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Das Land der Pelze

Das Land der Pelze

Titel: Das Land der Pelze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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fortführen, wenn man für etwas Segelfläche sorgte. Hatte jenes auch nur noch wenige Stunden zu schwimmen, so konnte in dieser Zeit doch vielleicht ein Land in Sicht kommen oder wenigstens ein Küstenfahrer oder ein Fischerboot angetroffen werden, welche der offenen See ja stets fern bleiben.
    Eine anfangs ganz dunkle Idee gewann in Lieutenant Hobson’s Geiste bald ganz bestimmte Gestalt. Warum sollte man auf der Scholle nicht ebenso, wie auf einem Flosse, ein Segel ausspannen? Die Ausführung konnte nicht schwierig sein.
    Jasper Hobson theilte dem Zimmermann seinen Gedanken mit.
    »Sie haben Recht, antwortete Mac Nap. Alle Segel auf!«
    So wenig Aussicht auf Erfolg dieser Versuch auch haben mochte, so belebte er doch einigermaßen die gesunkenen Lebensgeister. Konnte das wohl anders sein? Mußten die Unglücklichen sich nicht an Alles anklammern, was einer Hoffnung ähnlich sah? Alle gingen an’s Werk; selbst Kellet, der Mrs. Paulina Barnett noch nicht an ihr Versprechen erinnert hatte.
    Ein Giebelbalken der vormaligen Soldatenwohnung wurde roh zugerichtet und in der Erd-und Sandmenge, die den kleinen Hügel bildete, befestigt. Mehrere Seile hielten ihn nach Art der Strickleitern. Eine aus einer starken Stange bestehende Raa empfing an Stelle des Segels eine Ausrüstung durch die Tücher und Decken der Lagerstätten und wurde alsdann aufgehißt. Das sehr urwüchsige Segel schwoll, als es passend gerichtet war, unter dem günstigen Winde an, und der Strudel hinter der Scholle bewies bald, daß sich dieselbe schneller in der Richtung nach Südosten bewegte.
    Das war doch ein Erfolg, der die niedergeschlagenen Geister ermunterte. Es ging doch vorwärts, und Alles jubelte über die, wenn auch nur sehr mäßige Bewegung. Der Zimmermann war von diesem Resultate vorzüglich befriedigt. Als ständen sie auf Bordswache, so starrten Aller Augen nach dem Horizonte, und hätte man ihnen jetzt gesagt, daß sich kein rettendes Land zeigen würde, sie hätten es nicht einmal geglaubt.
    Und doch sollten sie lange vergeblich harren.
    Drei Stunden lang segelte die Scholle schon über das ziemlich ruhige Meer dahin. Sie leistete weder dem Winde noch dem Seegange Widerstand, und die Wellen trugen sie vielmehr, statt ihr hinderlich zu sein. Doch immer noch dehnte sich der ununterbrochene Horizont in vollem Kreise aus, und immer hofften und harrten die Armen!
    Gegen drei Uhr Nachmittags nahm Lieutenant Hobson den Sergeant Long bei Seite und sprach zu ihm:
    »Wir kommen zwar vorwärts, aber nur auf Kosten der Festigkeit und der Ausdauer unseres Eilandes.
    – Wie meinen Sie das, Herr Lieutenant?
    – Ich will damit sagen, daß die Scholle sich durch die Reibung des Wassers schneller abnutzt und leichter brechen wird. Seit wir unter Segel sind, hat sie schon um einen guten Theil abgenommen.
    – Das glauben Sie.
    – Das weiß ich bestimmt, Long. Die Scholle wird schmäler und im Verhältniß länger, auch reicht das Meer bis auf zehn Fuß vor unseren Hügel.«
    Lieutenant Hobson hatte wahr gesprochen; mit der schnell dahin geführten Scholle mußte es sich so verhalten, wie er muthmaßte.
    »Sergeant, fragte da Jasper Hobson, sind Sie der Meinung, daß wir den Lauf der Insel unterbrechen?
    – Ich sollte meinen, erwiderte Sergeant Long, wir müßten darüber die Ansicht Aller hören; die Verantwortlichkeit für diesen Beschluß müssen Alle gleichmäßig tragen.«
    Der Lieutenant stimmte zu. Beide nahmen ihren Platz auf der kleinen Erhöhung wieder ein, und Jasper Hobson sprach sich über die gegenwärtige Lage aus.
    »Diese Schnelligkeit, sagte er, verzehrt die Scholle, die uns trägt, und könnte die unvermeidliche Katastrophe wohl um einige Stunden beschleunigen. Sprecht Eure Meinung aus, meine Freunde. Wollt Ihr, daß wir weiter segeln?«
    Wie aus einem Munde riefen es alle die Unglücklichen.
    Man fuhr also unbeirrt weiter, und dieser Beschluß sollte zu ganz unberechneten Folgen führen. Um sechs Uhr Abends erhob sich Madge und rief, indem sie nach einem entfernten Punkt am Horizont zeigte:
    »Land! Land!«
    Wie elektrisirt sprangen Alle auf. Wirklich erhob sich ein Land, im Südosten, zwölf Meilen von der Scholle.
    »Segel, Segel herbei!« rief Jasper Hobson.
    Alle verstanden ihn. Die Segelfläche wurde vergrößert; man brachte zwischen den Seilen mittels Kleidungsstücken, Pelzfellen und Allem, in dem sich der Wind fangen konnte, eine Art Beisegel an.
    Die Schnelligkeit der Fahrt nahm zu, zumal die Brise auffrischte. Von

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