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Das Leben ist eine Oeko-Baustelle

Das Leben ist eine Oeko-Baustelle

Titel: Das Leben ist eine Oeko-Baustelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Paul
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und der US-amerikanischen Wetterbehörde NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) liegt es 0,65 Grad Celsius über dem Mittelwert der Jahrestemperaturen seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen. Das bisherige Rekordjahr war 2005, also auch eines aus dem 21. Jahrhundert. Dessen erstes Jahrzehnt (2001 bis 2010) ist das wärmste seit Beginn aller Messungen, und elf der letzten zwölf Jahre im Untersuchungszeitraum1995 bis 2006 gehören zu den zwölf wärmsten Jahren seit 1850.
    Um kurzfristige Ausschläge auszuschließen, misst das IPCC die Veränderungen grundsätzlich in Zeiträumen von 25 Jahren. Diese Messungen ergeben, dass die Erwärmung kontinuierlich steigt, und zwar so, wie vom IPCC prognostiziert. Nun gibt es immer wieder Leute, die sagen: Ist doch schön, wenn es ein bisschen wärmer wird! Müssen wir weniger heizen, können öfter schwimmen gehen, und der Wein wird auch besser.
    Globale Erwärmung bedeutet nicht, dass es überall und jederzeit immer wärmer wird, sondern dass die Wetterlagen immer extremer werden. Denn mit zunehmender Erwärmung geht die Balance verloren. Im Jahresmittel nur fünf Grad ist der Unterschied zwischen Eiszeit und Warmzeit, den beiden Extremen der letzten zwei Millionen Jahre. Damals dauerte die Entwicklung 5 000 Jahre, diesmal könnte es in nur 100 Jahren zu »schaffen« sein.
    Die Gefahr besteht auch darin, dass ganz unterschiedliche Systeme zusammenbrechen. Im Meer hat dieser Zusammenbruch mit den schmelzenden Eisschilden und den Artenverlusten bereits begonnen. Im Zuge der Ökosystemveränderung ist aber auch das gesellschaftliche System vom Zusammenbruch bedroht. Eine kleine Ahnung davon brachte der Winter 2011 in Berlin, als das öffentliche Verkehrssystem teilweise zusammenbrach, bloß weil es etwas kälter war. In New Orleans herrschte nach Hurrikan Katrina Anarchie. Das Problem am Klimawandel sind nicht nur die vorhersagbaren Veränderungen, sondern auch die Katastrophen, die nicht vorauszusehen sind, wie die Zustände nach dem Hurrikan in New Orleans.
    Nun kann weder Katrina noch sonst ein Einzelereignis der letzten Jahre wissenschaftlich zuverlässig auf den globalen Erwärmungstrend zurückgeführt werden. Was die Wissenschaft aber sagen kann, ist: »Wir befinden uns auf dem wärmsten der möglichen Zukunftspfade.« Und das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten gewisser Naturkatastrophen zunimmt. Eine Katastrophe kann ein funktionierender Staat nach einer gewissen Zeit bewältigen, bei mehreren innerhalb weniger Jahre wird man in unterschiedlichen Bereichen bereits an Grenzen stoßen. Der Potsdamer Klimawissenschaftler Anders Levermann glaubt, dass es eine »Grenze der Anpassung gibt«, das heißt einen Punkt, an dem die Zivilisation zusammenbricht, wenn wir den Klimawandel nicht in den Griff bekommen.
    Eine heute bereits klar erkennbare Auswirkung des Klimawandels ist der Rückgang der Eis- und Schneedecke in den kalten Gegenden der Erde. Das führt zu mehr und größeren Gletscherseen und zu von Gletschern gespeisten Flüssen, die mehr Wasser führen. Der Frühling und die damit verbundenen Naturereignisse beginnen früher; die Verbreitungsgebiete von Tier- und Pflanzenarten verschieben sich polwärts bzw. in höhere Lagen der Berge.
    Das IPCC erwartet, dass es in den polnahen Gebieten, den sogenannten hohen Breiten, und in den feuchten, tropischen Gebieten mehr Niederschläge gibt, in trockenen Regionen aber weniger. Überschwemmungen und Dürreperioden werden zunehmen. Dadurch wird die Anpassungsfähigkeit vieler Ökosysteme überfordert sein. Es können weniger Nahrungsmittel produziert werden, das bedeutet mehr Hunger.
    In Bangladesch ist der Klimawandel heute schon Realität. Die Küstenregionen liegen zum Großteil kaum einen Meter über dem Meeresspiegel. Eine Million Menschen lebt durch den Meeresspiegelanstieg bereits in überfluteten Gebieten. Ironischerweise passen die überfluteten Gebiete auch wunderbar in die Pläne von Investoren, die dort inzwischen Garnelen züchten, um mit der wachsenden Nachfrage in den Industrieländern Geschäfte zu machen.
    Von Fluten aufgrund des ansteigenden Meeresspiegels werden Millionen Menschen in Afrika und Asien betroffen sein, ebenso die Bewohner kleiner Inseln. Afrika wird besonders unter Nahrungsmangel leiden. 2010 wurde ein langjähriger Streit zwischen Indien und Bangladesch um eine kleine Felsinsel namens New Moore Island in der Bucht von Bengalen durch den Klimawandel gelöst: Die

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