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Das nasse Grab

Das nasse Grab

Titel: Das nasse Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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Erschüttert überblickten sie den angerichteten Schaden. Etwa die Hälfte der Segel waren zerfetzt. Zwei Mastspitzen waren abgebrochen. An vielen Stellen klafften dunkle Löcher im Deck.
    »Es waren nur zwei«, sprach Tertish das aus, was sie alle dachten. »Ein ganzer Schwarm hätte vom Schiff und uns nichts übrig gelassen.«
    Sosona erschien auf Deck und begab sich zu den Kriegerinnen, die sich um die Verletzten und Toten kümmerten. Bald darauf stand fest, daß sieben Amazonen durch die Entersegler ums Leben gekommen waren.
    »Glaubt ihr immer noch, daß es ein Kinderspiel sein wird, Zaem und Burra zu befreien?« fragte die Hexe.
    Gudun winkte heftig ab.
    »Jetzt gilt es erst recht, sie zu finden und mit ihnen das Böse zu bekämpfen! Wir werden unsere toten Gefährtinnen rächen!«
    Tertish und Gorma nickten zustimmend. Der Regen peitschte in ihre Gesichter. Sosona nickte nur und blickte vielsagend in den blitzenden Himmel.
    Sie alle wußten, daß sie gar nichts tun konnten, solange das Unwetter anhielt. Die Sturmbrecher wurde zum Spielball der entfesselten Naturgewalten. Was die Entersegler begonnen hatten, drohte der Sturm zu vollenden.
    Doch wieder war es, als hielten die Zaubermütter selbst ihre schützenden Hände über das Schiff. Der Sturm flaute innerhalb kurzer Zeit ab, und als der neue Tag heraufdämmerte, war das Meer ruhig.
    »Es ist ein Omen«, flüsterte Gorma.
    Die Hexe sagte nichts darauf.

2.
    Als die Umrisse der Insel sich aus den grauen Nebeln schälten, die sich gegen Abend auf das Wasser gelegt hatten, waren die schlimmsten Schäden behoben. Die meisten Segeltücher waren geflickt, die zersplitterten Decksplanken durch neue ersetzt worden. Ein leichter Wind blähte die Segel der Sturmbrecher.
    Tertish, Gudun und Gorma standen zusammen mit Sosona im Bugkastell. Der Himmel war jetzt klar.
    »Mnora-Lör«, sagte die Hexe mit schwerer Stimme. »Dort beginnt das Nasse Grab.«
    »Werden wir an Land gehen?« fragte Gudun.
    »Es gibt eine Stadt auf der Insel«, erklärte die Hexe. »Niemand weiß, ob der Name Loma ihr von den Ausgestoßenen gegeben wurde oder noch aus den Tagen Singaras stammt. Wenn wir unseren Kurs beibehalten, steuern wir genau auf sie zu. Sie liegt an der Ostflanke der Insel, hat aber keinen Hafen.« Sie nickte. »Natürlich werden wir versuchen, einige Auskünfte von den Bewohnern zu erhalten. Doch ankern sollten wir weit genug draußen vor der Küste.« Wozu diese Vorsicht? fragten sich die Amazonen. Wenn die Stadt keinen Hafen besitzt, bleibt uns gar nichts anderes übrig. Aber warum betont Sosona dies so sehr?
    »Denkt an das, was ich euch sagte«, mahnte die Hexe noch einmal. »Vielleicht wäre es besser, die Nacht noch auf dem Schiff zu verbringen.«
    Tertish schüttelte energisch den Kopf.
    »Je länger wir warten, desto größer ist die Gefahr, nochmals von Enterseglern angegriffen zu werden, oder daß das Wetter abermals umschlägt.«
    »Wir ankern und fliegen mit den Ballonen an Land!« kam es von Gudun. Gorma nickte zustimmend.
    »Sicher darfst du uns aber sagen, was du damit andeuten wolltest, daß sich die Verbannten verändert hätten?« fragte Gudun. »Daß sie keine wirklichen Menschen mehr seien?«
    Sosonas Miene verfinsterte sich.
    »Es heißt, daß nicht alle Bewohner der Insel von der Veränderung betroffen sind«, sagte sie gedehnt. »Ihr werdet es sehen, sobald wir an Land sind.«
    Der Mond stand hell und klar am Himmel, als die Sturmbrecher vor einer Bucht Anker warf. Gorma, Gudun und Sosona sammelten eine Handvoll Kriegerinnen um sich und stiegen in die Gondeln, während Tertish an Bord zurückblieb.
    Die Halteleinen wurden gelöst. Die drei Ballone trieben in die Bucht hinein und auf das Land zu. Der Schein von Feuern wies den Amazonen in der Dunkelheit den Weg zur Stadt. Zwei, drei Bogenschüsse vor den ersten Lehm- und Steinbauten ließen sie die Ballone zu Boden sinken, sprangen ab und verankerten sie mit dicken Seilen an kräftigen Baumstämmen und Felsen.
    Die Feuer brannten auf freien Plätzen zwischen den düsteren, einfachen Häusern, und es war, als müßten die Flammen gegen die Feuchtigkeit kämpfen, die hier allgegenwärtig war. Die Luft war von ihr erfüllt. Feine Nebelperlen legten sich wie Tau auf die Rüstungen und Haare der Kriegerinnen. Ein lauer Wind trug den Geruch von Moder und Schlick herüber, den Gestank von faulendem Fisch und Tang.
    Gudun rümpfte die Nase.
    »Kein Mensch zu sehen«, sagte sie halblaut. »Kein Wunder, bei dem

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