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Das letzte Relikt

Das letzte Relikt

Titel: Das letzte Relikt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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einmischte. Wieder dachte er flüchtig an Mitchell und das Smilidon-Fossil. Gleichwohl verspürte er den Zwang, weiterzumachen.
    Er ging zur Wand, und als ob seine Hand von einer unsichtbaren Macht geführt würde, hob er die Schutzhülle und hielt sie näher an die Wand.
Ja, genau hier.
Er löste eine der Reißzwecken, die Ezra zu Dutzenden in den Putz gesteckt hatte, und bohrte sie durch eine Ecke der Klarsichthülle. Dann befestige er eine weitere Reißzwecke am andern Ende und trat zurück, um sein Werk zu bewundern.
    »Gertrude macht uns ein paar Brownies«, verkündete Ezra, als er die Schlafzimmertür hinter sich schloss und mit einem Tablett in den Händen ins Arbeitszimmer kam.
    Carter drehte sich um, ein unsicheres Lächeln auf dem Gesicht, und wartete darauf, dass Ezra sah, was er getan hatte. Plötzlich war er sich nicht mehr so sicher, ob das eine gute Idee gewesen war.
    Ezra blieb stehen und suchte die Wand ab. »Was hast du getan?«, fragte er mit heiserer Stimme.
    »Ich wollte dir helfen«, sagte Carter.
    Ein tiefes Summen setzte ein, wie bei einem Generator, der langsam in Fahrt kam. Als Carter sich umdrehte, sah er, wie die Klarsichthüllen leicht flatterten, als würden sie von einer plötzliche Brise erfasst. Die Ränder des Pergaments, die sich berührten, schienen miteinander zu verschmelzen. Die Fragmente der Schriftrolle in den Hüllen wuchsen zusammen und vereinigten sich, bis die Bruchstellen nicht mehr zu sehen waren. Ein leichtes Glühen erhellte den Raum, ein lavendelblaues Licht, das von der Rolle selbst auszugehen schien.
    Die Brise wurde kräftiger und wärmer und wirbelte im Raum im Kreis.
    Ezra ließ das Tablett fallen, Becher und Teller zerschellten auf dem Boden, während die Tür zum Schlafzimmer krachend hinter ihm ins Schloss fiel. Er rannte zum Schrank.
    Was macht er da?, fragte sich Carter.
    Die Schutzhüllen flatterten wie wild, manche von ihnen waren bereits losgerissen und lösten sich von dem Stück der Schriftrolle, das sie enthalten hatten.
    Ezra kam zurück und hielt etwas in der Hand, das aussah wie eine Dose mit kühlender Creme. Mit zitternden Händen versuchte er im lavendelblauen Licht den Deckel zu öffnen.
    »Ezra, was geht hier vor?«, rief Carter.
    Aber Ezra antwortete nicht. Er warf den Deckel fort, tunkte seinen Finger hinein und schmierte Carter den Inhalt, der sich wie warmer Matsch anfühlte, auf die Stirn.
    »Was machst du da?«
    Dann verrieb er einen weiteren Streifen, der Carter wie roter Lehm vorkam, auf der eigenen Stirn. »Es ist heiliger Boden«, rief Ezra zurück, »von unterhalb des Felsendoms.«
    Verständnislos schüttelte Carter den Kopf.
    »Von der Stelle, an der die Bundeslade versteckt ist.«
    Für Carter ergab es immer noch keinen Sinn. Hatte Ezra nicht gerade eben noch erklärt, der ganze religiöse Hokuspokus sei zwecklos, dass sich das erst lange nach den Ereignissen entwickelt hatte, denen sie hier auf der Spur waren?
    »Und das soll uns beschützen?«
    Ezra schaute auf die flatternden Schutzhüllen und nickte hastig.
    »Wovor?«
    Wie zur Antwort vernahm Carter ein Geräusch, das nichts ähnelte, das er je gehört hatte oder hoffte, jemals in seinem ganzen Leben wieder zu hören. Es begann als leises Stöhnen, wie ein Wind, der seufzend durch die uralten Dachvorsprünge eines gewaltigen Hauses strich, aber der Ton wurde rasch schriller und lauter. Instinktiv hielt er sich die Ohren zu, doch das Geräusch grollte unter seinen Füßen und dröhnte in seinem Kopf.
    Er rannte zur Tür und versuchte, sie aufzureißen, aber sie rührte sich nicht. Der heiße Wind im Zimmer gewann an Stärke und riss die letzten Schutzhüllen von den Wänden. Die Schrift entrollte sich von allein und bewegte sich wie ein Tornado auf die Mitte des Zimmers zu. In einer unregelmäßigen Spirale wirbelte sie herum. Das lavendelblaue Licht wurde dunkler, ging mehr ins Violette, und der Wind nahm an Geschwindigkeit zu.
    Es gab nur noch einen anderen Weg nach draußen. Carter rannte auf die Balkontüren zu.
    »Nein!«, schrie Ezra, dessen Entsetzen noch übertroffen wurde von der Angst, seine kostbare Schriftrolle zu verlieren. »Tu es nicht!«
    Doch die Türen ließen sich ohnehin nicht öffnen. Carter rüttelte an den Griffen und drückte mit der Schulter gegen den Rahmen.
    Ezra packte seinen Arm und versuchte ihn aufzuhalten. »Wir können das nicht tun!«, schrie er.
    »Wir müssen!« Carter schüttelte ihn ab und sah sich verzweifelt im Raum um.
    Der Lärm in

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