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Blutrausch

Blutrausch

Titel: Blutrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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Das Glas bricht.
    Was mich nicht besonders wundert. Eher überrascht mich, dass es nicht vorher schon zu Bruch gegangen ist, als der zuckende Irre mich dagegengeschmettert hat. Nicht, dass das so außergewöhnlich für diesen Laden wäre. Im ersten Jahr nach der Eröffnung mussten sie gleich mehrfach das Schaufenster ersetzen. Schließlich fanden die Betreiber wohl, es wäre auf lange Sicht billiger, in Sicherheitsglas zu investieren. So mussten sie die Scheibe nicht nach jeder Schlägerei erneuern. An sich ein ganz vernünftiger Gedanke. Ich will mich auch nicht beschweren. Ohne diese brillante Idee würde ich jetzt auf dem Bordstein liegen, meine schöne Lederjacke wäre in Streifen geschnitten und mein Gesicht mit einem interessanten neuen Muster überzogen. Aber jetzt bricht das Glas doch. Ganz ohne Zweifel, es bricht. Warum ich mir da so sicher bin? Weil der Irre gerade mein Gesicht mit aller Kraft dagegenpresst. Die große Frage lautet, ob die Scheibe aus einem Sicherheitsglas ist, das in tausend winzige Stücke zerbröselt, oder aus einem, das in große Scherben zersplittert. Winzige Stückchen wären gut, große Scherben weniger. Es knackt, und vor meinen Augen erscheinen klitzekleine Sprünge.
    Okay, es ist wohl an der Zeit, dass ich mir weniger Gedanken über das Glas mache und mehr über den Irren, der mir gerade im Nacken sitzt. Von den Barkeepern oder den Gästen kann ich keine Hilfe erwarten. Nicht, nachdem sie mit angesehen haben, wie der Kerl den Rausschmeißer mit einem Billardqueue verprügelt hat. Und leider ist auch mein Freund und Helfer, die Polizei, nirgendwo zu sehen. Nicht, dass ich besonders scharf darauf wäre, den Cops in die Arme zu laufen. Nein, ich komme schon alleine klar. Es ist ja weiß Gott nicht das erste Mal, dass ich mich in so einer Situation befinde. Ich wünschte nur, der Irre wäre auf PCP. Wenn es lediglich PCP wäre, könnte ich leicht mit ihm fertig werden. Aber der? Der Kerl verlangt nicht nur Eleganz und Stil, sondern auch ein kleines bisschen Fingerspitzengefühl.
    Er presst mein Gesicht noch fester gegen die große Glasscheibe. Die Leute, die draußen an der Bar vorbeigehen, zucken zusammen, als sie meine platt gedrückte Visage sehen. Das Glas knackt erneut, die Sprünge werden noch einen Millimeter breiter. Der Spinner hört nicht auf, aus vollem Hals irgendwelchen Irrsinn zu brüllen. Er kreischt so laut, dass er fast Boxcar Willie aus der Jukebox übertönt.
     
    You load sixteen tons and what do you get?
    Another day older, and deeper in debt.
     
    Genau so ist es, verdammt.
    Er wird stinksauer, weil es ihm nicht gelingt, meinen Kopf durch die verdammte Scheibe zu rammen, was er anscheinend wirklich gerne tun würde. Er holt aus, aber bevor er mein Gesicht ein weiteres Mal gegen das Glas schmettern kann, habe ich schon einen Schritt nach rechts gemacht und meinen Arm aus seinem Griff befreit. Ich zucke vor Schmerz zusammen, als er mir ein Haarbüschel ausreißt. Trotzdem trete ich ihm mit dem rechten Fuß in seine linke Kniekehle und ramme den Ellenbogen in seinen Nacken. Mit dem Kopf voraus schleudere ich ihn durch die Glasscheibe. Die Zuschauer auf dem Gehweg springen zur Seite, als er auf dem Asphalt landet. Ich folge ihm durch das Loch in der Scheibe, vorbei an den messerscharfen, großen Scherben.
     
    Er kam aus dem Klo und rastete aus.
    Vorher hatte ich den wild zuckenden Spinner gar nicht bemerkt. Warum auch? Ich war ja nicht bei der Arbeit. Mich interessierte nichts als der Schnaps in meinem Glas, die Zigarette in meinem Mundwinkel, der Billardtisch und das Mädchen neben mir. Das Mädchen interessierte mich ganz besonders. So ein Mädchen zieht in einem Schuppen wie diesem unweigerlich alle Männerblicke auf sich. Neben einem Mädchen wie Evie bin ich so gut wie unsichtbar. Schuld daran ist ihr volles rotes Haar, ihr von vielen Nacht- und Wochenendschichten hinter dem Tresen gestählter Körper und ihr Lächeln. Sie ist der Typ Frau, den die Kerle gerne anstarren, ohne den Mut aufzubringen, Kontakt aufzunehmen. Schade aber auch. Sie verpassen nämlich das Beste. Sie verpassen, wie cool sie ist, wie schlau und unkompliziert. Wie dem auch sei, mit einem Mädchen wie Evie an deiner Seite verwandelst du dich sofort in eine Art Schatten. Du bist einfach nur das glückliche Arschloch, das den Platz mit der besten Aussicht ergattert hat.
    Es ist eine kalte Nacht. Evie trägt eine Lederhose und ihre alte, enge Thermoweste, auf deren Vorderseite das

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