Das Leben ist eine Oeko-Baustelle
Vorwort
Manchmal möchte ich am liebsten losbrüllen
Wenn ich in einem Flugzeug sitze, aus dem Fenster schaue und diese hell erleuchteten Städte sehe: Wissen Sie, was dann das Erste ist, was mir in den Kopf kommt? Ich denke daran, wie irrsinnig hoch der Energiebedarf für dieses Lichtermeer ist. Unfassbar. Das kriege ich nicht mehr aus meinem Kopf.
Seit ich weiß, dass man diesen Energiebedarf, diesen ständig wachsenden Energiehunger unserer Gesellschaft gar nicht de cken kann, haben sich meine Gefühle beim Fliegen komplett verändert. Seither fliege ich ungern, es macht mir Gewissensbisse. Falls Sie jetzt denken: Ooch, die Arme! Muss quer durch Europa, nach Afrika oder sonst wohin fliegen, um einen schönen Film zu drehen, und hat Gewissensbisse, wenn sie im Flugzeug sitzt! Es ist aber so. Es belastet mich. Ich stehe am Flughafen, ich sehe die Massen, deren Teil ich bin. Ich schaue mir selbst beim Einchecken zu und denke: Wie soll sich das bloß ändern? Wie ist unser Leben ohne so eine hohe Mobilität überhaupt zu machen? Wie ist mein Beruf ohne eine solche Flexibilität überhaupt möglich?
Mit Umwelt habe ich mich schon immer beschäftigt. Das erste Buch, das ich nach der Maueröffnung gekauft habe, war ein ökologischer Haushaltsratgeber für meine Eltern. Da war ich fünfzehn. Aber seit ich mich intensiv mit dem Klimawandel auseinandersetze, sehe ich die Welt noch mal mit ganz anderen Augen. Seither versuche ich, meinen Lebensstil und meinen Konsum in Einklang mit meinem Bewusstsein zu bringen.
Ich habe regelmäßig Momente, in denen ich zweifle. Das endet bei mir aber nicht in dem Gefühl: Ach, komm mir doch nicht damit, sollen mal erst die anderen … Ich denke eher: Das Thema ist in den Medien stark vertreten, trotzdem werden die Nachrichten nicht besser, und es geht nicht wirklich in die Köpfe. Warum nicht? Dann erscheinen mir auch die Dinge, die ich tun kann, minimal im Ablauf des gesamten Weltgeschehens. Ich selbst bin ja nicht mal in der Lage, mein eigenes Leben radikal zu ändern. Dazu müsste ich komplett aus der Gesellschaft aussteigen. Nicht aus politischer, sondern aus ökologischer Motivation. Das finde ich einen ziemlich frustrierenden Gedanken.
Andererseits ist es so, dass ich mich als Teil eines Lebenszyklus begreife und einer, tja, ganz außergewöhnlichen Schöpfung. Das klingt total kitschig, aber wenn man Kinder hat, entdeckt man plötzlich in sich eine große Ehrfurcht vor dem Leben, vor jedem Lebewesen. Man möchte eigentlich nicht so gefühlig werden, aber das Bedürfnis ist eindeutig da, diese Schöpfung oder zumindest diese Geschöpfe zu bewahren. Und das steht gegen das deprimierende Gefühl, dass das Leben sukzessive zerstört wird. Von uns selbst.
Manchmal würde ich mich am liebsten auf ein Podest vor den Bundestag stellen und laut losbrüllen: »Hallooooo, es ist an der Zeit! Hört doch mal auf mit dem Gelaber!! Natürlich habt ihr schon eine Menge gemacht, aber es reicht nicht!! Ihr kennt doch die Fakten!!!« Vielleicht ist es naiv, aber ich glaube immer noch daran, dass Tatsachen und handfeste Argumente die Menschen überzeugen können.
Sicher ist: Den großen Umbau muss die Politik hinbekommen. Aber sicher ist auch: Wir können viel dazu beitragen, wenn wir dazu bereit sind, unsere Lebensgewohnheiten zu ändern. Ich bin sicher: Die kleinen individuellen Schritte, die wir in unserer Umgebung vornehmen, sind für die Gesellschaft wichtig, denn sie sind die Grundlage dafür, dass gesellschaftliche und politische Bewegung entsteht, dass ein kultureller Wandel innerhalb unserer Gesellschaft in Gang kommt, in dem der ökologische Gedanke fest verankert ist. Mein Buch handelt davon, was wir in unserem Alltag tun können, es handelt von den ökologischen Versuchen in meinem eigenen Leben und natürlich auch von den Grenzen des privaten Tuns. Es ist der Beginn einer langen Reise, mehr nicht. Da gibt es definitiv noch jede Menge Steigerungspotenzial.
Es geht in diesem Buch auch darum, wie man die eigenen Veränderungen mit denen der anderen vernetzt, die sich ebenfalls auf den Weg machen. Es geht darum, zu klären, was wirklich etwas bringt und was nicht. Es geht darum, die Gegenargumente zu hören und zu prüfen. Es geht letztlich darum, wie aus einer individuellen eine gesellschaftliche Bewegung werden kann, aus der eine neue Politik und neues Wirtschaften folgt.
Mir ist klar: Es wird darauf hinauslaufen, dass wir uns von unserer bisherigen Vorstellung eines Luxus- und
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