Das Licht Von Atlantis
kurzen Stoß, eine plötzliche leichte Ausbuchtung, zart wie von einem Schmetterling.
Mit einer raschen Bewegung setzte Domaris sich hoch, breitete die Arme aus und zog Micon in eine behutsame Umarmung, in der sie ihn kaum berührte. Sie hatte gelernt, dass eine unvorsichtige Liebkosung dem Mann, den sie liebte, qualvolle Schmerzen bereiten konnte - es war ihr, jung und leidenschaftlich verliebt wie sie war, schwer genug gefallen, dies zu begreifen! Aber dies eine Mal vergaß Micon alle Vorsicht. Seine Arme schlossen sich fest um sie. Einmal, nur einmal hätte er sich gewünscht, diese Frau, die er mit jeder Faser seines Seins liebte, mit eigenen Augen zu sehen.
Der Augenblick des Bedauerns, dass dies unmöglich war, ging vorüber, und er mahnte sanft: »Lieg still, Geliebte. Ich habe versprochen, dich nicht aufzuregen.« Er ließ sie los, sie legte sich zurück und betrachtete ihn mit einem Lächeln, von dem sie selbst nicht wusste, wie traurig es war. »Bis heute«, sagte Micon beunruhigt, »haben wir es nicht gewagt, von gewissen Dingen zu sprechen... Zum Beispiel von deiner Verpflichtung Arvath gegenüber. Was verlangt das Gesetz eigentlich genau von dir?«
»Vor der Heirat«, murmelte Domaris, »sind wir frei. So lautet das Gesetz. Nach der Heirat - so fordert es, müssen wir treu bleiben. Und sollte ich Arvath keinen Sohn schenken können oder wollen -«
»Du darfst dich nicht weigern«, sagte Micon mit großer Zärtlichkeit.
»Das werde ich auch nicht«, versicherte Domaris ihm. »Aber sollte es mir nicht gelingen, wäre ich entehrt...«
»Es ist mein Karma«, stellte Micon kummervoll fest, »dass ich meinen Sohn niemals sehen kann, dass ich nicht am Leben bleiben darf, um ihn zu leiten. Ich habe gegen das gleiche Gesetz gesündigt, Domaris.«
»Gesündigt? Wieso?« Domaris' Stimme verriet ihren Schreck. » Du?«
Micon senkte beschämt den Kopf. »Ich strebte nur nach geistigen Zielen, und deshalb wurde ich - Initiierter. Ich war zu stolz, daran zu denken, dass ich - auch Mann war und deshalb gesetzliche Verpflichtungen hatte.« Seine blinden Augen waren in weite Fernen gerichtet. »In meinem Hochmut entschied ich mich für ein asketisches Leben und verleugnete meinen Körper, und das hielt ich in meiner Verblendung für Tugend -«
»Sie ist notwendig, um solche Vollendung zu erreichen«, flüsterte Domaris.
»Du hast noch nicht alles gehört, Geliebte...« Micon atmete tief ein. »Bevor ich in die Priesterschaft eintrat, verlangte Mikantor von mir, ich solle mir eine Frau nehmen und meinem Haus und meinem Namen einen Sohn großziehen.« Der ernste Mund zitterte ein wenig, und Micons eiserne Selbstbeherrschung geriet ins Wanken. »Wie mein Vater es befohlen hatte, ließ ich mich - verheiraten. Meine Frau war ein junges Mädchen, rein und lieblich, eine echte Prinzessin. Aber ich - war für ihre Schönheit so blind, wie ich jetzt -« Micon versagte die Stimme, und er bedeckte sein Gesicht mit den Händen. Endlich sprach er mühsam weiter. »Und so ist es mein Schicksal, dass ich dein Gesicht niemals sehen darf - dich, die ich mehr liebe als Leben und Tod! Ich war blind für sie, ich sagte ihr kalt und - und grausam, ich hätte das Gelübde als Priester geleistet, und so verließ sie unser Hochzeitsbett als Jungfrau, so wie sie zu mir gekommen war. Auf diese Weise demütigte ich sie und sündigte gegen meinen Vater und gegen mich selbst und gegen unser ganzes Haus. Domaris - jetzt, wo du das weißt -, kannst du mich da immer noch lieben?«
Domaris war totenblass geworden; was Micon ihr gestanden hatte, wurde als schweres Verbrechen angesehen. Doch sie flüsterte nur: »Du hast dafür dreifach gebüßt, Micon. Und - und es hat dich zu mir geführt. Und ich liebe dich!«
»Das macht mich glücklich, so sehr ich das Vorangegangene bereue.« Micon drückte die Lippen auf Domaris' Hand. »Denn, Domaris, du musst wissen, hätte ich einen Sohn gehabt, hätte ich in Frieden sterben können und mein Bruder wäre kein Apostat geworden.« Sein dunkles Gesicht zeigte Erschöpfung und Verzweiflung. »Deshalb trage ich die Schuld an seiner Sünde, und es wird noch mehr Böses folgen - denn Böses sät Böses und bringt hundertfache Ernte, und diese sät von neuem Böses aus...« Er hielt kurz inne. »Deoris wird übrigens auch Schutz brauchen. Riveda ist von den Schwarzmänteln vergiftet.«
Als Domaris entsetzt aufkeuchte, setzte er schnell hinzu: »Nicht so wie du denkst. Er ist kein Schwarzmantel; er
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