Das Paradies am Fluss
Fluss lag, die Ballkleider, die Uniformen, die Royal Marines’ Band, die bei Sonnenuntergang auf dem Quarterdeck spielte … Der Sommerball war das romantischste, aufregendste Fest, das Kate je besucht hatte; sie hätte sich nichts Herrlicheres vorstellen können. Sie hatte sich auf der Stelle verliebt: in Dartmouth, den Fluss, die Marine – und in den hochgewachsenen, gut aussehenden Mark, der all diese Wunder zu verkörpern schien.
Vielleicht hatte Cass ja recht, dachte Kate. Sie und Mark hatten Telefonnummern und Adressen ausgetauscht und wollten sich treffen, aber sie war immer noch frei, auf eine Party zu gehen. Sie war ihm gegenüber in keiner Weise verpflichtet, und es wäre verrückt gewesen, eine solche Gelegenheit auszulassen. Vielleicht würde es Mark sogar beeindrucken, dass sie zur Party eines so beliebten vorgesetzten Offiziers eingeladen war. Nein, sie gab Cass nun recht: Sie würde Spaß haben, und wenn sie nicht hinging, würde sie es bereuen.
Doch als sie aus dem Zug ausstieg, wobei sie hoffte, dass ihr Etuikleid nicht allzu zerknittert war, und ihr Köfferchen festhielt, überfiel die Nervosität sie erneut. Sie würde niemanden kennen außer Cass – und Tom, aber ihn hatte sie bisher nur flüchtig kennengelernt –, und sie würde hoffnungslos überfordert sein. Kate wünschte, sie wäre nicht gekommen, und überlegte sogar, wieder in den sicheren Zug zu steigen, doch dann tauchten aus dem Getümmel der Feriengäste auf dem Bahnsteig zwei junge Männer auf.
»Kate«, rief einer von ihnen, ein blonder, ziemlich stämmiger junger Mann mit einem warmherzigen Lächeln. »Sie sind Kate, nicht wahr? Wir sind uns auf dem Sommerball begegnet. Johnnie Trehearne.« Sofort erinnerte sie sich an ihn und nahm mit großer Erleichterung seine ausgestreckte Hand. »Und das ist mein Cousin Fred Grenvile.« Er wandte sich seinem Begleiter zu, der größer als er war. »Du hast gesagt, du hättest Kate auf dem Ball kennengelernt, Fred.«
»Sie waren in Begleitung von Mark Webster.« Fred schüttelte ihr seinerseits die Hand und schenkte ihr ein anerkennendes Grinsen. »Wir waren uns alle einig, dass er Sie nicht verdient.«
Sie lachte und fühlte sich mit einem Mal herrlich zuversichtlich. Er nahm ihre Tasche, und sie gingen alle auf den Bahnhofsparkplatz hinaus, wo ein Hillman Imp wartete.
»Der Wagen meiner Mutter«, erklärte Johnnie ziemlich bedauernd und tätschelte zärtlich die auf der Beifahrerseite eingebeulte Stoßstange. »Aber sie geht sehr großzügig damit um. Al hat ihn letzte Woche eingedellt, und ich muss sagen, dass sie es äußerst gelassen hingenommen hat. Doch andererseits kann Al bei ihr auch nichts verkehrt machen. Haben Sie meinen großen Bruder Al schon kennengelernt?«
Er hielt ihr die Beifahrertür auf, und Kate stieg ein, setzte sich auf den von der Sonne erwärmten Sitz und überlegte, ob sie Al kannte. Es waren so viele junge Männer auf dem Ball gewesen, die in ihren Uniformen alle gleich ausgesehen und Vitalität und Selbstbewusstsein ausgestrahlt hatten.
»Wenn nicht, macht es auch nichts«, meinte Fred, kletterte hinter ihr in den Wagen und beugte sich nach vorn. »Können Sie in einer Minute nachholen. Er wollte Sie abholen, aber wir haben eine Münze geworfen, und Johnnie und ich haben gewonnen.«
Instinktiv wusste Kate, dass das nicht stimmte und die beiden jungen Burschen abkommandiert worden waren, um einen ziemlich unbedeutenden Gast am Bahnhof in Empfang zu nehmen, doch Freds Höflichkeit wärmte ihr das Herz.
»Ich freue mich darauf«, erklärte sie. »Ich erinnere mich an Sie und Johnnie, aber nicht an Al.«
»Aha«, schrie Fred triumphierend und schlug Johnnie auf die Schulter. »Eins zu null für uns, Johnnie, mein Junge! Sie erinnert sich an uns, jedoch nicht an Al! Das war noch nie da. Kate, Sie müssen ihm das unbedingt sagen, wenn Sie ihn treffen. Das machen Sie doch, oder? Ich kann es kaum abwarten, seine Miene zu sehen.«
Kate warf Johnnie, der vom Parkplatz fuhr, einen Blick zu und sah, dass er ebenfalls lächelte, und sie fühlte sich von einer irrationalen und überwältigenden Zuneigung zu diesen beiden jungen Männern, Johnnie und Fred, erfüllt.
Der Zug rattert von der Brücke hinunter, und Kate lehnt sich zögernd zurück. Der Mann gegenüber beobachtet sie ziemlich nervös. Nun hebt er die Zeitung ein wenig höher und schirmt sich ab, und Kate ist ihren Erinnerungen überlassen, den Geistern ihrer Jugend und dieser ersten Party im Haus der
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