Das Limonenhaus
wenn du nicht mehr schwanger bist, wirst du aber wieder so wie vorher, oder?«
Ich lache. »Nein! Und von hässlichen Männern mit Narben im Gesicht lasse ich mir gleich gar nichts sagen!«
»Du entwickelst dich langsam zu einer widerborstigen Sizilianerin. Bald wächst dir ein Damenbart.«
»Den habe ich schon immer, da hättest du vor unserer Heirat genauer hinschauen müssen.«
Phil bläst mir in den Nacken. »Wann kommt deine Mutter?«
»Übermorgen. Sie landet am Nachmittag in Catania. Sie wird ein Haus so nah am Wasser vielleicht nicht mögen...«
Der Makler nimmt meine Hand in seine Pranken und schüttelt sie, als ob er mir bereits zum Kauf gratulieren will. »Signora, bedenken Sie, dies ist eine einmalige Gelegenheit: Das Haus ist eigentlich gar nicht zu verkaufen.«
»Ich weiß nicht, vielleicht brauchen wir auch kein eigenes Haus. Ach, Phil, wir müssen noch Brot holen und Oliven für den Zitronensalat, Giuseppe kommt heute Abend mit seiner Frau.«
Ich tue, als bemerke ich den ritterlichen, fast ehrfurchtsvollen Blick des Maklers nicht. Auf Sizilien bin ich mit meinem Bauch eine Heilige. Als werdende Mutter darf ich empfindlich, unberechenbar und launenhaft sein.
»Danke für Ihre Geduld, wir überlegen es uns«, antwortet Phil höflich und schüttelt den Kopf über mich. Er will jetzt nicht lachen, er will genervt sein, aber das bekommt er nicht hin.
»Ist er Deutscher? Er spricht aber ganz anständig Italienisch«, sagt der Makler zu mir.
»Na, das will ich meinen.« Phil nimmt meine Hand. »Ich habe ja auch eine hervorragende Lehrerin. Wo ist sie eigentlich? Matilde!«, ruft er laut. »Nimm Babe bitte an die Leine, er soll nicht ins Wasser!«
Matilde dreht sich nicht um. Schon prescht die dralle Hundewalze an ihr vorbei in die Wellen, bis nur noch der hechelnde Kopf herausschaut.
»Mátti«, rufen wir im Chor. Widerwillig wendet sie sich um. Sie grinst, oben und unten fehlen vier Milchzähne.
»Kuckma!«, ruft sie auf Deutsch und zeigt aufs Wasser. »Jetzt ist der Babe schon reingelauft, da kann ich doch auch rein.«
»Na gut«, antworte ich, »aber nur kurz mit den Füßen, das Wasser ist noch kalt. Und dann müssen wir gehen, nonno Gaetano kommt gleich mit der Fähre in Rinella an. Und der freut sich so auf dich.«
»Der kann sich ja auch freuen, wenn ich nass bin, oder?«
»Stimmt eigentlich«, sagt Phil.
»Stimmt eigentlich nicht«, sage ich.
Matilde läuft auf mich zu, umarmt mich und reibt ihren Kopf wie eine junge Katze an meinem schon ziemlich vorstehenden Bauch.
»Lella, wenn ich in Köln in die Schule gekommen bin und lesen lerne, muss das Baby aber auch was lernen. Also Deutsch und Italienisch. Und Kölnerisch. Und Siciliano. «
»Ja«, ich nicke, »wenn du in Köln in die Schule gekommen bist, bringst du ihm alles bei, auch Deutsch. Das musst du dann mit ihm üben, so wie du jetzt Italienisch mit Phil übst.«
Phil schaut mich an, seine rechte Augenbraue zuckt nach oben. Das macht sie neuerdings, wenn ihm etwas gefällt. Ich drücke Matilde an mich und schaue über das dunstige Meer. Die Maisonne wärmt meine Schultern, ich atme begierig den Geruch nach Tang und nassen Kieselsteinen ein. Wie Matilde wird unser zweites Kind alle unsere Sprachen und Dialekte lernen; es wird im Sommer Maulbeeren und Kakteenfrüchte essen, winzige Schnecken aus ihren Gehäusen zutzeln und Mandelgranita mit Brioche frühstücken. Es wird in den Ferien an Salinas Stränden schwimmen lernen, und wenn es einen Seeigelstachel im Fuß hat, wird es von seiner Schwester Matilde huckepack nach Hause getragen werden.
Ich sehe, wie Phil Matilde auf die Schultern nimmt, und spüre einen leichten Tritt des Kindes im Bauch.
Wir - Mamma Maria, Gaetano, Susa und Timmi, und die Toten, die wir lieben - werden seine Familie sein.
Danksagung
Nach langer Zeit ist dieses Buch endlich fertig. Ich möchte mich bei denen bedanken, die daran geglaubt haben, die es gelesen haben, und mir immer wieder zugehört haben. Besonderen Dank an:
Claudia - deine Kommentare haben mich zum Lachen und Weiterschreiben gebracht.
Maria - deine Briefe und Mails haben mich oft zu Tränen gerührt.
Danke auch an:
Gianni, für den sizilianischen Abend in der katholischen Mission in Köln.
Antonella, die perfekte deutsch-sizilianische Mischung, die ich dort kennenlernen durfte.
Francesco Leone und Kristina für die Geduld und Schnelligkeit, mit der sie meine Fragen beantwortet haben. Alle Männer, die schon mal eine Brigida in
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