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Das Herz der Kriegerin

Das Herz der Kriegerin

Titel: Das Herz der Kriegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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gezischte Wort war für uns wie befreiender Donnerhall,
nachdem sich das Gewitter unaufhörlich zusammengeballt hatte. Wir stürmten auf
die Bewaffneten zu, die uns gerade den Rücken zugekehrt hatten, so leise, dass
die Männer uns erst spürten, als wir ihnen die Klingen an die Kehlen setzten.
Ich verabscheute es noch immer, einen Mann hinterrücks und nicht im direkten
Kampf zu töten, doch in diesem Fall hatten wir keine andere Wahl. Das
erschrockene Keuchen der Söldner und ihr Todesröcheln ging in dem ringsum
herrschenden Tumult unter. Anstatt sie achtlos zu Boden fallen zu lassen, fingen
wir die Verblutenden auf und zogen sie rasch in die Schatten, aus denen wir
gekommen waren.
    Tanneguy schaute uns entsetzt zu und bekreuzigte sich. »Lasst
diesen Unsinn!«, zischte ich ihm zu, während ich spürte, wie der Körper in
meinen Armen erschlaffte. Das Blut, das meine Haut aufsaugte, brachte meine
Augen zum Leuchten, doch das war mir gleich. »Ihr wollt, dass wir Euren
zukünftigen König retten, also wundert Euch besser über gar nichts!«
    Tanneguy starrte mir ins Gesicht, klappte den Mund auf und zu,
doch ein Laut wollte nicht herauskommen.
    »Wir müssen weiter«, trieb Sayds Stimme uns zur Eile an.
    Rasch huschten wir über den Hof des Schlosses. Noch waren keine
weiteren Burgunder zu sehen, wenn wir Glück hatten, würden wir den Prinzen
fortgeschafft haben, bevor sie sein Fehlen überhaupt bemerkten.
    Dass alle Wächter das Schloss verlassen hatten, konnte man nicht
behaupten – kurz nachdem wir das Tor durchschritten hatten, stürmten sie uns mit
Spießen und Hellebarden entgegen. Kampfbereit griffen wir nach unseren Waffen,
als sich der Stadtvogt vor uns warf und den Wächtern zurief: »Es sind Freunde!
Ich bin Tanneguy du Chastel, der Stadtvogt von Paris.«
    Das überzeugte die Wachen zwar, uns nicht anzugreifen, aber
misstrauische Blicke ernteten wir zuhauf.
    »Was sucht ihr zu dieser Stunde hier?«, donnerte die Stimme eines
Mannes, der wohl der Hauptmann dieser recht mageren Garde war.
    »Wir wollen den Dauphin in Sicherheit bringen. Burgunder ziehen
mordend und plündernd durch die Stadt! Wenn sie den Dauphin in ihre Hände
bekommen, werden sie ihn den verfluchten Bourguignons ausliefern. Das wäre das
Ende unseres Königshauses!«
    Damit hatte er mehr als recht, denn der ältere Bruder des Dauphin
war bereits tot, sein Vater geisteskrank.
    »Angesichts dessen, dass schon vier Burgunder zum Schlosstor
gefunden hatten, solltet Ihr uns besser passieren lassen und euch darum kümmern,
dass solches nicht wieder passiert.« Sayds Stimme klang schärfer, als ich
erwartet hätte, hin und wieder schien er sich wirklich daran zu erinnern, dass
er selbst einst ein Fürst war – der Herrscher über einen stolzen
Wüstenstamm.
    Der Hauptmann verzog säuerlich den Mund, blickte noch einmal
prüfend zu du Chastel, dann nickte er und beorderte seine Männer zur Pforte.
    Der Stadtvogt bahnte uns den Weg durch den Palast, in dem es
erstaunlicherweise doch noch andere Wachen und vor allem Hofleute gab, die damit
beschäftigt waren, eilig ihr Bündel zu schnüren.
    Im Gemach des Prinzen war es angesichts des draußen herrschenden
Trubels recht leise. Sollte der Bursche nicht besser auch packen, was er für die
Reise benötigte?
    Ohne anzuklopfen, stießen wir die Tür auf.
    Das Erste, was ich in dem prachtvoll eingerichteten Zimmer zu
Gesicht bekam, war ein dunkelhaariger, etwa vierzehn oder fünfzehn Lenze
zählender Junge, in rotem Morgenmantel, bleich vor Furcht. Der Mann, der bei ihm
war, zog bei unserem Anblick sofort sein Schwert.
    Nur ein einziger Leibwächter?, durchzuckte es mich. Liegt den
Armagnacs nichts an ihrem Thronfolger?
    »Wir sind Freunde!«, rief Tanneguy mit erhobenen Händen aus.
»Diese Männer wollen mir helfen, den Dauphin zu retten.«
    Der Leibwächter senkte sein Schwert nicht. »Den Dauphin retten?«,
fragte er misstrauisch.
    »Ja, habt Ihr es nicht vernommen? Die Burgunder sind in der Stadt!
Einige von ihnen waren bereits auf dem Schlosshof, und keine Wache weit und
breit!«
    »Diese verräterischen Bastarde«, brummte der Mann, dann nahm er
endlich das Schwert herunter. »Natürlich habe ich davon gehört, aber ich habe
nicht gewusst, dass der Dauphin das Schloss verlassen soll. Wer hat das
angeordnet?«
    »Der gesunde Menschenverstand«, meldete ich mich zu Wort. »Und
sofern Ihr darüber verfügt, helft Ihr uns, unsere Pflicht zu tun.«
    Der Leibwächter sah mich erschrocken an,

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