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Das Orakel von Theran

Das Orakel von Theran

Titel: Das Orakel von Theran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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Ernst Vlcek
    Das Orakel von Theran
    Etwas
    Was das Licht nicht kennt, kann auch nicht ermessen, was das Dunkel ist, in dem es erwacht.
    Und etwas, das keine Ahnung von der Vielfalt des Lebens hat, kann sich über seine eigene Unfertigkeit kein Urteil bilden.
    Dieses Etwas fühlte zuallererst eine Regung in sich, einen ersten Impuls des Werdens. Etwas war für sich allein, aber es verspürte noch keine Einsamkeit. Denn das Alleinsein im Dunkeln war die erste Erkenntnis seiner Existenz; von anderen Formen des Lebens oder des Zusammenlebens wusste es noch nichts.
    Etwas war gerade erwacht. Es hatte die beengende Hülle abgestreift, hatte einen Kerker verlassen. Etwas fühlte sich nun frei. Es folgte ein Aufatmen, ein erstes Atemholen, eine Umschau und eine Einkehr in sich selbst.
    Doch da war noch nicht viel.
    Überall Schwärze, worin Etwas trieb. Selbst sah es sich als formloses Ding und als nicht viel mehr als das schwarze Nichts ringsum. Doch in Etwas war ein steter Strom, es spürte, wie es von einer Kraft durchflutet wurde, die es formte und stärker werden ließ. Etwas regte sich und dehnte sich aus.
    Etwas hatte einiges auf den Weg aus dem Gefängnis mitbekommen. Diese Hinterlassenschaft von Unbekannt, das Erbe von einem anderen Etwas, war Wissen und diese nicht zu erklärende Kraft. Mit dem Wissen konnte Etwas noch nichts anfangen, denn es musste erst selbst Erfahrungen sammeln, um vergleichen und urteilen und solchermaßen erkennen zu können. Der Kraftfluss aus unerklärlicher Quelle trieb Etwas dazu an, das vererbte Wissen einzusetzen und das Dunkel zu erforschen.
    Es dauerte, bis Etwas erkannte, dass Regungen und Anstöße nicht nur aus ihm selbst kamen, sondern auch ringsum waren. Und das umliegende Dunkel war nicht nur eintönige Schwärze, sondern es besaß sehr wohl eine Formenwelt.
    Aus dem vormals dunklen Einerlei schälten sich Formen heraus, nahmen immer mehr Gestalt an, und sie bewegten und veränderten sich. Diese Erkenntnisse erregten Etwas in höchstem Maß. Es begriff, dass das noch weit mehr war als das Dunkel des ersten Augenblicks und auch viel mehr als die Formen des ersten Erkennens.
    Etwas forschte weiter und lernte. Etwas nahm alle Eindrücke in sich auf, verarbeitete sie mittels seines ererbten Wissens und erlernte die Fähigkeiten des Sehens und des Hörens, und es entwickelte diese Fähigkeiten immer weiter, baute sie aus, bis es schauen konnte.
    Und das, was Etwas sah, ließ es gebannt innehalten. Fasziniert und mit steigender Erregung ließ es die Bilder auf sich einströmen, die von irgendwo kamen, von Orten, die Etwas noch nicht bestimmen konnte.
    Diese sich bewegenden Bilder hatten eine Sendung, die Etwas deutlich hören konnte. Nur war es noch nicht in der Lage, die Botschaft zu verstehen, zu sehr war der Inhalt noch verschlüsselt. Aber Etwas lernte rasch, und so erkannte es bald, dass die Sendung nichts weiter als reine Kraft war, die auf es überfloss und es stärkte. Und es kam schnell dahinter, dass zwischen dem Kraftstrom und den Bilderformen ein Zusammenhang bestand, dass alles einer bestimmten Ordnung unterlag.
    Wenn einer der Schemen sich veränderte, in sich zusammensank oder sich einfach auflöste, dann empfing Etwas eine der Sendungen, dann wurde jene Lebenskraft frei, die Etwas so gierig in sich aufsog.
    Es wurde viel von dieser Kraft frei in diesen Momenten. Viele der schönen, fremdartigen Formen verloren sich, wurden ausgelöscht, hörten einfach auf zu sein.
    Davon lebte Etwas, davon wurde es stark, diese Kraft ließ es wachsen. Was Etwas sah, waren Bilder vom Kämpfen und Sterben. Unzähliges Leben musste vernichtet werden, um Etwas zu stärken, damit es mächtig genug wurde, um aus sich selbst ein lebendes Wesen zu formen.
    Es war schon ein solches Sterben notwendig, wie es bei der Schlacht im Hochmoor von Dhuannin stattfand, um ein Wesen wie Etwas entstehen zu lassen. Viele Krieger mussten ihre Kraft geben, um Etwas ein Dasein zu ermöglichen.
    Aber damit war Etwas noch längst nicht vollkommen, es blieb ein unfertiges Ding – ein Schatten in der Schwärze. Es trug viel in sich, doch um die gespeicherte Kraft und das ererbte und neu beschaffte Wissen richtig anwenden zu können, benötigte es noch etwas: einen Körper!
    Einen solchen Körper, wie ihn viele im Hochmoor von Dhuannin aufgegeben hatten, brauchte es, um von einem Etwas zu einem Jemand zu werden. Denn im richtigen Körper war es noch weiter entwicklungsfähig, das spürte Etwas. Und so machte es

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