Das Haus des Windes
die Wurzelballen, setzten sie in die Löcher und schichteten Erde darauf. Dann schleppten wir Eimer herbei und gossen die Setzlinge, und dann standen wir da.
Mein Vater zog eine Zigarre aus der Tasche, sah mich an und steckte sie wieder weg.
Diese Geste machte mich gleich wieder wütend.
Du kannst sie rauchen, wenn du willst, sagte ich. Ich fang schon nicht an. Ich werde nicht so wie du.
Ich dachte, sein Ärger würde meinen auslöschen, wurde aber enttäuscht.
Ich warte noch, sagte er. Wir haben ja unser Gespräch noch nicht beendet, oder?
Nein.
Hol doch mal die Gartenstühle.
Ich stellte zwei Liegestühle so hin, dass wir unser Tagwerk überblicken konnten. Während er im Haus war, holte ich den leeren Benzinkanister unter der Treppe hervor und legte ihn unter meinen Stuhl. Dad brachte eine Packung Limonade und zwei Gläser mit. So lange, wie er gebraucht hatte, wusste ich, dass er ein Glas nach oben gebracht hatte. Wir machten es uns mit unserer Limo bequem.
Dir entgeht aber auch gar nichts, Joe, sagte er nach einer Weile. Das Rundhaus.
Ich holte den Kanister unter meinem Stuhl hervor und stellte ihn zwischen uns auf den Boden.
Mein Vater starrte ihn an.
Woher …?, fragte er.
Ich bin vom Rundhaus geradeaus durch den Wald. Er war ungefähr fünf Meter weit draußen im See.
Im See.
Er hat ihn da versenkt.
Grundgütiger Gott.
Er bückte sich nach dem Kanister, zog die Hand aber wieder zurück. Er legte sie auf die Aluminiumlehne seines Stuhls, betrachtete aus zusammengekniffenen Augen die säuberlich gepflanzten Setzlinge im Gemüsegarten, und dann drehte er sich ganz, ganz langsam nach mir um und sah mir mit diesem unerbittlichen, durchdringenden Blick in die Augen, den er in meiner Vorstellung auf Mörder gerichtet hatte, bis mir klar wurde, dass er nur für Hotdogdiebe zuständig war.
Wenn ich dir das Fell gerben könnte, sagte er, würde ich es tun. Aber das … ich könnte dir niemals wehtun. Außerdem glaube ich nicht, dass eine Abreibung uns weiterhelfen würde. Sie könnte dich sogar gegen mich aufbringen. Könnte dich dazubewegen, heimlich weiterzumachen. Also kann ich dich nur dringend bitten, Joe. Ich bitte dich aufzuhören. Mit der Jagd auf den Angreifer. Mit der Suche nach Hinweisen. Ich weiß, es ist meine Schuld, weil ich dich gebeten habe, mit mir diese Akten durchzulesen. Aber es war falsch, dich da reinzuziehen. Du bist zu verdammt neugierig, Joe. Du hast mich ganz schön überrascht. Ich habe Angst. Du könntest dich … wenn dir etwas zustößt …
Mir stößt überhaupt nichts zu!
Ich hatte gedacht, er würde stolz auf mich sein. Würde sein anerkennendes Pfeifen ausstoßen. Ich hatte gedacht, er würde mit mir beraten, was als Nächstes zu tun war. Wie wir ihn in die Falle locken konnten. Wie wir den Priester erwischen würden. Stattdessen hielt er Vorträge. Ich lehnte mich zurück und verpasste dem Kanister einen Fußtritt.
Ganz im Ernst, Joe. Hör mal, das ist ein Sadist. Jenseits aller Schranken. Jemand, der überhaupt keine … weit jenseits …
Weit jenseits deines Zuständigkeitsbereichs , sagte ich. Meine Stimme troff vor jugendlichem Sarkasmus.
Tja, du verstehst ja schon einiges von juristischen Zuständigkeiten, sagte er; er bemerkte und ignorierte den beißenden Spott. Bitte, Joe. Ich bitte dich als dein Vater, es sein zu lassen. Das ist ein Fall für die Polizei, verstehst du?
Welche Polizei? Unsere? Die Smokies? Der FBI? Was interessiert es die schon?
Joe, du kennst doch Soren Bjerke.
Klar, sagte ich. Und ich weiß, was du über FBI-Agenten gesagt hast, die in Reservaten landen.
Was habe ich denn gesagt?, fragte er zögernd.
Du hast gesagt, wenn sie im Reservat landen, sind sie entweder Anfänger oder haben sich Ärger eingehandelt.
Habe ich das?, sagte mein Vater. Er nickte, lächelte fast. Soren ist kein Anfänger, sagte er.
Okay, Dad. Und warum hat er den Kanister nicht gefunden?
Das weiß ich nicht, sagte mein Vater.
Aber ich weiß es. Weil sie ihm nichts bedeutet. Nicht wirklich. Nicht so wie uns.
Ich hatte mich inzwischen in meine Wut hineingesteigert oder hatte mich in sie hineingepflanzt – mit jeder einzelnen mickrigen Gewächshauspflanze, die meine Mutter doch nicht bemerken würde. Es kam mir vor, als wäre alles, was mein Vater sagte oder tat, nur darauf angelegt, mich in den Wahnsinn zu treiben. Ich erstickte hier allein mit ihm an so einem ruhigen späten Nachmittag. Eine stürmische Wolke hatte sich über mir
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