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Das Mysterium Des Himmels

Das Mysterium Des Himmels

Titel: Das Mysterium Des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Gardein
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der große weise Mann gesagt hatte, Ekuos gehöre zu den Auserwählten. Von nun an wird Ekuos die Herde führen, bis die Götter entschieden haben, wie sein Leben verlaufen soll. Er wird einsam leben und warten, bis sie zu ihm sprechen.
    Die fortgeworfene Feder wurde durch einen Windstoß hochgeschleudert. Sie malte einen Baum ins Licht und in diesem Baum hing Atles, sein Bruder. Man hatte ihn entkleidet und ihm die Haut vom Leib geschnitten. Jemand hatte ihn geschändet. Nur dem Vieh wurde so das Haar geschoren, wie man es bei Atles getan hatte. Ekuos hatte sein zweites Gesicht. Was war nur geschehen? Die Götter löschten das Bild aus und gaben keine Antwort.
    Ekuos machte Matu ein Zeichen. Sofort wollte er mit der Herde hinunter in die Dörfer ihrer Sippen. Doch so schnell ging das nicht. Noch waren sie mit der Herde hinter dem Berg, der sie vom Tal ihrer Dörfer trennte. Auch war sich Ekuos längst nicht sicher, was er da genau gesehen hatte. Seine Pflicht war es, die Tiere gut genährt und ohne Verluste zu den Familien zurückzubringen. Den Verlust einer Herde konnte keine Sippe überleben. Aber er war nicht nur der Hirte der Tiere. Auch für die Menschen unten im Tal trug er die Verantwortung. Sie glaubten fest daran, dass er für sie mit den Göttern sprach.
    Ekuos trat vom Pfad aus an einen Waldsaum und betrachtete die Bäume. Jeder von ihnen starb und wurde wiedergeboren. In ihnen wohnten nicht sichtbare Götter. Seine Sippen besaßen einen Stammbaum, den sie verehrten und manchmal lugte der Baumgott zwischen den Blättern hindurch. Dann war es soweit, dass sie ihm ein Opfer darbrachten. Ein Mensch wurde ins Geäst geflochten und sein Blut nährte den Baumgott. Genau das hatte er gesehen und das Opfer war Atles, sein Bruder. Er konnte das nicht glauben. Atles bewegte sich im Kreis seiner Freunde und die entfernten sich nie weit von den Häusern.
    Zwei Bäume standen allein neben einem Rinnsal. Ekuos schritt um eine Eiche, denn sie schützte ihn vor Krankheiten. Aber ihn lockte die in der Nähe der Eiche stehende Eberesche. Die Menschen der Dörfer suchten nach langen und harten Wintern diesen Baum auf, denn er zeigte den Frühling an. Ekuos setzte sich in der Nähe des Baumes auf einen Felsbrocken. Die Eberesche wurde verehrt, weil sie den Menschen vor bösem Zauber beschützte. Ekuos wartete auf eine Antwort. Es war möglich, dass ihn nur ein böser Zauber die Bilder des getöteten Atles in den Kopf gebracht hatte. Wenn Atles bereits auf der Reise in die Anderswelt war, dann müsste Ekuos ein Glücksgefühl haben. Es gab für einen Menschen nichts Wundervolleres, als die Anderswelt zu besuchen. Doch Ekuos hatte an die Alten und die Kinder zu denken. Wer würde sie versorgen, wenn die jungen Männer starben? Ekuos erhob sich und nahm einen abgefallenen Zweig der Eberesche auf. Er trug das Zeichen des Glücks nun bei sich.
    »Wir müssen Atles finden«, rief Ekuos.
    Matu sah hinüber.
    »Wir laufen zur Talbeuge und bitten unsere Erdmutter um Beistand. Von dort aus folgen wir Kida, sie wird uns den schnelleren Weg zeigen.« Ekuos schnalzte und die Tiere eilten ihm nach. Gehe du mit der Herde, hatten ihm einst die Dorfweisen gesagt und ihm verboten, mit jemandem sonst zu sprechen, bis die Götter sich ihm offenbarten und ihm ihre Weisungen gaben.
    Matu musste schnaufen, weil Ekuos so schnell lief. Aus dem Tal kam kein Laut. Nicht einmal die Blätter bewegten sich. Wie gerne wäre er jetzt zu Hause. Wenn er die schweren Wassereimer ins Haus getragen hatte, war ein warmes Lächeln im Gesicht der Mutter gewesen. Sie lächelte nicht mehr sehr oft, seit der Sohn nicht mehr im Haus war. Warum sprach im Dorf niemand mehr über die vermissten Männer? Ein Reiter war gekommen und die alten Männer hatten sich in das große Haus zurückgezogen, ein paar Tage später waren einige auserwählt worden. Wo waren die Männer hin? Es hatte geheißen, sie wären in den Kampf gezogen. Matu schmerzte der Kopf.
    Während er lief, wollte er nicht denken. Wirklich still war es in der Natur nie. Sie sprachen untereinander, die Bäume, die Vögel, die Bodentiere und mit ihnen flüsterte auch der Wind. Doch Matu verstand ihre Sprache nicht. Er war nicht wie Ekuos, der auch an einem Bach sitzen konnte und mit dem Wasser murmelte. Er war froh, wenn er unter einem Baum lag, die Herde friedlich blieb und niemand mit ihm sprechen wollte, den er nicht sehen konnte. Jedes unserer Täler hat einen eigenen Himmel, hatten die alten Weisen

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