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Das Lied des Dunklen Engels

Das Lied des Dunklen Engels

Titel: Das Lied des Dunklen Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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auf mein Gut zurückziehen, die Felder bestellen und Schafe züchten, Kaufmann werden und die Wolle an die Webstühle Flanderns verkaufen. Er mußte lächeln. Als er das einmal zu Maeve gesagt hatte, hatte diese sich vor Lachen nicht mehr halten können, sie war auf die Kissen zurückgesunken, ihr blondes Haar lag fächerförmig um ihren Kopf. Sie hatte so sehr gelacht, daß Corbett sie nicht einmal mehr durch Küssen zur Ruhe hatte bringen können. »Du als Bauer!« hatte sie mit Spott in der Stimme zu ihm gesagt. »Das kann ich mir wirklich vorstellen. Du würdest Berichte schreiben, wie sich die Böcke aufführen, wie die Äpfel gedeihen und ob sich der Obstgarten wirklich an der besten Stelle befindet.«
    »Gelegentlich habe ich meine Arbeit einfach satt«, hatte er damals hitzig erwidert.
    Maeve war ernst geworden. Sie hatte in dem Himmelbett gelegen und die Decken enger um sich gezogen.
    »Gefällt dir deine Arbeit nicht, Hugh? Du haßt vielleicht die Aufgaben, die der König dir zuteilt, aber möglicherweise bist du deswegen so geeignet für sie.« Sie hatte sich zu ihm hinübergebeugt und das gegerbte Gesicht ihres Mannes in beide Hände genommen. »Was immer du sagen magst, Hugh Corbett, du bist besessen vom Drang, die Wahrheit herauszufinden und...«
    »Und was?« hatte er sie unterbrochen.
    Maeve hatte nur gekichert.
    »Wie Ranulf sagt, du hast einen sehr langen Schädel!«
    Corbett schaute auf, als die Motte gegen die Fensterscheibe schlug.
    »Es ist sehr dunkel«, murmelte er. »Gott allein weiß, wann wir wieder Licht sehen.«
    Ranulf sah ihn seltsam an. Er fragte sich, ob sein Herr über das Wetter sprach oder über die Geheimnisse, denen sie sich gegenübersahen.

Kapitel 2

    M arina rannte um ihr Leben. Sie hatte die Augen aufgerissen, ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, ihr Mund war trocken. Der eiskalte Stechginster schlug an ihre Beine und verfing sich in ihrem braunen Umhang. Sie blieb schwer atmend stehen und verfluchte den Nebel. Dann drehte sie sich um wie ein verängstigtes Reh.
    »Wohin soll ich nur gehen?« Sie stöhnte.
    Der Nebel um sie herum wurde dichter. Sie ließ sich auf alle viere fallen und rang nach Atem. Sie mußte sich in Sicherheit bringen, kauerte wie ein wildes Tier in der Dunkelheit und spitzte die Ohren. Eine Eule, die auf den flachen Landzungen jagte, stieß einen düsteren Schrei aus, und eine Füchsin, die in der Nähe des Dorfes uruherstreifte, jaulte den nebligen Himmel an.
    Die junge Frau leckte sich über ihre trockenen Lippen. Wohin sollte sie gehen? Die Dörfler würden sie davonjagen. Father Augustine? Er würde sie nur anbrüllen. Vielleicht sollte sie doch zur Eremitage zurückkehren! Dort würde man ihr möglicherweise helfen, wenn sie ihren Freunden erzählte, was sie wußte. Aber in welcher Richtung lag die Eremitage nur? Sie schaute sich um und erinnerte sich lebhaft an früher, als sie mit den anderen Kindern des Dorfes auf dem Kliff Feen und Elfen gespielt hatte. Sie hatten die Augen geschlossen und sich ihre Paläste vorgestellt. Aber was sollte sie jetzt tun? Sie ging weiter und erstarrte. Hinter ihr knackte ein Zweig.
    »Marina!« rief eine Stimme leise. »Marina!«
    Sie konnte es nicht länger ertragen. Sie rannte einfach los, es war ihr gleichgültig, ob sie in einen Teich fiel oder in einen Sumpf geriet. Solange sie rannte, war sie sicher. Der Boden unter ihren Füßen schien jedoch auf einmal zum Leben zu erwachen. Das Dornengestrüpp und der Ginster kratzten wie grausame lange Fingernägel an ihren Knöcheln. Sie sah in der Feme ein Licht und hätte vor Freude schreien mögen. Ihre Beine wurden schwer. Sie rannte, aber ein Ginsterbusch verfing sich um ihren Knöchel wie eine Schlinge. Sie fiel auf die harte, kalte Erde. Sie versuchte gerade wieder auf die Füße zu kommen, als sie hinter sich die leichten Schritte hörte. Sie drehte sich noch halb um, da zog sich schon eine Schlinge um ihren Hals zusammen.

    Das laute Klopfen des Verwalters rief Corbett und seine beiden Gefährten in die herrschaftliche Halle. Gurneys Diener hatten die große Tafel in der Mitte des Raumes gedeckt. Auf der grünen Tischdecke aus schwerem, golddurchwirktem Seidenstoff standen zweiarmige Leuchter, die ein behagliches Licht verbreiteten. Es duftete angenehm süßlich, aromatische Kräuter lagen in Tongefäßen unter der Tafel und waren außerdem auf das lodernde Feuer gestreut worden und auf die kleinen Kohlenbecken, die in den Ecken standen. Auf dem Boden lag einer der

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