Das Lächeln der Sterne
hier lebenden Bevölkerung gewährleisteten.
Adrienne dachte immer noch darüber nach, als sie hörte, wie er sich vor der Tür den Sand von den Füßen klopfte.
Einen Moment später öffnete sich quietschend die hintere Tür, und Paul kam in die Küche. Während er sich die Jacke abstreifte, fiel ihr auf, dass seine Nasenspitze rot geworden war.
»Ich glaube, der Sturm kommt näher«, sagte er. »Seit heute Morgen ist es bestimmt schon ein paar Grad kälter geworden.« Adrienne stellte einen Karton mit Croutons in den Schrank und blickte über die Schulter zu ihm hinüber.
»Ich weiß. Ich habe die Heizung höher gestellt. Dieses Haus ist nicht sehr wetterfest gebaut, und der Wind zieht überall durch die Ritzen. Es tut mir Leid, dass Sie kein besseres Wetter erwischt haben.«
Paul rieb sich die Arme. »Nicht so wichtig. Ist noch Kaffee da? Ich könnte jetzt eine Tasse gebrauchen, zum Aufwärmen.«
»Der schmeckt jetzt wohl nicht mehr. Ich koche frischen. Das geht schnell.«
»Wenn es Ihnen nichts ausmacht?«
»Nein, überhaupt nicht. Ich glaube, ich könnte selbst einen gebrauchen.«
»Vielen Dank. Ich bringe schnell meine Jacke nach oben und mache mich ein wenig frisch, dann komme ich wieder nach unten.«
Er lächelte ihr zu, als er aus der Küche ging. Adrienne atmete langsam aus, und erst da wurde ihr bewusst, dass sie die ganze Zeit über den Atem angehalten hatte. Während er oben war, mahlte sie eine Hand voll Kaffeebohnen, wechselte den Filter und setzte frischen Kaffee auf. Sie nahm die silberne Kanne und spülte sie aus. Während der ganzen Zeit konnte sie Paul in dem Zimmer über der Küche hören.
Sie hatte zwar gewusst, dass er an dem Wochenende der einzige Gast sein würde, aber sie hatte nicht darüber nachgedacht, wie seltsam es ihr vorkommen würde, nur mit ihm allein im Haus zu sein. Oder überhaupt allein zu sein. Sicher, die Kinder hatten ihr eigenes Leben, und hin und wieder war sie allein zu Hause, aber nie lange. Die Kinder kamen schließlich immer wieder nach Hause. Außerdem war das ihre Familie. Es war also nicht vergleichbar mit der Situation, in der sie sich jetzt befand, und Adrienne konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass sie in das Leben eines anderen Menschen geschlüpft war, in dem sie die Regeln nicht genau kannte.
Sie goss sich selbst eine Tasse Kaffee ein und den Rest in die Silberkanne. Sie stellte die Kanne im Wohnzimmer in dem Moment auf das Tablett, als sie Paul die Treppe herunterkommen hörte.
»Gerade rechtzeitig!«, sagte sie. »Der Kaffee ist fertig. Soll ich Feuer machen?«
Paul trat ins Zimmer und nahm sich eine Tasse. Dabei roch sie sein Cologne.
»Nein, das ist nicht nötig. Ich finde, es ist warm genug. Später vielleicht.«
Adrienne nickte und ging einen Schritt zurück. »Wenn Sie etwas brauchen, ich bin in der Küche.«
»Ich dachte, Sie würden auch eine Tasse Kaffee trinken.«
»Ich habe mir schon eingegossen. Meine Tasse steht in der Küche.«
Er sah auf. »Setzen Sie sich nicht zu mir?«
Seine Frage klang so erwartungsvoll, als wollte er tatsächlich, dass sie blieb.
Sie zögerte. Jean fiel es leicht, mit Fremden ins Gespräch zu kommen, aber sie konnte das nicht so gut. Gleichzeitig fühlte sie sich von seinem Angebot geschmeichelt, obwohl sie nicht genau wusste, warum.
»Warum eigentlich nicht?«, sagte sie schließlich. »Ich hole meine Tasse.«
Als sie wieder ins Zimmer kam, saß Paul in einem der Schaukelstühle beim Kamin. Mit den Schwarz-Weiß-Fotografien an der Wand, die das Leben auf den Outer Banks in den Zwanzigerjahren darstellten, und dem langen Bücherbord war das Wohnzimmer immer ihr Lieblingszimmer in diesem Haus gewesen. An der Schmalseite boten zwei Fenster einen Blick aufs Meer. Neben dem Kamin waren Holzscheite aufgeschichtet, und ein Kasten mit Anmachholz stand auch daneben, als stünde ein gemütlicher Abend im Kreise der Familie bevor.
Paul setzte seine Tasse auf den Knien ab, schaukelte sanft hin und her und genoss den Blick. Der Wind wirbelte den Sand durch die Luft, und der Nebel, der vom Wasser hereinzog, tauchte die Welt in ein Dämmerlicht. Adrienne setzte sich in den Sessel neben seinem. Sie blickte schweigend nach draußen und versuchte, ihre Nervosität zu beherrschen.
Paul wandte sich zu ihr um. »Meinen Sie, der Sturm wird uns morgen wegwehen?«, fragte er.
Adrienne fuhr sich mit der Hand durch die Haare.
»Das glaube ich nicht. Dieses Haus steht seit sechzig Jahren und ist bisher noch nicht
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