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Das Königshaus der Monster

Titel: Das Königshaus der Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Barnes
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außerordentliche Schönheit – ungeachtet all dessen, was man ihr angetan hatte: Ihr Kopf war größtenteils kahl geschoren, nur vereinzelte Haarbüschel befanden sich noch auf der Kopfhaut, die übersät war von Narben und halb verheilten Schnittwunden. Sie schien nur dumpf wahrzunehmen, was rings um sie vor sich ging, und als der Mann sie aus dem Wagen zerrte, hielt sie sich an seiner Hand fest wie ein Kind, das sich am ersten Schultag an den Vater klammert. Der Mann stützte sie, als sie auf die Haustür zustolperte, dabei immer wieder gegen ihn sackte und ihm zu entgleiten drohte – was alles in allem das Bild eines Ladenjungen abgab, der einen (leicht obszönen) Ringkampf mit einer Schaufensterpuppe absolvierte.
    Als sie die Haustür erreichten, griff die ältere Frau in ihre Handtasche und holte erst einen Schlüssel und dann zwei Taschenlampen heraus. Sobald die Taschenlampen eingeschaltet waren und die Tür offen stand, bugsierte der Mann das Mädchen über die Schwelle, während er ihr Liebesbeteuerungen ins Ohr flüsterte – honigsüße Sentimentalitäten mit dem einzigen Zweck, das Geschöpf an seiner Seite in Bewegung zu halten: Lügen im Zuckerguss, um vorwärtszukommen.
    Innen war das Haus nackt und leer. Der Mann zerrte das Mädchen über die Diele zu einem Raum, der wohl einst ein Esszimmer gewesen war, wobei ihnen der unruhig hüpfende Schein der Taschenlampen den Weg wies. Seine Begleiterin musterte währenddessen mit Argusaugen die Straße, versperrte und verriegelte die Tür und überzeugte sich sodann mit der paranoiden Gewissenhaftigkeit einer Person mit langjähriger Fachkenntnis, dass das Haus garantiert frei war von Abhörvorrichtungen, Überwachungsanlagen und Wanzen jeglicher Machart.
    Im Esszimmer befanden sich ein alter weißer Holzstuhl, einige Kerzen und ein nagelneues Fernsehgerät. Die Bretter des Fußbodens schienen beschmiert mit seltsamen Zeichen und Symbolen in einem Rot, von dem ich nur hoffen kann, dass es von handelsüblicher Farbe stammte. Eine merkwürdige Atmosphäre der Kraft herrschte in dem Raum, ein Knistern von Energie, deren Vorhandensein auf die gleiche unbestimmte Art wahrzunehmen war wie der Herzschlag einer Maschine im weinerlichen Summen eines Generators.
    Der Mann ließ das Mädchen auf den Stuhl sinken. Sie greinte jetzt ein wenig, wimmerte leise wie ein Baby im Bann eines schlechten Traums. Der Mann tätschelte ihren Kopf, ehe er einen Strick hervorholte und sie an den Stuhl band; so stramm zurrte er ihre Hand- und Fußgelenke fest, dass das Blut austrat, worauf sie anfing zu stöhnen und zu schluchzen, aber der Mann gurrte leise Worte, strich ihr über die Lippen und ließ den Finger ihren Nasenrücken entlanggleiten – eine sehr intime Geste der Beruhigung unter Liebenden –, bis sie wieder verstummte.
    Und dann hatten sie eine Minute des Alleinseins. Er hätte sie um Vergebung bitten können, er hätte Tränen der Scham und Reue vergießen können, er hätte wenigstens so etwas wie Wiedergutmachung geloben können. Er tat nichts dergleichen. Mit einem stummen Vorwurf im Blick starrte sie hoch zu ihm, und er konnte sich nicht dazu überwinden, diesen Blick zu erwidern. Mit gesenktem Kopf wanderte er ans andere Ende des Zimmers und entzündete dort mit der Ehrerbietung und Hingabe eines Priesters die Kerzen. Ein paar Minuten später betrat seine Begleiterin den Raum, schloss die Tür hinter sich und schlug mit kaum vernehmbarem Beben in der Stimme vor, nun zu beginnen.
    Der Gedanke an das, was sie danach taten, verursacht mir immer noch Übelkeit, ganz gleich, wie oft und wie wortreich man mich auch der unumgänglichen Notwendigkeit des Vorgangs versichert.
    Der gut aussehende Mann stand vor dem Stuhl, griff nach einem ledernen Beutel, der von seinem Gürtel hing, und zog ein Messer daraus hervor. Die Klinge glänzte im Licht der Kerzen.
    Möglicherweise folgte dann irgendeine Art von Ritual. Wer kann das schon sagen? Von entsprechenden Regeln oder Bestimmungen ist mir nichts bekannt. Aber ich habe das sichere Gefühl, dass die ältere Frau wohl ein paar Worte gesprochen haben wird, dass sie in ihrer klaren, überdeutlichen Lehrerinnendiktion eine Einladung zum Gang in die Finsternis zum Ausdruck gebracht haben wird.
    Als sie geendet hatte, trat der Mann noch näher an das Mädchen heran, hob in einer einzigen raschen Bewegung das Messer in die Luft und ließ es ebenso rasch wieder herabsausen. Unmittelbar bevor die Klinge in ihr Fleisch schnitt, sagte

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