Das Haus der Rajanis
und Ehebruch mit meiner Mutter begangen», und drei alte, zahnlose Weiber treten aus ihren Zelten, um mich zu verfluchen, weil ich ihre Mittagsruhe gestört, doch ich rufe noch einmal, schreie, bis Omars Sohn Nader mit einem Dolch in der Hand aus seinem Zelt kommt und sagt: «Wenn du weiter solchen Unsinn von dir gibst, werde ich dir die Kehle durchschneiden, denn du hast die Ehre meines Vaters und die meiner Familie verletzt», und ich sage: «Rufe deinen Vater und ich werde hier ihn niederstrecken und den Tod ihm bescheren, den er verdient», und inzwischen haben andere Männer des Stammes sich erhoben und sind aus ihren Zelten getreten, hat ein Kreis zwischen uns beiden sich gebildet, und alle verharren sie neugierig, zu sehen, wie dieser Streit sich entwickeln möge, und ich sage: «Es war dein Vater, der den meinen gemordet, so hat es mir sein Geist verraten, der zwischen Himmel und Erde gefangen», und Nader sagt: «Bringt uns Schwerter», doch unterdessen sind Omar und Mutter erschienen, nähern dem Kreis sich und Omar fragt: «Was geht hier vor», und ich sage: «Dein Sohn hat mich zum Kampfe gefordert, und wenn ich mit ihm fertig bin, werde ich dich töten, du Unhold, denn des Todes bist du», und Mutter ringt die Hände und sagt: «Im Namen Allahs, der Junge ist verwirrt durch den Tod seines Vaters, verzeiht ihm seine Narreteien und Fehler, und jetzt, Raschid, kehre nach Hause zurück, deiner Mutter zuliebe», und ich sage: «Du bist nicht meine Mutter, sondern bloß eine läufige Hündin, die nach dem Samen Omars lechzt», und die Männer lassen von dem Streit sich erhitzen und werfen zwei Schwerter uns hin, eines für Nader und eines für mich, und schon entbrennt der Kampf zwischen uns, zwischen unseren aufeinanderklirrenden Schwertern, einmal greift Nader an, und ich weiche zurück, ein andermal greife ich an, undNader weicht zurück, und Vaters Geist summt in meinen Ohren und flößt Mut mir ein, und mit einem Sprung und einer Finte töte ich Nader, stoße die Klinge ihm gerade ins Herz, und das Blut spritzt und sprudelt hervor, und Mutter bricht ohnmächtig zusammen, doch ich rufe: «Omar, jetzt bist du an der Reihe, denn ein Ehebrecher bist du, starrsinnig und unverbesserlich, ein Vatermörder», und Omars Schweiß tropft, und in seinen Augen spiegelt die Angst sich, er greift ein anderes Schwert, das seine Getreuen ihm gereicht, und stürmt auf mich los, mir den Kopf abzutrennen, doch ich schlage ihn zurück, diesen Mann, der ganz und gar aus Feigheit gemacht, und schon sind sein Gesicht und sein Körper von vielen Schnittmalen und Wunden bedeckt, noch einen Augenblick nur und der siegbringende Schlag wird kommen, der Hieb, der durch seine inneren Organe fahren und seinen Tod über ihn bringen wird, doch Weh, welch schändlicher Tat hat Omar sich bedient, denn die Klinge seines Schwertes ist heimlich von seinen Handlangern mit dem Gift eines Wüstenbusches bestrichen und blinkt grünlich und giftig nun, und ein kleiner Schnitt, den auf meiner Schulter sie mir beigebracht, genügt schon, denn plötzlich überkommt große Schwäche mich, verklumpt mein Blut und erstarrt, und ich rufe: «Oh, ich bin vergiftet von diesem schurkischen Mann, der noch nicht einmal wagt, in einen gerechten Krieg gegen seine Feinde zu ziehen», und Omar baut sich vor mir auf, seine Beine gespreizt, und schon dringt die Klinge seines Schwertes tief in meinen Hals, und das Gift sickert ein, mich zu töten und das Ende meiner Geschichte zu besiegeln, doch mit letzter Kraft wende ich die vergiftete Klinge gegen ihn, und als meine Augen sich für immer schließen, weiß ich, dass der Gerechtigkeit Genüge getan, denn der teuflische Omar ist im Wüstensand zusammengebrochen, ist zu Boden gesunken und gestorben, und die Seele meines Vaters ist ruhig und versöhnt.
18. März 1896, Neve Shalom
Das Begräbnis des Jungen ist vorüber und vollbracht, und nun sitze zurückgezogen ich in meinem Haus, in Neve Shalom. Die gnädige Frau, da sie meines verstörten und erschütterten Gesichtsausdruckes gewahr wurde, erließ wohl ihre übliche Tyrannei mir. Noch habe ich ihr die Prophezeiung des Jungen über das Kind, das unter ihrem Herzen sie trägt, nicht offenbart, doch weiß ich mit Gewissheit, dass vom Tage seiner Geburt und bis zur Vollendung seines zweiten Lebensjahres meine Seele keine Ruhe und keinen Frieden finden wird.
Die Kolonisten, ehe sie nach Hause geschickt, um fürderhin nicht mehr auf dem Gute zu arbeiten, gingen und
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