Das Multiversum 1 Zeit
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Reid Malenfant:
Sie kennen mich. Wie Sie wissen, bin ich ein Raumkadett.
Sie wissen auch, dass ich unter anderem für private Bergbau-Ex-peditionen zu den Asteroiden geworben habe. Ich habe in der Vergangenheit sogar versucht, Ihnen für solche Unternehmen Geld aus der Tasche zu ziehen. Ich habe Sie oft genug damit gelangweilt, stimmt's?
Also möchte ich heute Abend etwas weiter ausholen. Heute Abend möchte ich Ihnen sagen, weshalb dieses Thema mir so sehr am Herzen liegt, dass ich ihm mein Leben gewidmet habe.
Die Welt ist zu klein geworden. Ich muss aber nicht vor Sie hin-treten, um Ihnen das zu sagen. Wir nehmen uns selbst die Luft zum Atmen, und in hundert Jahren werden wir vielleicht nicht mehr existieren.
Oder aber wir werden die Galaxis besiedeln.
Ja, Sie haben richtig gehört: die Galaxis. Lassen Sie es mich Ihnen erklären.
Im Grunde ist es nur eine Frage der Ökonomie.
Angenommen, wir fliegen zu den Sternen. Wir könnten Ionen-Raketen einsetzen, Sonnensegel, Gravitations-Hilfen. Das ist eigentlich egal.
Am Anfang werden wir wahrscheinlich so vorgehen wie im Sonnensystem – mit unbemannten Sonden. Menschen würden folgen.
Ein Prozent des Helium-3-Fusionsbrennstoffs, der zum Beispiel auf dem Uranus vorrätig ist, würde genügen, um gigantische interstellare Archen – wobei jede Arche eine Milliarde Menschen transportiert – zu jedem Stern der Galaxis zu entsenden. Aber es wäre wohl billiger, wenn die Sonden Menschen am Ort produzieren, durch Zell-synthese und mit künstlicher Uterus-Technik.
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Die erste Welle würde nur langsam ins Rollen kommen, im Rahmen unsrer Möglichkeiten. Aber darauf kommt es nicht an. Nicht auf lange Sicht.
Wenn die Sonde ein neues System erreicht, schickt sie eine Meldung nach Hause und beginnt ihr Werk.
Das ist der Kern der Strategie. Wir unterstellen, dass ein Ziel-system unbewohnt ist. Deshalb wäre die Sonde in der Lage, die System-Ressourcen ungestört und gründlich zu erkunden. Solche Ressourcen wären für jeden anderen Zweck nutzlos und deshalb in ökonomischer Hinsicht kostenlos für uns.
Ich dachte mir, dass Ihnen das gefällt. Es gibt nämlich nichts, was ein Unternehmer lieber hört als den Klang des Worts ›kostenlos‹.
Von den Zielsternen der ersten Welle werden weitere Sonden gebaut und gestartet. Diese Sonden werden neue Ziele erreichen; und dann werden wieder neue Sonden produziert und losgeschickt.
Das von den Sonden abgedeckte Volumen wird rapide anwachsen, wie die Ausdehnung von Gas in Vakuum.
Unsre Schiffe werden sich entlang der Spiralarme ausbreiten, auf den mit Sternen gepflasterten Straßen, und die Galaxis für die Menschheit bestellen.
Nachdem er einmal angestoßen wurde, wird der Prozess selbst-tragend und selbstfinanzierend sein. Es würde nach Expertenmei-nung zehn bis hundert Millionen Jahre dauern, um die Kolonisation der Galaxis auf diese Art und Weise abzuschließen. Aber wir müssen nur in die Kosten für die erste Generation der Sonden investieren.
Damit werden die effektiven Kosten für die Kolonisation der Galaxis geringer sein als die für das Apollo-Programm vor fünfzig Jahren.
Das ist nicht nur meine Vision. Sie stammt nicht einmal von mir. Der Raketen-Pionier Goddard hat im Jahr 1918 – vor zweiund-neunzig Jahren – ein Essay mit dem Titel ›Die ultimate Wanderung‹
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geschrieben, in dem er beschrieb, wie aus dem Material von Asteroiden erbaute Weltraum-Archen unsre entfernten Nachkommen vor der sterbenden Sonne in Sicherheit brachten. Die technischen Details mögen sich geändert haben; die Quintessenz der Vision nicht.
Wir sind imstande, das zu leisten. Wenn wir Erfolg haben, werden wir ewig leben.
Die Alternative ist Auslöschung.
Und, Leute, wenn wir weg sind, dann sind wir weg.
Nach allem, was wir wissen, sind wir allein in einem indiffe-renten Universum. Wir sehen nirgends als auf der Erde Anzeichen von Intelligenz. Wir sind vielleicht die ersten Intelligenzen. Vielleicht sind wir auch die letzten. Angesichts der langen Zeit, die die Entwicklung von Intelligenz im Sonnensystem beansprucht hat, scheint es unwahrscheinlich, dass sich jemals andere intelligente Lebensformen entwickeln werden.
Wenn wir scheitern, ist dieses Scheitern endgültig. Wenn wir sterben, sterben Geist und Bewusstsein und Seele mit uns: Hoffnungen und Träume und Liebe, alles, was einen Menschen ausmacht. Und es wird auch niemanden geben, der uns eine Träne nachweint.
Erster zu sein ist eine enorme Verantwortung.
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