Das Hotel (German Edition)
aufsah, lächelte er mit einem seltsamen Ausdruck auf sie herab. Für einen kurzen Augenblick schien es geradezu triumphierend, wie er sie, die immer noch zwischen seinen gespreizten Schenkeln kniete, unter halb geschlossenen Augenlidern hervor betrachtete. Dann war der Ausdruck verschwunden, machte einer Art von Bestürzung Platz.
«Tut mir leid, Schatz. Du warst einfach zu gut, ich hab’s nicht mehr zurückhalten können.»
«Das macht doch nichts», gurrte Veronika und erhob sich geschmeidig, während sie ihren nackten Körper verführerisch an seinem rieb. «Du könntest dich ja revanchieren.»
«Würde ich liebend gerne, aber ich muss noch mal ganz kurz weg.» Er hauchte ihr einen Kuss auf die Schläfe und schob sie dann entschieden von sich. «Blöd von mir, aber ich hab was Wichtiges vergessen. Wenn ich wiederkomme, bist du dran. Versprochen!»
Die Enttäuschung ernüchterte sie wie ein kalter Wasserguss. «Nein, lass mich schlafen», sagte sie und hörte selbst, dass ihre Stimme spitz und abweisend klang.
«Na gut, wie du willst. Dann gute Nacht!» Er raffte seine Sachen zusammen und verschwand im Ankleidezimmer, wo sie ihn vergnügt vor sich hin pfeifen hörte. Erbittert verzog sie sich ins Badzimmer und ließ heißes Wasser in die Wanne laufen. Ein heißes Bad und danach der Vibrator müssten wohl wieder einmal als Ersatz genügen.
Dabei wartete die schlimmste Enttäuschung noch auf sie. Natürlich war Erwin in dieser Nacht nicht zurückgekommen. Irgendwie hatte sie das auch nicht erwartet. Was sie dann aber doch überraschte, war die Reaktion seiner neuen Vorzimmerdame am nächsten Tag.
Ihre Kreditkarte war nicht akzeptiert worden, und entsprechend verärgert war sie in die Firma gestürmt. Es war nicht das erste Mal, dass er es versäumt hatte, sie darüber zu informieren, dass er die Bank gewechselt hatte.
«Ist mein Mann da?», fragte Veronika nach kurzer Begrüßung und fand, dass Erwin ruhig eine etwas weniger begriffsstutzige Dame hätte anstellen können als diese, die sie mit offenem Mund und sprachlos vor Erstaunen angaffte. «Kann ich reingehen, oder ist er in einer wichtigen Besprechung?», wiederholte Veronika etwas schärfer.
«A … aber sie sind doch in Südamerika!», stammelte die Frau schließlich und erhob sich halb von ihrem Stuhl, als könne sie nicht glauben, wen sie vor sich stehen sah.
«Unsinn! Wenn ich in Südamerika wäre, stünde ich ja wohl nicht hier. Was ist nun mit meinem Mann?»
«Gibt es irgendwelche Probleme?», fragte eine fremde Männerstimme hinter Veronika. Die fuhr herum. In Erwins offener Bürotür stand ein wildfremder Mann, adrett und unauffällig gekleidet, und hob die Augenbrauen. «Kann ich Ihnen vielleicht irgendwie behilflich sein, gnädige Frau?»
Jetzt war es Veronika, die mit offenem Mund, wie erstarrt, dastand. Träumte sie? Sie schloss den Mund, schluckte heftig und sagte dann schwach: «Ich wollte zu meinem Mann …» Es war wie in einem Albtraum: Sie war im richtigen Gebäude, im richtigen Zimmer – aber alles war falsch.
«Bitte kommen Sie doch herein und setzen Sie sich.» Der Fremde führte sie zu der kleinen Sitzgruppe unter dem Gummibaum und rückte ihr auffordernd einen der Sessel zurecht. Dann drehte er sich um, hantierte an der Anrichte und kam mit einem großzügig gefüllten Cognacschwenker zurück. «Hier! Mir scheint, den können Sie jetzt brauchen …»
Dankbar griff Veronika nach dem Glas und schüttete den Cognac hinunter. Der scharfe Alkohol ließ ihr die Tränen in die Augen treten, aber er brachte sie wieder zu sich. «Entschuldigung», murmelte sie. «Ich muss Ihnen sehr seltsam vorkommen.» Beschämt starrte sie in ihr Glas.
«Ich vermute, Sie sind Frau Lohgerber?», fragte der Mann leise.
Veronika nickte stumm.
«Mein Name ist Meißner. Aber das dürfte Ihnen nichts sagen. Ich habe vor einigen Wochen die Firma hier von Ihrem Mann übernommen. Wussten Sie denn nichts davon?»
Veronika schüttelte immer noch stumm den Kopf und bemühte sich, das schwindelerregende Karussell der Gedanken in ihrem Hirn anzuhalten.
«Soweit ich informiert bin, plante Herr Lohgerber, nach Costa Rica auszuwandern und dort neu anzufangen», sagte Herr Meißner wie beiläufig, während er angestrengt seine makellosen Fingerspitzen betrachtete. «Aber Genaueres weiß ich selbstverständlich nicht. Vielleicht kann Ihnen Ihre Hausbank weiterhelfen?»
Diesmal war Veronika vorgewarnt: Als die beiden jungen Mädchen am Empfangstresen im
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