch mich. Wir sind wie du; der Gedanke drängte sich in seinen Geist. Wir wollten nicht morden, und als wir begriffen, kamen wir nie wieder. Wir dachten, wir seien die einzigen denkenden Wesen im Universum, bis wir euch trafen, aber nie hätten wir geträumt, daß Denken aus den einsamen Tieren erwachsen könnte, die nicht die Träume des anderen träumen können. Wie sollten wir das wissen? Wir könnten mit euch in Frieden leben. Glaube uns, glaube uns, glaube uns.
    Er griff in die Höhlung und nahm den Kokon heraus. Er war erstaunlich leicht, dafür, daß er die ganze Hoffnung und die ganze Zukunft einer großen Rasse in seinem Inneren barg.
    »Ich werde dich bei mir tragen«, sagte Ender, »ich werde von Welt zu Welt fliegen, bis ich eine Zeit und einen Ort finde, wo du in Sicherheit erwachen kannst. Und ich werde deine Geschichte meinem Volk erzählen, damit irgendwann einmal vielleicht auch sie euch vergeben können. So, wie du mir vergeben hast.«
    Er wickelte den Kokon der Königin in seine Jacke und trug sie aus dem Turm.
    »Was war da drinnen?» fragte Abra.
    »Die Antwort«, sagte Ender.
    »Auf was?«
    »Meine Frage.« Und das war alles, was er über die Angelegenheit sagte; sie suchten fünf weitere Tage und wählten eine Stelle weit im Osten und im Süden des Turms für die neue Kolonie aus.
    Wochen später kam er zu Valentine und bat sie, etwas zu lesen, das er geschrieben hatte; sie holte sich die genannte Datei aus dem Schiffscomputer und las sie.
    Es war so geschrieben, als spräche die Schwarmkönigin, die alles erzählte, was sie vorgehabt, und alles, was sie vollbracht hatten. Hier sind unsere Mißerfolge, und

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