Das Haus der Rajanis

Landes zu gehen, wo er in führender Position für die Jewish Colonisation Association tätig wurde und entscheidend an der jüdischen Besiedlung Galiläas mitwirkte. Seine älteste Tochter kam in Mishmar Hayarden zur Welt, verstarb jedoch nach nur zwei Jahren an den Komplikationen einer Darmerkrankung.
    Luminsky weihte sein Leben zwei gleichermaßen hochgesteckten wie einander widersprechenden Zielen: zum einen dem massiven Landerwerb in Palästina, insbesondere in Untergaliläa, von arabischen Großgrundbesitzern, ein Vorgehen, das die Pachtbauern ihres Einkommens und des Landes beraubte, das sie über viele Jahre bestellt hatten. Dieses Land sollte später von jüdischen Ansiedlungen und Kibbuzim genutzt werden, die das Banner einer sozialistischen Ideologie vor sich hertrugen.
    Luminskys zweites Ziel indes war das Bemühen, zu einer Annäherung und Befriedung zwischen Juden und Arabern im Lande beizutragen, eine Aufgabe, der er sich tatkräftig und mit zuweilen kontrovers diskutierten Mitteln widmete.

    Salach Rajani wurde an der Seite von Salim und Salam auf dem muslimischen Friedhof mit Blick auf das Meer begraben, welcher sich heute im Stadtgebiet von Tel Aviv befindet. Dieser Friedhof geriet mit den Jahren außer Gebrauch und fiel dem Vergessen anheim. Heute befinden sich an seiner Stelle ein großes Luxushotel und ein öffentlicher Park, der als Treffpunkt von Homosexuellen frequentiert wird. Afifa Rajani befand sich, betreut undumsorgt von ihrer Dienerin Amina, bis zu ihrem Tode in einem religiösen Hospiz für Geisteskranke in Jaffa. Über die Grabstätten der beiden Frauen liegen keine Informationen vor. Die Nachfahren der Familie Rajani flohen bei der palästinensischen Nakba – der Katastrophe des Jahres 1948 – zusammen mit etwa 75.000 weiteren Einwohnern aus Jaffa nach Übersee. Die verschiedenen Zweige der Familie leben heute in Europa, den Vereinigten Staaten, Jordanien und Ägypten.

    Von dem eleganten Anwesen der Rajanis ist nichts geblieben. Nach dem Krieg im Jahre 1948 kamen seine Ländereien unter israelische Kontrolle und wurden der Stadt Tel Aviv zugeschlagen, die später zu Tel Aviv-Jaffo wurde. Eine Großstadt entstand, wo ehedem sich die Ländereien des Gutes erstreckten. Der Fluss, der einst entlang des Gutes sich wand, trocknete aus und schuf Platz für eine achtspurige Autobahn und eine Eisenbahnlinie. Das weitläufige Gutshaus wurde während des Krieges geschleift, und der Hügel, auf dem es stand, blieb für lange Zeit verlassen und unbebaut. Erst vor einigen Jahren wurde das Land von einem jüdischen Bauunternehmer erworben, der drei gigantische Glastürme auf den Ruinen errichtete: einer quadratisch, einer dreieckig und einer von kreisrunder Form. Die Türme beherbergen Büros, eine Shopping Mall, Kinos und Vergnügungscenter.
    Das arabische Jaffa wurde 1948 von den Juden erobert, nach Luftangriffen, einer Seeblockade des Hafens und der kontrollierten Sprengung ganzer Wohnzeilen. Nach dem Fall der Altstadt verkamen die arabischen Viertel und Märkte zusehends, ehe mit den Jahren ein großer Park auf ihren Überresten angelegt wurde, der heute jungen Paaren an ihrem Hochzeitstag eine willkommene Szenerie bietet. Neve Shalom und die angrenzende arabische Ortschaft Manshiyeh wurden weitestgehend zerstört undsind heute im Wesentlichen unter Feldern und Parkplätzen verschwunden. Die alte Eisenbahnstation von Neve Shalom hingegen ist erhalten geblieben und wird nach einhundert Jahren des Verfalls und der Vernachlässigung gerade restauriert.

Die Originalausgabe wurde veröffentlicht
bei Yedioth Sfarim, Israel, 2008
© Alon Hilu, 2008

    Für die deutsche Ausgabe:
© Verlag C.H.Beck oHG, München 2011
Umschlaggestaltung: Geviert — Büro für Kommunikationsdesign
München, Christian Otto; www.geviert.com
Umschlagabbildung: © Luis Egidio Melendez/The Bridgeman Art Library
ISBN Buch 978 3 406 61287 9
ISBN eBook 978 3 406 61288 6

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