Das Mars-Labyrinth: Roman (German Edition)
vor.«
Postule spuckt mir ins Gesicht. »Ich werde dir noch Manieren beibringen, Knäblein!«
»Wer hat Ihnen denn Ihre beigebracht?« Als der warme Speichel über meine Wange rinnt, beschließe ich erneut, ihn auf jeden Fall in den Arsch zu treten.
»Weißt du, was wir in New Eden mit Dalit gemacht haben?«, schnaubt der fette Mann. »Wir haben sie ausgeweidet. Und dann haben wir sie vor den Stadttoren aufgehängt. Als Warnung für alle Regulatoren, die es versäumt haben, ihren Herren das ultimative Opfer zu bringen.«
»Das war aber gar nicht nett von Ihnen«, sage ich. »Aber die Kinder Ihres früheren Dienstherrn zu entführen ist auch keine besonders edle Tat, nicht wahr?«
Er brüllt, und noch mehr Speichel fliegt aus dem klaffenden Schlund seines Mundes. Mehrere Zähne fehlen, und die Molare sind nur noch faulige Hüllen. Er kann sich zwar eine schicke Robe unter den Nagel reißen, aber einen anständigen Zahnarzt kann er nicht so einfach klauen.
»Mimi, ich hätte jetzt gern mal eine gute Nachricht.«
»Landeteam in Bereitschaft«, sagt Mimi. »Ich öffne Multivid-Verbindung zu ihrem Headset. Telemetriekontakt bestätigt ... jetzt.«
Postule presst mir den Schalter noch fester ins Gesicht, und meine Lippe platzt auf. »Ich bin kein netter Mensch.«
»Dann wird’s uns umso weniger Probleme bereiten, Sie zu beseitigen.«
»Uns?« Der fette Mann verspottet mich, schaut nach rechts, nach links. »Wer – uns? «
»Los!«, brülle ich und greife nach dem Schalter. Meine Linke schließt sich mit festem Griff um Postules Pranke.
Mit der freien Hand feuere ich eine Salve Hohlspitzgeschosse auf seinen in Reih und Glied aufgebauten Stoßtrupp ab. Die Ladungen explodieren. Vier der Soldaten werden von den Beinen gerissen und landen mit lautem Platschen im Abwasserbecken. Der fünfte Mann reißt seinen Nadelwerfer herum. Zielt auf meinen Kopf.
»Mach ihn kalt!«, brüllt Postule.
Ich ducke mich und benutze Postule als Schild. Eine Hand habe ich auf dem Schalter, und den drücke ich nun in seine fleischige Kehle. Dann weiche ich mit ihm vor dem Söldner zurück, während die Nadeln Zink-Zink-Zink-Zink in die Metallverkleidung des Bodens einschlagen.
»Idiot!«, gurgelt Postule. »Schieß nicht auf mich! Schieß auf die Gören!«
Ehe der Söldner reagieren kann, explodiert über uns das Oberlicht. Glasscherben prasseln funkelnd herab und landen mit anschwellender Lautstärke auf der Plattform.
»Ho, Chief!« Ein Regulator – es ist Vienne – in einer schwarzen Symbipanzerung blickt zu mir herunter, eine einsatzbereite Abseilausrüstung in den Händen. Meine Unterstützung ist da. »Erlaubnis, mitzumischen?«
»Willst du mich verscheißern? Lass es krachen!«
Am Rand des Oberlichts eröffnet Vienne das Feuer. Vier Söldner fallen unter dem Fadenkreuz ihres Armalites, das in der Zeit, die ihre Leichen brauchen, um den Betonboden zu knutschen, zwanzig Schüsse abfeuert.
»Lass mir was übrig, Vienne!«, rufe ich ihr zu.
»Durchhalten, Chief!« Sie richtet die heiße Mündung auf den letzten Angehörigen des Stoßtrupps, der in Panik losrennt. Korrektur: der versucht, loszurennen. Aber dank seiner schweren Rüstung kommt er nicht weit.
»Halt still, und lass dich von ihr erschießen!«, brülle ich ihm zu.
»Nur keine Sorge, Chief«, ruft Vienne zu mir herunter, ehe sie sich vom Dach abseilt. Ihr geschmeidiger Körper bewegt sich spinnengleich am Ende des Seils. Auf halbem Wege nach unten hält sie inne. Hebt das Gewehr. Feuert einen Schuss ab. Der Söldner geht zu Boden.
Kaum gelandet, schnallt sie das Geschirr der Abseilausrüstung ab.
Vienne ist ein Traum von einer Soldatin. Eine verteufelt gute Scharfschützin. Maschinengleiche Präzision. Biegsam wie eine Ballerina und widerstandsfähig wie gehärteter Stahl. Schön auf eine Weise, die Männer einschüchtert, statt sie anzuziehen. Und sie befolgt meine Anweisungen buchstabengetreu.
Vienne verschafft sich einen Überblick über die Lage. Stoßtrupp ausgeschaltet. Korrekt. Kinder an eine Winde gekettet. Korrekt. Ihr Boss kämpft mit einem krankhaft fettleibigen Mann um eine Zündvorrichtung. Korrekt. Ganz so, als wäre das etwas völlig Alltägliches. »Mein nächster Befehl, Chief?«
»Wir müssen die Geiseln befreien«, keuche ich, »ehe unser pausbackiger Freund sie ersäufen kann.«
Postule bringt ein gurgelndes Geräusch über die Lippen. Sein schwerer Leib sackt immer mehr gegen mich. »Mich dünkt, du hast mich geschlagen, Regulator«,
Weitere Kostenlose Bücher