Das lebendige Theorem (German Edition)
Was in der linearisierten Gleichung zählt, ist nicht die Spektralanalyse, sondern die Lösung des Cauchy-Problems. Nun ja. Das ergibt alles Sinn! Das habe ich schon immer gedacht. Also, wie machen die das … Hmmm. Fourier-Transformation. Also wirklich, diese gute alte Fourieranalyse, niemals hat man etwas Besseres zustande gebracht. Laplace-Transformation, Dispersionsbeziehung …
Ich lerne schnell, ich knie mich rein, ich eigne mir die Sachen an wie ein Kind, das sich eine Fremdsprache aneignet. Ich lerne anspruchslos und bescheiden die Grundbegriffe, die die Physiker schon seit einem halben Jahrhundert kennen.
Und als es Abend wird, sitze ich im Schneidersitz auf dem Dachboden und bringe mich auf andere Gedanken, indem ich den letzten Band der Novellen von Neil Gaiman, Fragile Things , verschlinge – noch brandneu, noch nicht übersetzt. Wir haben die Pflicht, uns gegenseitig Geschichten zu erzählen, sagt Neil. Er hat recht. Die Geschichte einer genialen Improvisation auf dem Kontrabass. Die Geschichte einer uralten Dame, die sich an ihre vergangenen Liebschaften erinnert. Die Geschichte des Phönix, der immer wieder aufersteht und immer wieder wie ein Feinschmeckergericht zubereitet wird.
Als ich ins Bett gehe, bleibe ich noch eine ganze Weile wach liegen. Das Licht kann ich nicht einschalten: Die ganze Familie schläft in einem einzigen Zimmer. Also grast mein Gehirn die Gegend ab. Die uralten zerbrechlichen Galaxien improvisieren eine Gaiman’sche Geschichte, das mathematische Problem ersteht wieder und immer wieder von neuem, um von den Forschern zubereitet zu werden. Die Sterne drängen sich in meinem Gehirn. Welches Theorem wollte ich überhaupt beweisen?
›Crawcrustle‹, said Jackie Newhouse, aflame, ›answer me truly. How long have you been eating the Phoenix?‹
›A little over ten thousand years‹, said Zebediah. ›Give or take a few thousand. It’s not hard, once you master the trick of it; it’s just mastering the trick of it that’s hard. But this is the best Phoenix I’ve ever prepared. Or do I mean, »This is the best I’ve ever cooked this Phoenix«?‹
›The years!‹ said Virginia Boote. ›They are burning off you!‹
›They do that‹, admitted Zebediah. ›You’ve got to get used to the heat, though, before you eat it. Otherwise you can just burn away.‹
›Why did I not remember this?‹ said Augustus TwoFeathers McCoy, through the bright flames that surrounded him. ›Why did I not remember that this was how my father went, and his father before him, that each of them went to Heliopolis to eat the Phoenix? And why do I only remember it now?‹
›Shall we burn away to nothing?‹ asked Virginia, now incandescent. ›Or shall we burn back to childhood and burn back to ghosts and angels and then come forward again? It does not matter. Oh, Crusty, this is all such fun!‹
Neil Gaiman, Fragile Things – Zerbrechliche Dinge
Die Fourieranalyse besteht im Studium der Grundschwingungen von Signalen. Angenommen, wir wollten ein beliebiges Signal analysieren, eine Quantität, die mit dem Vergehen der Zeit variiert: Beispielsweise besteht ein Ton aus leichten Variationen atmosphärischen Drucks. Anstatt sich direkt für die komplexen Schwingungen dieses Signals zu interessieren, kam Joseph Fourier, Wissenschaftler und Politiker des beginnenden 19. Jahrhunderts, auf den Gedanken, es in eine Kombination aus elementaren Signalen zu zerlegen, von denen jedes auf sehr einfache und sich wiederholende Weise variiert: die Sinuskurven (und ihre Zwillingsbrüder, die Kosinuskurven).
Joseph Fourier
Jede Sinusschwingung ist durch ihre Amplitude und ihre Frequenz charakterisiert: Bei der Fourierzerlegung geben uns die Amplituden Aufschluss über die relative Bedeutung der entsprechenden Frequenzen des untersuchten Signals.
So bestehen z.B. die Geräusche in unserer Umgebung aus der Überlagerung einer Vielzahl von Frequenzen. Die Vibration von 440 Schlägen pro Sekunde ist ein A , das umso stärker wahrgenommen wird, je höher seine Amplitude ist. Bei 880 Schlägen pro Sekunde hören wir ein A der Oktave darüber. Wenn wir die Frequenz mit 3 multiplizieren, kommen wir zur Quinte, d.h. zum E , und so weiter. Aber in der Praxis sind die Töne niemals rein, sondern bestehen immer aus dem gleichzeitigen Vorhandensein zahlreicher Frequenzen, die ihre Klangfarbe bestimmen; für die Vorbereitung auf meine Magisterprüfung habe ich all das in einem spannenden Kurs mit dem Titel »Musik und
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