Das Kriegsbuch
der König stolz vorbeischritt, seine Frauen und engsten Vertrauten – allen voran Renal von Chatlan – im Gefolge. Sie schwankten vorüber, von einem Mantel des Optimismus umgeben, der uns doch nicht von der Überzeugung abbrachte, daß unser Ende nahe war.
Die Flotte stieg anmutig auf und ließ den Berggipfel mit der goldenen Statue der Mutter auf Ihrem Tempel leer zurück. Keine Explosion vernichtete dieses Gebäude. Ob wir nun siegten oder untergingen – der Tempel der Erde war zu heilig, als daß wir mit dem Makel des Sakrilegs, ihn zerstört zu haben, in den Kampf gehen konnten. Wir warfen einen letzten Blick auf Ihren erhobenen Arm, der in der Sonne blinkte. Dann schlossen wir unsere Augen vor dem Anblick der Erde und wandten uns nach vorn.
Die Computer summten und plapperten lebhaft, denn unser Kurs erforderte überaus präzise Berechnungen. Wir steuerten einen elliptischen Kurs unmittelbar innerhalb der Erdkreisbahn an – einen Kurs, der uns an die Außenbezirke der Sonne und dann tief in den Raum hinausführen würde, von wo wir zurückkehren wollten, um der throngischen Blockademacht in den Rücken zu fallen. Bei der Berechnung dieses Kurses konnten wir uns keinen Fehler erlauben, denn das Passieren der Sonne war eine kritische Sache. Wenn wir uns zu weit draußen hielten, ging uns das dringend benötigte Überraschungsmoment verloren; kamen wir dem Feuerball aber zu nahe, konnten wir aus seiner Schwerkraft nicht mehr freikommen. Unser Leben und der Erfolg des ganzen Unternehmens hing von der absoluten Genauigkeit der Schiffscomputer ab.
Zuerst ging alles gut. Die Throngi rechneten mit zwei Möglichkeiten: Entweder traten wir nach dem Start zum Angriff an, für welchen Fall uns die Hälfte der throngischen Flotte in einer Kreisbahn jenseits Lu na erwartete. Oder wir versuchten uns nach Proxima Centauri durchzuschlagen, was bedeuten würde, daß wir auf den interstellaren Antrieb umschalten mußten, so bald wir im offenen Raum waren. Die andere Hälfte der throngischen Flotte lag also schon jenseits der Plutobahn in Bereitschaft und paßte sich unserer potentiellen Überlichtgeschwindigkeit an, um uns abzufangen. Als wir aber nun auf derart unerwartete Weise reagierten, waren die Throngi völlig durcheinander. Die wenigen Patrouillenschiffe, die sich uns in den Weg stellten, wurden mühelos zusammengeschossen, und so waren wir schnell von der Erde fort und ließen eine gespaltene und verwirrte feindliche Streitmacht zurück.
Die nun folgenden Stunden waren so langweilig, wie es eben nur während eines Raumfluges sein kann. In Fünfminutenintervallen meldete das Pilotenschiff der Flotte die Zeit, die Kursdistanz, die etwa erforderlichen Kurskorrekturen und schloß stets mit den gleichen Schlußworten: »Keine Verfolgung.« Nur die Astrogator-Techniker hatten ausreichend zu tun; wir übrigen waren arbeitslos.
Wir erreichten die Venuskreisbahn, dann die Bahn Merkurs. Schließlich begann es heiß zu werden.
Nach unserem jahrelangen Aufenthalt in den Kuppelstädten hatten wir wohl eine gewisse Immunität gegenüber großer Hitze entwickelt und bemerkten das erhebliche Ansteigen des Thermometers nicht sofort. Bodwin, der die letzten Jahre in der vergleichsweise kühlen Atmosphäre Everests verbracht hatte, spürte als erster die Hitze und machte eine entsprechende Bemerkung. Schließlich machte sich die Wärme auch bei den Abgehärtetsten bemerkbar. Es begann mit dem unangenehmen Gefühl, wenn man etwas Metallenes berührte. Aber je mehr wir in den Einfluß der Sonne gerieten, desto stärker war auch die Atemluft davon betroffen – Luft, die sich schwerfällig zu bewegen und wie eine Decke auf die Haut zu legen schien. Unser Atemholen wurde zu einem feuerheißen Bellen, und die Kurzatmigkeit beeinträchtigte unsere Bewegungen und ließ rote Schleier vor den Augen erscheinen.
Bodwins Stimme schien in dem Nebel mehr zu schwimmen, als ihn zu durchschneiden. »Wir werden uns wohl besser fühlen, wenn wir uns ausziehen.« Also befreiten wir uns von den klebenden Uniformen und behielten schließlich nur die Stiefel an; der erste Mann, der mit bloßem Fuß auf den Metallfußboden getreten war, hatte vor Schmerz aufgeschrien. Es war, als hätte jemand das Rad zurückgedreht zu der Zeit in den Kuppeln, als jetzt der Schweiß in glitzernden Strömen an unseren nackten Körpern herablief und bei der Berührung mit dem heißen Fußboden verdunstete, so daß sich jeder von uns in einem wadenhohen Dampfnebel
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