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Das Phantom von Manhattan - Roman

Titel: Das Phantom von Manhattan - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth Wulf Bergner
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mehr als fünfzehn Kilometer langen Kupferleitungen versorgt wurden. In den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde die Beleuchtung der Oper schrittweise auf Elektrizität umgestellt.
    Dies war das hochdramatische Gebäude, das Gaston Leroux’ lebhafte Phantasie anregte, als er es im Jahr 1910 besichtigte und erstmals davon reden hörte, in der Oper habe vor Jahren ein Phantom gelebt; Dinge seien spurlos verschwunden, es habe unerklärliche Vorfälle gegeben, und gelegentlich sei eine schemenhafte Gestalt lautlos aus dunklen Ecken aufgetaucht und davongerannt - immer zu den Katakomben hinunter, wohin ihr niemand zu folgen wagte. Diese zwanzig Jahre alten Gerüchte lieferten Leroux den Stoff für seinen Roman.
    Der alte Gaston scheint ein Mann gewesen zu sein, mit dem man gern in einem Pariser Café einen Drink nehmen würde, wenn die seither vergangenen neunzig Jahre sich nur irgendwie überbrücken ließen. Er war großgewachsen, jovial, prahlerisch und fröhlich:
ein Bonvivant und großzügiger Gastgeber, der mit dem Kneifer, den er wegen seiner schlechten Augen tragen mußte, leicht exzentrisch wirkte.
    Er wurde 1868 geboren, und obwohl seine Familie aus der Normandie stammte, erblickte er das Licht der Welt in Paris, weil bei seiner Mutter, die auf einer Bahnreise dort umsteigen mußte, unerwartet früh die Wehen einsetzten. Da er in der Schule gut war, sollte er, wie bei intelligenten Jungen aus dem französischen Mittelstand üblich, Anwalt werden; und so kam er mit achtzehn Jahren nach Paris, um Jura zu studieren. Aber dieses Studium behagte ihm nicht. Er war einundzwanzig, als er die Abschlußprüfung ablegte. Im selben Jahr starb sein Vater und hinterließ ihm eine Million Francs - damals ein beträchtliches Vermögen. Papa war kaum unter der Erde, als der junge Gaston begann, kräftig auf die Pauke zu hauen. Innerhalb von sechs Monaten hatte er das ganze Vermögen durchgebracht!
    Da ihn statt der Juristerei der Journalismus lockte, nahm er eine Stelle als Reporter beim Echo de Paris und später beim Le Matin an. Er entdeckte seine Liebe fürs Theater und schrieb einige Theaterkritiken, aber dank seines Jurastudiums wurde er zu einem Star unter den Gerichtsreportern und mußte in dieser Funktion einigen Hinrichtungen mit der Guillotine beiwohnen. Das machte ihn zu einem Gegner der Todesstrafe - eine für die damalige Zeit höchst ungewöhnliche Einstellung. Mit Erfindungsreichtum und Kühnheit schnappte er der Konkurrenz eine tolle Story nach der anderen vor der Nase weg und sicherte
seiner Zeitung Interviews mit öffentlichkeitsscheuen Berühmtheiten. Le Matin belohnte ihn dafür mit dem Posten eines Auslandskorrespondenten.
    In der damaligen Zeit hatten Zeitungsleser nichts dagegen, wenn Auslandskorrespondenten eine lebhafte Phantasie besaßen, und es kam gelegentlich vor, daß ein Journalist, der, weit von der Heimat entfernt, außerstande war, die wahren Hintergründe einer Geschichte zu recherchieren, sie einfach erfand. Das eindrucksvollste Beispiel dafür lieferte ein Amerikaner von Hearst Newspapers, der mit dem Zug auf dem Balkan unterwegs war, um über einen Bürgerkrieg zu berichten. Leider schlief er im Zug ein und wachte erst in der nächsten Hauptstadt auf, in der es zufällig recht ruhig zuging. Er war ziemlich verwirrt, aber dann fiel ihm ein, daß er hergeschickt worden war, um über einen Bürgerkrieg zu berichten. Also kabelte er einen blutrünstigen Kriegsbericht. Dieser wurde von der Washingtoner Botschaft des Balkanstaats gelesen und prompt ihrer Regierung übermittelt. Während der Hearst-Mann noch schlief, mobilisierte die dortige Regierung die Miliz. Die Bauern, die Plünderungen befürchteten, rebellierten. Daraus entstand tatsächlich ein Bürgerkrieg. Als der Journalist aufwachte, fand er ein Telegramm aus New York vor, das ihm zur weltweiten Erstmeldung gratulierte. Dieses Metier war genau das richtige für Gaston Leroux.
    Reisen waren damals jedoch schwieriger und anstrengender als heute. Nachdem er zehn Jahre lang aus Westeuropa, Rußland, Asien und Afrika berichtet hatte, war er zwar berühmt, aber auch erschöpft.
1907, mit neununddreißig Jahren, beschloß er, sich zur Ruhe zu setzen und Romane zu verfassen. Tatsächlich schrieb er nur Trivialliteratur, weswegen fast keines seiner Bücher mehr erhältlich ist. Die meisten waren Kriminalromane, für die er seinen eigenen Detektiv erfand - aber seine Figur wurde nie so berühmt wie sein persönliches Ideal Sherlock

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