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Die Nacht zum Dreizehnten

Die Nacht zum Dreizehnten

Titel: Die Nacht zum Dreizehnten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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I
    »Was operiert der Oberarzt?« Assistenzarzt Dr. Rademacher war zu Stationsschwester Angelika getreten, die im Waschraum des Operationssaals stand und durch das Fenster in den hellerleuchteten Raum schaute.
    »Einen privaten Blinddarm!«
    »Ach, deshalb operiert Oberarzt Wagner selbst.« Aribert Rademacher zog einen Schemel herbei und setzte sich. »Ich habe mich schon gewundert, daß er sich herabläßt, sich um ein so simples Organ zu kümmern, wie es der Appendix ist. Wenn er allerdings privat ist …«
    Rademacher grinste. Er griff nach einer Zigarette und wollte sie in den Mund stecken. Aber die gestrenge Schwester Angelika hob die Hand.
    »Sie wissen doch, daß das Rauchen hier nicht erlaubt ist. Wenn Sie Schwester Euphrosine erwischt, gibt es wieder Ärger.«
    Sie stemmte beide Arme in die Hüften und sah Dr. Rademacher kopfschüttelnd an. »Wenn die Katze aus dem Haus ist, tanzen die Mäuse auf den Tischen! Professor Bergmann hat kaum seinen Urlaub angetreten, da reißen hier schon Sitten ein …«
    Dr. Rademacher steckte lächelnd die Zigarette in die Schachtel zurück. »Entschuldigen Sie, ich hatte ganz vergessen, daß ich in der Operationsabteilung bin. Aber wenn man mit Ihnen spricht, vergißt man alles um sich herum.«
    Schwester Angelika schüttelte den Kopf. »Sie wollen mich alte Frau wohl auf den Arm nehmen, was?«
    »Höchstens in den Arm!« Dr. Rademacher trat ans Fenster. »Ich wundere mich nur über eins …«
    »Und das wäre?«
    »Daß Dr. Wagner so zahm ist. Wenn sonst der Chef weg ist, kehrt er doch immer den Vorgesetzten heraus und gibt an«, er überlegte, »wie zehn nackte Neger!« führte er grinsend den Satz zu Ende.
    »Er bleibt ja nicht lange Alleinherrscher. Sie wissen doch, daß der Chef für Vertretung gesorgt hat …«
    »Für Vertretung?« Dr. Rademacher lehnte sich gegen die Wand. »Das weiß ich nicht.«
    »Hat sich das noch nicht bis zu Ihnen herumgesprochen? Irgendein Studienkollege des Professors wird in den nächsten Tagen erwartet. Er wird sogar in der Klinik wohnen. Man hat für ihn ein Zimmer im Ärztehaus hergerichtet.«
    »Du lieber Himmel!« Aribert Rademacher schlug in komischem Entsetzen beide Hände über dem Kopf zusammen. »Dann stehen wir ja alle unter Kuratel! Weiß man schon, was für ein Knabe das sein wird?«
    »Oberarzt Wagner kennt ihn, er hat einmal bei ihm gearbeitet. Fragen Sie ihn nachher. Er schien jedenfalls von der Aussicht, daß dieser Professor zu uns kommt, nicht begeistert zu sein. Deswegen ist er wohl auch so zahm, weil er es jetzt mit keinem von uns verderben will. Wollen Sie in den OP?«
    Rademacher nickte. Er war zu der großen Blechtrommel getreten, die an der Wand stand, drückte, mit dem Fuß auf einen Hebel und öffnete den Deckel. Er nahm einen sterilen grünen Kittel heraus, zog ihn über und setzte sich Mütze und Mundschutz auf. »Nun bin ich doch neugierig, wer den Chef vertreten wird. Ich werde Ihnen nachher berichten. Bis gleich!«
    Er öffnete die Tür, die in den OP führte. Auf Zehenspitzen trat er an den Operationstisch heran, blieb hinter Oberarzt Wagner stehen, der kurz aufschaute, dann aber weiter operierte.
    »Ein privater Blinddarm, wenn ich nicht irre?« Dr. Rademacher blickte über Wagners Schulter auf das Operationsgebiet.
    Der Oberarzt schaute zurück. Es sah aus, als ob er Dr. Rademacher zurechtweisen wollte, aber dann schien er sich im letzten Augenblick eines anderen zu besinnen. »Ein Appendix«, korrigierte er Dr. Rademacher. »Ich habe doch so oft gebeten, daß Sie nicht in den Laienfehler verfallen und den Wurmfortsatz als ›Blinddarm‹ bezeichnen. Er hängt am Blinddarm, ist es aber nicht selbst.«
    Dr. Wagner griff durch die Wunde, die er in die Bauchdecke gesetzt hatte, hinein. Er schloß die Augen und betastete sorgfältig die Bauchhöhle, soweit er sie erreichen konnte.
    »Einige Verwachsungen sind da.« Er arbeitete noch eine Weile in der Tiefe, holte dann zwischen Daumen und Zeigefinger ein Darmpaket heraus und brachte es vor die Bauchdecke.
    »Hier können Sie sich überzeugen, daß nicht der Blinddarm erkrankt ist, sondern nur der Wurmfortsatz!« Wagner deutete auf das fingerförmige Anhängsel, das an dem dickeren Blinddarm hing. Die Spitze dieses Anhängsels war kolbenförmig aufgetrieben und sah giftig gelb aus.
    »Abdecktücher!«
    OP-Schwester Euphrosine reichte ihm zwei Mullkissen. Dr. Wagner legte sie um den Wurmfortsatz herum.
    »Klemmen!«
    Wiederum reichte sie ihm die beiden

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