Das Haus der Rajanis
nahmen aus den Zimmern des Gutshauses sich einige Habseligkeiten, die ihnen künftig von Nutzen sein mögen, wie linnene Bettwäsche und Waschutensilien, dazu kleine, wertlose
objets d’art
, Kupferkännchen und Becher, und auch Blätter aus Salachs Zimmer, den Ofen oder ein Feuer damit anzuheizen. Einer der Kolonisten indes, der sich im Gemache des Verstorbenen umgetan, fand dort einen Umschlag, der meinen Namen trug, und eilte, mir diesen zu bringen. Schnell begriff ich, dass dies ein Abschiedsbrief war, den der Junge geschrieben, ehe er zum Fluss sich aufgemacht. Denn dieser las sich wie folgt:
An meinen Freund, den guten Engel, den Engel der Zerstörung, den vertilgenden, unsagbar geliebten Dämon.
Bei meinem Eintritt in die Welt der Wahrheit werden gewiss alle Verbrechen und Sünden derjenigen, die auf dieser Welt wandeln, meinen Augen in hellem Lichte offenbart sein, und so werde mit Bestimmtheit ich wissen, ob du der Mörder meinesVaters bist, wie der Geist mir eingeflüstert, oder dies eine falsche und infame Anschuldigung, wie du stets behauptet hast.
Doch einerlei, ob du dich des Mordes schuldig gemacht oder nicht, wisse, dass du an der Seele eines Kindes dich hast versündigt, das dich aufrichtig und unschuldig geliebt, ein Kind, das dir Einblick gewährte in alle Regungen seiner Seele und dem du wie ein älterer Bruder gewesen bist, wie ein geliebter Vater, ein Mann, dem es nachgeeifert, den es bewundert und verehrt für seinen Körper, seinen Verstand und seine Rede, doch du warfest die Frucht dieser schönen Liebe achtlos fort und machtest, deinem Trieb und deiner Habgier hörig, dich daran, unser Haus zu vernichten und zu zerstören, dir einen Garten, den du begehrtest, für dich und dein Volk dir zu nehmen, um darauf eine Kolonie, eine Stadt oder weiß der Teufel was zu errichten, und was ist nun geblieben von all deiner emsigen Arbeit und den trügerischen Träumen, was außer einer Frau, die den Verstand verloren, einem einstmals ansehnlichen Haus, das zerstört und verlassen, und einem Jungen, der schon bald auf den Wasserstufen des mächtigen Flusses in seinen Tod schreitet?
Einmal erwähntest du, mein Freund, dass auch du, wie ich und viele andere, ein Tagebuch führst, in dem du die Ereignisse aller Tage niederschreibst und deine Gefühle und Gedanken ausschüttest. Tausend und abertausend Goldstücke würde ich geben, dieses Tagebuch einmal zu lesen, um Licht, und sei es auch nur ein dürftiges und schwaches, auf diese Seele zu werfen, in der Sanftmut und Liebe, aber auch Grausamkeit und Schlechtigkeit wohnen, die von außen den Anschein erweckt, als strebe nach Frieden sie und liebe alle Kreatur, doch von innen verfault und abscheulich ist, wie jene Orangen auf unserem Gut, die noch an ihren Ästen hängen, doch schon faulig und von grünem Schimmel überzogen sind.
Sieben Seiten waren dies, gefüllt mit seiner dichtgedrängten Handschrift, geschrieben in der sonderbaren Sprache einer gequälten Seele, die zwischen Leben und Tod pendelt. Auch entrollte auf ihnen er abermals seine Visionen, welche zum Teil er mir bereits kundgetan, darunter all jene närrischen Prophezeiungen über Krieg und Feuerwürmer und andere Heimsuchungen, doch hatte er diesmal auch neue hinzugefügt, die ihm offenbart waren.
Und welcher Natur nun waren diese neuen Prophezeiungen? Zuvorderst Weissagungen über mein Leben, darunter die Trauer über den vorzeitigen Tod unserer kleinen Tochter, hernach jedoch Tröstliches in Gestalt dreier schöner Töchter, die uns geboren werden sollten und denen beschieden, ebenfalls Kinder und Kindeskinder zur Welt zu bringen. Ich las diese Zeilen, und mit einem Mal erschienen sie mir eine Wahrheit in sich zu tragen, und ein Beben ging durch meinen Körper, denn vielleicht hatte der Junge ja recht in allem, vielleicht wusste tatsächlich er um alle Zeiten und alle Taten und all ihre Geheimnisse?
Dann, auf der nächsten Seite, trugen seine Worte ihn zur Geschichte des großen Krieges zwischen Juden und Arabern, wie dieser immer unversöhnlicher und blutiger werden würde, wie er unbeschreibliches Unglück und schrecklichen Tod bescheren sollte und welches Ende ihm bestimmt, und diese Zeilen bargen eine Botschaft, die zugleich wundervoll und schrecklich war, und ließen meine Seele erzittern, als nahe das Ende aller Tage:
Dein Tagebuch werde ich niemals lesen können, doch ein anderes Tagebuch, wunderbarer als das deine, liegt offen vor mir, und dieses ist die noch
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