Liebe ist staerker als Rache
1. KAPITEL
Maddie Vasquez verbarg sich im Dunkeln wie ein Dieb. Nur wenige Meter von ihr entfernt ragten die Mauern von Mendozas luxuriösestem Hotel empor. Ein Bauwerk am prächtigen Plaza Indepencia . Es gibt überhaupt keinen Grund, mich wie eine Verbrecherin zu fühlen, sagte sie sich, ich brauche einfach nur einen Moment, um mich zu sammeln. Sie beobachtete, wie die Menschen in das Foyer strömten: die Reichen und Schönen, die Elite Mendozas.
Es war später Abend, und die funkelnden Lichter in Bäumen und Büschen kündeten vom Einbruch der Nacht. Die Atmosphäre hatte etwas Märchenhaftes. Maddie presste die vollen Lippen zusammen und bemühte sich, ihr wild pochendes Herz zu beruhigen. An Märchen glaubte sie schon lange nicht mehr. Sie hatte sich niemals irgendwelchen Illusionen hingegeben. Bei einer Mutter, die einen lediglich als eine Art Vorzeigepuppe betrachtete, und einem Vater, der einen ablehnte, weil man ihm nicht den verlorenen Sohn ersetzen konnte, wusste man: Das Leben ist kein Zuckerschlecken.
Maddie schüttelte den Kopf, als könnte sie sich so von der plötzlichen Trauer befreien. Aus den Augenwinkeln sah sie einen eleganten, silberfarbenen Wagen vorfahren. Instinktiv wich sie ein Stück zurück. Der Wagen war ein Oldtimer und musste ein Vermögen gekostet haben. Ihre Hände begannen zu zittern. War das womöglich …? Der livrierte Portier öffnete den Schlag der Limousine, und der Fahrer stieg aus.
Tatsächlich! Nicolás Cristobal de Rojas! Der erfolgreichste Winzer der Provinz – inzwischen wahrscheinlich ganz Argentiniens. Außerdem hatte er expandiert und war nun Besitzer diverser Weinberge in Frankreich, was ihm jährlich zwei Ernten einbrachte. Das Winzergeschäft war schwierig und unberechenbar, offenbar jedoch nicht für das Weingut de Rojas. Dort hatte sich der Gewinn in den letzten Jahren vervielfacht. Genau diese Aura von Reichtum und Erfolg umgab diesen breitschultrigen, hochgewachsenen Mann.
Er trug einen schwarzen Smoking, und Maddie erhaschte einen Blick auf seine ebenmäßigen und doch so arroganten Gesichtszüge, als er sich scheinbar gelangweilt umsah. Sein Blick glitt zufällig über die Stelle, wo sie sich verbarg, und ihr Herz fing wieder an zu rasen.
Sie holte tief Luft. Wie hatte sie das intensive Blau seiner Augen vergessen können? Nicolás kam ihr schlanker, sehniger vor … und sehr, sehr sexy. Mit seinem dichten dunkelblonden Haar war er schon immer aufgefallen – vor allem aber seines unglaublichen Charismas und guten Aussehens wegen. Doch die eigentliche Anziehung ging von etwas Anderem aus, und das hatte mit Macht und Erotik zu tun.
In diesem Moment bemerkte sie, dass der Portier noch jemandem aus dem Wagen half – einer blonden Schönheit. Der Glanz ihres langen Haares wurde nur übertroffen von dem des bodenlangen Silberlamékleides, das ihren perfekten Körper umschmeichelte.
Die Frau hängte sich bei Nicolás ein. Maddie konnte sein Gesicht nicht sehen, aber an der Art, wie die Frau ihn anlächelte, konnte man ablesen, dass sein Blick heiß und sexy sein musste. Ein stechender Schmerz durchfuhr Maddie. Instinktiv legte sie die Hand auf ihr Herz. Bitte nicht! flehte sie innerlich. Er sollte nicht diese Wirkung auf sie haben. Sie wollte nicht, dass er überhaupt irgendeine Wirkung auf sie hatte!
Als Teenie hatte sie von ihm geträumt, hatte ihn zum Helden ihrer Fantasiewelt gemacht. Und wozu hatte das geführt? Zu einer absoluten Katastrophe! Letztlich hatte es der Fehde, die seit Generationen zwischen ihren Familien herrschte, neue Nahrung gegeben und ihre Familie zerstört. Es war eine Zeit extrem intensiver Gefühle gewesen – und ein Albtraum!
Sie erinnerte sich daran, als sie Nicolás das letzte Mal gesehen hatte. In einem Londoner Nachtclub. Ihre Blicke hatten sich über die Köpfe der Menge hinweg getroffen. Nie würde sie den Ausdruck tiefen Hasses in seinen Augen vergessen, bevor er sich umdrehte und verschwand.
Noch einmal atmete Maddie tief durch. Dann reckte sie entschlossen das Kinn. Schließlich konnte sie nicht die ganze Nacht hier stehen bleiben. Sie war hier, um Nicolás Cristobal de Rojas klarzumachen, dass sie nicht die Absicht hatte, an ihn zu verkaufen. Nicht jetzt – und auch nicht in Zukunft. Sie würde das Erbe ihres Vaters bewahren. Das Vermächtnis ihrer Familie würde nicht mit seinem Tod untergehen. Das musste sie Nicolás de Rojas unmissverständlich zu verstehen geben – sonst würde er sie ebenso unter Druck
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