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Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Titel: Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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Eindringlinge den in den Fels gehauenen Durchgang hinab. Das Ende des leicht abfallenden Ganges verschloss eine bedrohlich wirkende Tür, neben der in einer Mauernische ein Paneel aus Kupfer eingelassen worden war, aus dem Hebel, Knöpfe und Griffe ragten.
    »Ich habe ein Fässchen Sprengkapselsaft unten bei den Kamelen«, sagte einer der Macanalies.
    Amelia wischte die Spinnweben von der Kupferplatte. »Vielleicht sogar genug, um den ganzen Schatz in die Luft zu sprengen, Clansmann? Überlass die Archäologie ruhig mir.«
    Die Professorin berührte die Hebel und zog mit dem Finger die uralten Schriftzeichen nach. Wie der größte Teil des geschichtlichen Vermächtnisses der Schwarzöl-Horde
war auch ihre Sprache gestohlen, geraubt von einem der vielen sesshaften Volksstämme, die diese Barbaren einst überrannt hatten. Die Schrift war ein Rätsel – voller seltsamer Witze und schwarzem Humor.
    »Die falsche Wahl …«, raunte Mombiko hinter ihr.
    »Ich weiß, ich weiß«, erwiderte Amelia abwesend und betrachtete die Bilddarstellungen an den Wänden, hinter denen die Erbauer des Grabes ihre verdichteten Ölsprengladungen vergraben hatten. Ohne Zweifel hatte der Zahn der Zeit ihre Kraft doch längst zerstört? »Nun lass uns einmal sehen. Ihren Legenden zufolge erhebt sich die Sonne, wenn die Benzingötter schlafen, aber Schlafen ist hier ein Wortspiel, und von daher …« Sie griff nach zwei Hebeln und schob den einen hoch, während sie den anderen erst in eine seitlich verlaufende Rille und dann nach unten drückte. Anschließend drehte sie einen der Knöpfe im Uhrzeigersinn, bis er auf das Sonnensymbol deutete.
    Uralte Gegengewichte bewegten sich, und die Tür verschwand unter lautem Klack-klack-klack in einem Schlitz in der Decke des Ganges. Mombiko atmete geräuschvoll aus.
    Der älteste der Schmugglerbrüder nickte anerkennend. »Kluges Mädchen. Ich wusste doch, es gab einen Grund, weshalb wir dich mitgenommen haben.«
    Die Professorin warf ihre dunkle Haarmähne zurück. »Ich bezahle dich für deinen armseligen Humor nicht etwa extra, Macanalie. Schauen wir mal, was wir hier unten finden.«

    Sie traten in die Grabkammer. Aufgrund ihrer rauen, unebenen Wände hätte man sie fast für eine Höhle natürlichen Ursprungs halten können, wären die Statuen nicht gewesen, die das Deckengewölbe stützten – kurze Totempfähle aus Granit, die mit grinsenden Koboldgesichtern versehen worden waren. Mombikos Gasdorn erzeugte kaum genug Licht, um die achträdrige Kutsche zu erhellen, die in der Mitte der Kammer auf einem Sockel stand, die gepanzerten Seiten und die Auspuffrohre mit Spiralen aus goldenen Tröpfchen verziert. Der Schmuggler, der dem Gefährt am nächsten stand, stieß ein Keuchen aus und eilte zu der Maschine, die so groß war wie ein Boot; dann ließ er seine Hand über die Lanzenspitzen gleiten, die aus dem Bug des Fahrzeugs ragten. Sie waren mit Silber belegt, aber Amelia wusste, dass hinter jedem tödlichen Lanzenkopf verstärkter Stahl lauerte.
    »Nach all diesen Jahren wird es nun wahr«, hauchte Amelia, als könnte sie es selbst nicht glauben. »Ein Kriegsherr der Schwarzöl-Horde, vielleicht sogar der große Diesela-Khan höchstselbst.«
    »Das ist eine pferdelose Kutsche?«, fragte einer der Macanalies. »Ich sehe aber gar keinen Zahnradantrieb. Wo sind die Zahnräder?«
    Er wurde von seinem aufgeregten älteren Bruder aus dem Weg gestoßen. »Wen kümmert das? Hier liegt ein kleines Vermögen, Mann! Guck dir doch bloß mal die Edelsteine auf dem Ding an – die Haube hier, ist die etwa aus reinem Gold gehämmert worden?«

    »Öl«, sagte Amelia, die ein wenig abgelenkt war. »Sie verbrannten Öl in ihren Motoren. Hochspannungsräderwerke gab es noch nicht.«
    »Schlitzhai-Öl?«, fragte der Schmuggler. Es gab doch wahrscheinlich in den Tiefen der Ozeane nicht genug von diesen mächtigen Meerestieren, als dass sie eine ausreichende Menge Tran für ein derart wunderschönes, tödliches Fahrzeug hergegeben hätten?
    »Wisst ihr denn gar nichts?«, ließ sich Mombiko, der den Gasdorn über dem riesigen Motor am Heck des Wagens schwenkte, höhnisch vernehmen. »Schwarzes Wasser aus dem Boden. Dieses schöne Geschöpf hier trank es wie ein Pferd.«
    Amelia nickte. Es war eine der vielen Vorrichtungen, die seit vielen Jahrtausenden nicht mehr funktionierten  – überholt von der Macht des Weltengesangs und dem Wandel des Universums. Mombiko deutete auf einen silbernen Sarkophag in der Mitte

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