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Das Multiversum Omnibus

Das Multiversum Omnibus

Titel: Das Multiversum Omnibus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Malenfant. Ich sage nur, wie ich die Dinge sehe.«
    Er leckte sich die Lippen mit einer Zunge, die sich wie ein Stück Holz anfühlte.
    »Sag mir eins«, sagte sie. »Als wir damals in der verdammten T-38 über Afrika waren und das Rad am Himmel erschien …«
    »Ja.«
    »Du hättest abdrehen können.«
    Er schloss die Augen und dachte an jene Momente zurück, die gleißend hellen Sekunden des Zusammenpralls, als er und Emma unter der heißen Sonne Afrikas vor dem rätselhaften fremden Artefakt hingen.
    Ja. Er erinnerte sich, wie die Steuerung für eine Sekunde reagiert hatte. Er hatte die Bewegung des Steuerknüppels gespürt. Er wusste, dass er in der Lage gewesen wäre, das Steuer vor der Ebene des Rads herumzureißen. Es war eine Chance. Er hatte sie nicht genutzt.
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    »Ja«, krächzte er. »Und dann …«
    Und dann hatte er einen Anflug des Überschwangs verspürt – das Gefühl von Freiheit und Abenteuer, als die T-38 aufs Rad zu-schoss, als er merkte, wie das Flugzeug seiner Kontrolle entglitt, als der große blaue Kreis auf ihn zuraste und er den Punkt erreichte, an dem er nichts mehr zu tun vermochte.
    »Woher weißt du das? Die gekoppelten Instrumente …«
    »Ich musste gar nicht auf die Instrumente sehen, Malenfant. Ich kannte dich doch. Es ist eben so – deine Art, der Mensch, der du bist. Du musstest es so zwangsläufig tun, wie du atmest oder im Schlaf furzt.«
    »Tue ich das wirklich?«
    »Ich habe nie den richtigen Zeitpunkt erwischt, um es dir zu sagen.«
    »Du hast dir einen Deppen ausgesucht.«
    »Armer Malenfant. Das Universum hat für dich nie einen Sinn ergeben, stimmt's? Weder in Bezug auf das Fermi-Paradoxon noch auf dich selbst oder hinsichtlich des Verhältnisses zu deiner Grundschullehrerin.«
    »Sie war wirklich ein Arschloch.«
    »Ich habe immer über dich Bescheid gewusst, was du bist und was du werden musstest. Von Anfang an habe ich es gewusst. Und ich bin trotzdem mit dir gegangen. Was sagt das nun über mich aus …? Vielleicht gleichen wir uns doch, du und ich.« Sie drückte ihm die Augen zu. »Schlaf jetzt.«
    Schlaf stellte sich nicht ein. Dafür hielt das Gefühl des Bedauerns an.
    »Hör zu, Malenfant. Ich habe mich entschieden. Du hast Recht.
    Ich will versuchen, die Daimonen aufzuspüren – Homo superior oder was auch immer sie sind. Jedes Mal, wenn dieser verdammte Mond einen Satz macht, müssen Leute leiden und sterben: Hier 546
    auf dem Mond und auf allen Erden. Was gibt diesen Typen das Recht, mit so vielen Leben zu spielen – mit vielen Milliarden Leben?«
    »Und du willst sie aufhalten?«
    »Malenfant, ich weiß noch nicht, was ich tun werde. Ich habe keinen Plan mehr entwickelt, seit ich durch dieses blaue Rad gefallen und hier in diesem Misthaufen gelandet bin. Ich werde tun, was ich immer getan habe. Ich werde improvisieren.«
    »Pass auf dich auf.«
    »Weil du nicht mehr da sein wirst, um auf mich aufzupassen?
    Malenfant, falls es deiner Aufmerksamkeit entgangen sein sollte, ich habe dich gerettet. Du hast doch nicht mehr zustande gebracht, als dein Raumschiff, deine Kameradin und die Ausrüstung zu verlieren und in Gefangenschaft zu geraten. Und das gleich zweimal.«
    »Zorn kann ein gutes Gefühl sein.«
    »Ja. Vielleicht brauche ich das auch. Einen Feind. Jemanden, auf den ich wütend sein kann. Das heißt, jemand anderes als dich.«
    »Wieso hier?«
    »Was?«
    »Wieso geht es gerade hier und jetzt zu Ende, fern der Heimat?«
    »Du stellst immer so große Fragen, Malenfant. Große Fragen, auf die es keine Antwort gibt. Wieso gibt es keine Aliens? Wieso gibt es überhaupt etwas anstatt gar nichts …?«
    »Ich meine das ernst. Wieso musste ich mit einer Witzfigur wie Lobegott aneinander geraten? Wieso war es nicht …«
    »Bedeutungsvoller? Aber es ist bedeutungsvoll, Malenfant. Es gibt eine tiefere Logik. Und das hat auch nichts mit dem Roten Mond, dem Fermi-Paradoxon und dergleichen zu tun. Es liegt an dir, Malenfant. Es liegt an uns. Deinem ganzen Leben hat eine Logik innegewohnt, die dich an diesen Ort und in diese Zeit geführt hat. Es musste einfach so kommen.«
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    »Das Universum ist bedeutungslos. Das willst du damit sagen.«
    »Ich glaube schon … Aber es gibt noch andere Universen. Das wissen wir bereits. Wir haben sie gesehen. Sind uns andere Schicksale bestimmt, Malenfant? … Malenfant!«
    Der Tunnel verlängerte sich und füllte sich mit einer öligen Dunkelheit. Ihr Gesicht war wie eine entfernte Boje, ein Lichtpunkt wie ein Stern in einem

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