Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)
ihren Standpunkt klargemacht hatte, aber die Belastungen des Morgens schienen ihre Zunge gelöst zu haben. »Wir müssen sie mitnehmen«, sagte sie scharf, »sonst behaupten sie alle, Aes Sedai zu sein, sobald wir außer Sichtweite sind. Eine Frau, die behauptet, vor über dreihundert Jahren von der Burg fortgeschickt worden zu sein, wird alles behaupten! Wenn ihr mich fragt, muss man sie unter strenger Aufsicht halten, statt sie gewähren zu lassen, und vor allem jene, die das Schnelle Reisen beherrschen. Bis jetzt mögen sie ja dorthin gegangen sein, wohin Ihr sie befohlen habt, Elayne, und auch wieder zurückgekehrt sein, aber wie lange wird es noch dauern, bis eine von ihnen nicht zurückkehrt? Denkt an meine Worte, sobald eine von ihnen entkommt, werden ihr andere folgen, und wir werden ein Chaos haben, das wir niemals bewältigen können.«
»Es gibt für uns keinen Grund, irgendwohin zu gehen«, sagte Elayne entschieden, sowohl an die Schwestern gerichtet wie auch an die Gardistinnen. Das ferne Fanal befand sich noch immer an derselben Stelle, an der sie es zuerst gespürt hatte, und sollte es sich bewegen, erschien es unwahrscheinlich, dass es sich in Richtung Caemlyn bewegte oder sogar herkam, aber das Gerücht, dass die Aes Sedai eine Flucht planten, mochte genügen, um eine Massenhysterie auszulösen, ein wilder Mob, der die Tore stürmte, um vor dem zu fliehen, was Aes Sedai Angst einjagte. Ein Heer, das die Stadt stürmte, würde nicht so viele töten. Und diese drei schnatterten so unbekümmert, als könnten nur die Wandbehänge sie hören! Merilille konnte man vielleicht noch entschuldigen, aber nicht die anderen. »Wir werden hierbleiben, wie es der Amyrlin-Sitz befohlen hat, bis die Amyrlin einen anderen Befehl gibt. Die Kusinen werden weiterhin mit jeder Höflichkeit behandelt, bis man sie wieder in der Burg willkommen heißen kann, wie Ihr ganz genau wisst. Und Ihr werdet die Windsucherinnen weiterhin unterrichten und Euer Leben so führen, wie es sich für Aes Sedai gehört. Von uns wird erwartet, mit den Ängsten der Menschen umzugehen und sie zu lindern, und nicht sinnlose Furcht zu verbreiten und Gerüchte in die Welt zu setzen.«
Nun, vielleicht war das etwas zu energisch gewesen. Sareitha schaute wie eine zurechtgewiesene Novizin zu Boden. Merilille zuckte bei der Erwähnung der Windsucherinnen zusammen, aber das war zu erwarten gewesen. Die anderen gaben Unterricht, aber das Meervolk hielt Merilille so fest an der Leine wie einen ihrer Lehrlinge. Sie schlief in ihren Quartieren, und normalerweise sah man sie nie ohne zwei oder drei von ihnen, und sie ging demütig hinter ihnen her. Etwas anderes als völlige Demut kam für sie nicht infrage.
»Natürlich, Elayne«, sagte Careane hastig. »Natürlich. Keine von uns würde vorschlagen, der Amyrlin nicht zu gehorchen.« Zögernd richtete sie ihre mit grünen Fransen versehene Stola auf ihren Armen und schien sich ganz darauf zu konzentrieren. Allerdings hatte sie einen mitleidigen Blick für Merilille übrig. »Da wir gerade vom Meervolk sprechen, könntet Ihr Vandene sagen, sie soll ihren Teil des Unterrichts übernehmen?« Als Elayne schwieg, trat ein Ton in ihre Stimme, den man bei jedem anderen als einer Aes Sedai als verdrossen bezeichnet hätte. »Sie sagt, sie hat zu viel mit diesen beiden Ausreißerinnen zu tun, aber sie hat genug Zeit, um sich an manchen Abenden so lange mit mir zu unterhalten, bis ich fast einschlafe. Die beiden sind schon so eingeschüchtert, die würden nicht mal einen Mucks machen, wenn ihre Kleider in Flammen stehen. Sie brauchen ihre Aufmerksamkeit nicht. Sie könnte ihren Anteil am Unterricht für diese verfluchten Wilden übernehmen. Auch Vandene sollte anfangen, sich wie eine Aes Sedai zu benehmen!«
Sie vergaß Rang und Zurechtweisung, warf Elayne einen unheilvollen Blick zu und brauchte einen Moment, bis sie ihn unterdrücken konnte. Elayne war diejenige gewesen, die das Abkommen getroffen hatte, demzufolge die Aes Sedai die Windsucherinnen unterrichten mussten, aber bis jetzt hatte sie kaum mehr als ein paar Stunden gegeben und andere, dringendere Pflichten vorgeschützt. Davon abgesehen betrachtete das Meervolk Lehrer der Küstenbewohner wie Tagelöhner – das traf selbst auf Aes Sedai zu –, und zwar Tagelöhner, die noch unterhalb einer Küchenmagd anzusiedeln waren. Eine Küchenmagd, die sich möglicherweise bemühte, sich vor ihren Pflichten zu drücken. Elayne war noch immer fest davon
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