Das Lächeln der Sterne
wollen - normalerweise kann man nur Ortsgespräche führen. Für Ferngespräche müssen Sie eine Telefonkreditkarte benutzen oder ein R-Gespräch anmelden, und das geht über die Vermittlung.«
»Ist gut.«
Sie verharrte einen Moment in der Tür. »Möchten Sie sonst noch etwas wissen?«
»Ich glaube nicht. Außer natürlich dem Naheliegenden.«
»Was ist das?«
»Sie haben mir Ihren Namen nicht genannt.«
Sie legte den Schlüssel auf die Kommode und lächelte. »Ich bin Adrienne. Adrienne Willis.«
Paul kam auf sie zu und gab ihr zu ihrer Überraschung die Hand.
»Es freut mich, Sie kennen zu lernen, Adrienne.
SECHS
Paul war nach Rodanthe gekommen, weil Robert Torrelson ihn darum gebeten hatte. Und während er seine Sachen auspackte und in die Schubladen legte, fragte er sich, was Robert ihm sagen wollte oder ob er erwartete, dass hauptsächlich Paul sprechen würde.
Jill Torrelson hatte ihn wegen eines gutartigen Gesichtstumors konsultiert. Es war keine lebensbedrohliche Geschwulst, aber sie war, milde ausgedrückt, unansehnlich. Der Tumor erstreckte sich auf der rechten Gesichtshälfte von der Nasenwurzel über die Wange und bildete eine knollenartige, purpurfarbene Masse. Dort, wo sich im Laufe der Jahre eitrige Stellen gebildet hatten, war sie teilweise vernarbt. Paul hatte Dutzende von Patienten mit Gesichtstumoren operiert, und von vielen hatte er anschließend Briefe erhalten, in denen sie sich für seine Hilfe bedankten.
Tausende von Malen hatte er darüber nachgegrübelt, aber er wusste immer noch nicht, warum Jill gestorben war. Auch die Wissenschaft konnte keine Antwort liefern. Die Obduktion der Patientin hatte keinen Aufschluss gegeben, die Todesursache wurde nicht festgestellt. Zunächst nahm man an, dass eine Embolie zum Tod der Patientin geführt hatte, doch gab es darauf keinen medizinischen Hinweis. Dann ging man der Frage nach, ob die Patientin eine allergische Reaktion auf das Narkosemittel und die nach dem Eingriff verabreichten Medikamente gehabt hatte, aber auch das wurde letztlich ausgeschlossen. Desgleichen konnte auch Paul keine mangelnde Sorgfalt nachgewiesen werden: Die Operation war problemlos verlaufen, und die gründliche Untersuchung des Gerichtsmediziners hatte weder Abweichungen von der normalen Vorgehensweise ergeben noch irgendwelche Erklärungen für den Tod der Patientin geliefert.
Die Videoaufnahme bestätigte das Ergebnis. Weil es sich um einen typischen Fall von einem Gesichtstumor handelte, war zu Lehrzwecken eine Videoaufzeichnung von der Operation gemacht worden. Die Leiter der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses sowie eine Delegation von drei Chirurgen aus einem anderen Bundesstaat sahen sich diese Aufzeichnungen an. Auch dabei wurde nichts Auffälliges entdeckt.
In der Patientenakte waren einige medizinische Befunde vermerkt. Jill Torrelson war übergewichtig und litt unter Arterienverdickung, was wahrscheinlich irgendwann eine Bypass-Operation erforderlich gemacht hätte. Sie hatte Diabetes und, als langjährige Raucherin, ein beginnendes Emphysem, doch auch diese Befunde waren zum Zeitpunkt der Operation nicht als lebensbedrohlich angesehen worden und konnten ihren Tod nicht hinreichend erklären.
Es schien, als habe der liebe Gott Jill Torrelson ohne einen besonderen Grund zu sich gerufen.
Wie andere Menschen in seiner Situation es auch tun, hatte Robert Torrelson auf einen Kunstfehler geklagt und Schadenersatz gefordert. Paul, das Krankenhaus und der Narkosearzt wurden als die Beklagten genannt. Paul war wie die meisten Chirurgen durch eine Berufshaftpflichtversicherung geschützt. Gemäß der üblichen Gepflogenheiten bekam er die Anweisung, nicht ohne seinen Anwalt mit Robert Torrelson zu sprechen, und auch dann nur bei seiner eigenen Vernehmung, bei der Robert Torrelson anwesend sein würde.
Der Fall war seit einem Jahr anhängig. Robert Torrelsons Anwalt hatte den Obduktionsbericht erhalten und einem weiteren unabhängigen Chirurgen die Videoaufnahme zur Begutachtung vorgeführt. Gleichzeitig machten die Anwälte der Versicherungsgesellschaft und des Krankenhauses etliche Eingaben mit dem Ziel, den Prozess in die Länge zu ziehen und die Kosten in die Höhe zu treiben, woraufhin Torrelsons Anwalt seinem Klienten vorführte, in welch aussichtslose Lage er geraten war. Obwohl die Anwälte der Versicherungsgesellschaft es nicht deutlich aussprachen, erwarteten sie doch, dass Robert Torrelson irgendwann aufgeben würde.
Das Verfahren ähnelte
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