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Das Orakel von Theran

Das Orakel von Theran

Titel: Das Orakel von Theran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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menschliche Bande und Gefühle, die das Böse nicht abzutöten vermochte, obgleich sie sich in Drudins Gewalt befanden.
    Nyala durfte noch immer hoffen, dass Drudin ihr beide Männer zurückgeben würde. Den Preis dafür kannte sie, er war hoch. Der Preis war Mythor.
    Das Schreien aus der Orakelhalle wurde immer unerträglicher.
    Schließlich drehte sich der dritte Mann um. Es war Oburus, der Hüne mit der wie gerußten Haut, der Anführer von Drudins Todesreitern. Er wandte sich dem Orakeldiener Lassat zu, der sich längst in seiner Gewalt befand, und trug ihm auf: »Bringe Mythor dazu, dem Orakel das Wissen über sich zu entreißen. Versagst du, dann…«
    Oburus brauchte die Drohung nicht auszusprechen. Er hätte sie sich überhaupt ersparen können, denn Lassat war sound so verloren. Der Orakeldiener trat auf den Rundgang hinaus und kam nicht wieder zurück.
    Jetzt wandte sich Oburus ihr zu. Als sein gläsernes Gesicht sich ihr näherte, wurde ihr bang zumute.
    »Lassat hat versagt, nun ist die Reihe an dir, Nyala«, sagte Oburus, aus dessen Mund Drudin sprach. »Du hast Mythors Vertrauen zurückgewonnen. Jetzt mache Gebrauch davon. Geh zu ihm und gib ihm den Dämonenkuss . Wenn du ihn bezwingst, dann sind Krude und O’Marn frei.«
    Ohne eine Antwort zu geben, entfernte sich Nyala und ging in die Orakelhalle hinunter.
    *
    »Nyala!« rief Mythor, als er die Frau in der Schlangenhaut auf sich zukommen sah. Er wurde sich bewusst, dass er Herzog Krudes Tochter in dem allgemeinen Chaos völlig vergessen hatte. Und wo war Luxon?
    Mythor riss sich von Gorel los und eilte Nyala entgegen. Doch als er nur noch drei Schritte von ihr entfernt war, zögerte er. Ihr schönes Gesicht war seltsam gezeichnet, es lag ein Ausdruck darin, den er nicht deuten konnte. »Was ist mit dir?« fragte er.
    »Du hast mich vergessen, Mythor«, sagte Nyala und blieb ebenfalls stehen. »Dabei habe ich dich so sehr gebeten, mich an deiner Seite sein zu lassen, wenn du vor das Orakel hintrittst.«
    »Weißt du denn eigentlich, was um uns vorgeht?« fragte er.
    »Besser als du«, antwortete Nyala. Sie lächelte auf einmal und kam wieder auf ihn zu. Als sie ihn erreicht hatte, legte sie ihm die Hände auf die Schultern.
    Mythor stellte fest, dass ihr Gesicht nicht mehr verkrampft war. Sie wirkte gelöst, so als habe sie ihren inneren Frieden gefunden.
    »Ich hatte einen harten Kampf mit mir auszufechten«, sagte sie, und ihre Lippen waren ihm dabei ganz nahe und kamen näher. Dabei fuhr sie fort: »Ich brauche den Wahrspruch des Orakels nicht, ich weiß auch so, wer du bist. Du bist der Sohn des Kometen, Mythor. Es ist sogar besser für dich, dass das Orakel nicht gesprochen hat.«
    »Wie… meinst du das?« wollte Mythor zögernd wissen.
    Ihre Lippen waren nun schon so nahe, dass sie die seinen fast berührten. Es war Wahnsinn! Um ihn brach die Ordnung des Orakels zusammen, drängten die Dunklen Mächte nach und trieben die Orakel-Trolle in geistige Umnachtung – und er ließ sich von dieser Frau betören.
    »Rühre dich nicht vom Fleck, Mythor«, sagte Nyala flüsternd und betrachtete ihn mit tränenfeuchten Augen, die über sein Gesicht irrten, als wolle sie noch einmal jede Einzelheit darin auskosten. Sie fuhr fort: »Behalte deinen Gesichtsausdruck bei, auch wenn es dich noch so entsetzt, was ich dir nun sage. Ich möchte dich so in Erinnerung haben, wie du jetzt bist. Du hast mir erzählt, dass du meinen Vater in Begleitung dreier schwarzer Reiter gesehen hast. Zwei von ihnen sind Coerl O’Marn und ein Hüne namens Oburus. Dieser ist der Anführer von Drudins Todesreitern, die den Auftrag haben, dich zur Strecke zu bringen. Der vierte bin ich.«
    Mythor wollte im ersten Moment erschrocken zurückweichen, doch er hielt an sich. Nyalas Gesicht bot einen so lieblichen Anblick, während sie diese schrecklichen Worte sagte, dass er seinen Ohren nicht traute.
    »Oburus hat mich geschickt, dir den Dämonenkuss zu geben«, sagte Nyala. »Aber ich kann es nicht, ich kann dich nicht verraten. Denn nichts, was Dämonen mir bieten könnten, wäre diesen Verrat wert.«
    Der Ausdruck ihres Gesichts wandelte sich plötzlich, es spiegelten sich Angst und Verzweiflung darin. Sie stieß Mythor von sich und schrie: »Flieh, lauf um dein Leben, Sohn des Kometen!«
    Mythor taumelte zurück. Er fasste sich und wollte zu Nyala zurückeilen. Doch da bannte ihn das Entsetzen auf seinen Platz.
    Nyalas letzte Worte hallten deutlich durch die Orakelhalle. Zweifellos

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