Der Eden Effekt
1. KAPITEL
SIMON GUNTER HIELT sich für einen einfachen Menschen. Er mochte einfache Dinge. Nur seine Aufträge waren es selten. Dieser Auftrag war bis jetzt einfach gewesen. Er hatte mit dem Professor telefoniert und ihm sein Angebot unterbreitet. Zu seiner großen Freude hatte der sich nicht nur interessiert gezeigt, sondern den Köder begeistert geschluckt.
Er ist kein komplizierter Mensch. Dieser Gedanke ließ Gunter lächeln, als er den Mantelkragen hochschlug und nach hinten in den dunklen Fahrersitz seines Mietwagens rutschte. Seine Aufmerksamkeit war auf das Wohnhaus auf der anderen Straßenseite gerichtet. Helle Lichter erleuchteten den Parkplatz, von dem erst vor wenigen Minuten die Gäste der Studentin weggefahren waren.
Zuvor hatte Gunter die Wagentür geöffnet und war durch die kalte Nacht gelaufen. Als er im Schatten des Wohnhauses gestanden hatte, konnte er den Lärm der Party hören: Musik, Lachen, klirrende Gläser.
Als bereits der frühe Morgen anbrach, machten die Gäste sich einzeln oder paarweise auf den Heimweg. Sie waren alle jung und leicht betrunken. Von Studenten hatte er auch nichts anderes erwartet.
Doch der schnittige BMW des Professors stand auch noch dort, nachdem die Lichter ausgegangen waren. Mittlerweile war der Wagen von einer dünnen Eisschicht bedeckt.
Es ist April. Wann wird es endlich warm in Wyoming?
Gunter schlang den Mantel eng um seinen Körper. Ab und zu schaltete er Motor und Lüftung ein, um die beschlagenen Scheiben vom Eis zu befreien.
Der Professor verbringt die Nacht also mit der Rothaarigen. Gunter hatte schon in Erfahrung gebracht, dass die Ehefrau und die beiden Jungen nicht zu Hause waren. Die Untreue des Professors war alles andere als ein Problem. Solche Indiskretionen lieferten dem großen Boss nur ein zusätzliches Druckmittel, falls es notwendig werden sollte, den Anthropologen zu motivieren.
Du Narr. Amüsiere dich nur heute Nacht. Er konnte es dem Professor nicht verdenken. Die Rothaarige – die Studentin des Professors – war eine bemerkenswert hübsche junge Frau Ende zwanzig. Um sich ein wenig zu vergnügen, stellte Gunter sich vor, wie er die Rothaarige langsam auszog, mit den Händen über ihre zarte weiße Haut strich und die rosafarbenen Brustwarzen reizte. Er wollte ihr gerade den Slip über die Beine streifen und das gelockte rote Schamdreieck entblößen, als Scheinwerfer die Straße erleuchteten.
Gunter rutschte auf dem Sitz noch tiefer nach unten und schaute in den Rückspiegel. Ein dunkler Chevrolet fuhr langsam die Straße hinunter. Als der Wagen den Parkplatz des Wohnhauses passierte, fuhr er nur noch im Schneckentempo. Durch das Seitenfenster sah Gunter einen Mann, der den Hals reckte und die Autos intensiv betrachtete. Dann fuhr der Chevrolet weiter und hielt einen halben Block entfernt am Bordstein.
Kurz darauf wurde die Fahrertür geöffnet, und im Licht der Innenbeleuchtung erkannte Gunter einen Mann in einem dunklen Mantel mit einer schwarzen Mütze auf dem Kopf. Der Mann schloss die Tür und verschwand in der Dunkelheit.
Gunter atmete tief ein, beugte sich nach unten und griff nach einem schwarzen Kunststoffkasten, der vor dem Beifahrersitz auf dem Boden stand. Er öffnete ihn und nahm ein großes, dunkles Betäubungsgewehr heraus, das in einer Schaumstoffeinlage lag.
Als die Silhouette des Eindringlings am Rande des Parkplatzes auftauchte, öffnete Gunter den Verschluss des Gewehrs und legte den Betäubungspfeil in den Lauf.
Der Eindringling war zu dem BMW des Professors gegangen und überprüfte das Kennzeichen. Anschließend wanderte sein Blick über das Wohnhaus.
Gunter erlaubte sich ein flüchtiges Lächeln, öffnete behutsam die Tür und trat in die Dunkelheit. Im Gegensatz zu dem Eindringling hatte er die Innenbeleuchtung ausgeschaltet.
Mit dem Betäubungsgewehr im Anschlag schlich er sich leise an sein Opfer heran.
Es interessierte sich noch jemand für den Professor. Gunter würde herausfinden, wer es war. Auch war es mit der Beseitigung allein nicht getan. Eine Erklärung musste abgegeben und eine Botschaft verbreitet werden, um andere Parteien abzuschrecken.
Jetzt war nichts mehr einfach.
Der Ofen sprang an, und die Lüftung begann zu surren. Anika French drehte sich auf der Couch stöhnend auf die Seite und fragte sich, warum sie so einen entsetzlichen Geschmack im Mund hatte. Sie hätte gerne weitergeschlafen und sich noch ein wenig ihren verrückten Träumen hingegeben, doch ihre volle Blase
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