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Das Rad der Zeit 11. Das Original: Die Traumklinge (German Edition)

Das Rad der Zeit 11. Das Original: Die Traumklinge (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 11. Das Original: Die Traumklinge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Blick verweilte auf denen, die er nicht kannte. Da zwei Schwestern und ein Behüter von der Hand eines Mannes, der die Macht lenken konnte, gestorben waren – es erschien unmöglich, dass es zwei Mörder dieser Art gab –, betrachtete jeder fremde Männer mit Misstrauen. Zumindest jeder, der Bescheid wusste. Man hatte diese Erkenntnis nicht gerade öffentlich verkündet.
    Wieso er glaubte, den Mörder erkennen zu können, ging über ihren Horizont, es sei denn, der Mann hätte ein Banner getragen, aber sie würde sich nicht über ihn lustig machen, weil er seine Pflicht erfüllen wollte. Er war gertenschlank, mit einer kräftigen Nase und einer dicken Narbe am Unterkiefer, die er in ihren Diensten davongetragen hatte. Er war kaum mehr als ein Junge gewesen, als sie ihn gefunden hatte, gewandt und schnell wie eine Katze und bereits einer der besten Schwertkämpfer in ihrer Heimat Tarabon, und in keinem der seitdem vergangenen Jahre hatte es auch nur einen Moment gegeben, in dem er weniger Einsatz gezeigt hätte. Er hatte ihr mindestens zwanzigmal das Leben gerettet. Abgesehen von Straßenräubern und Dieben, die zu dumm waren, um eine Aes Sedai zu erkennen, konnte das Gesetz gefährlich sein, wenn die eine oder andere Seite verzweifelt versuchte, ein gegen sie gefälltes Urteil zu verhindern, und er hatte oft die Gefahr noch vor ihr erkannt.
    »Sattle Winterfink für mich, und bring dein eigenes Pferd mit«, sagte sie zu ihm. »Wir machen einen kleinen Ausritt.«
    Tervail hob leicht eine Braue, warf einen flüchtigen Blick in ihre Richtung, befestigte die Schwertscheide an der rechten Gürtelseite und ging dann mit schnellen Schritten auf dem Gehweg in Richtung Pferdeleinen. Er stellte niemals unnötige Fragen. Vielleicht war sie innerlich aufgeregter, als sie dachte.
    Sie ging wieder hinein, wickelte den Handspiegel sorgfältig in einem Seidentuch ein – gewebt im Muster eines schwarz-weißen tairenischen Labyrinths – und schob ihn zusammen mit der Haarbürste und dem Kamm in eine der beiden großen Taschen, die in ihren guten grauen Umhang genäht waren. Ihre ordentlich zusammengefaltete Stola und ein kleines Kästchen aus fein geschnitztem Schwarzholz kamen in die andere. Das Kästchen enthielt ein paar Schmuckstücke, einige hatte sie von ihrer Mutter geerbt, den Rest von ihrer Großmutter mütterlicherseits. Abgesehen von ihrem Großen Schlangenring trug sie nur selten Schmuck, aber sie nahm das Kästchen sowie Bürste, Kamm und Spiegel auf jede Reise mit, Erinnerungen an die Frauen, die sie liebte und deren Andenken und das, was sie ihr beigebracht hatten, sie ehrte. Ihre Großmutter, eine anerkannte Advokatin in Tanchico, hatte in ihr die Liebe für die Feinheiten des Gesetzes geweckt, während ihre Mutter ihr ein Beispiel dafür gewesen war, dass es immer möglich war, sich zu verbessern. Advokaten gelangten nur selten zu Reichtum, allerdings war es Collaris ziemlich gut gegangen, und ihre Tochter Aeldrine war trotz ihrer Missbilligung Kauffrau geworden und hatte mit dem Handel mit Färbemitteln ein kleines Vermögen angehäuft. Ja, es war immer möglich, sich zu verbessern, wenn man eine sich bietende Gelegenheit ergriff, so wie sie es getan hatte, als Elaida a’Roihan Siuan Sanche abgesetzt hatte. Seitdem hatten sich die Dinge natürlich nicht einmal annähernd so entwickelt, wie sie vorausgesehen hatte. Das taten die Dinge nur selten. Darum plante eine kluge Frau stets Alternativen.
    Sie zog in Erwägung, drinnen auf Tervails Rückkehr zu warten – er konnte zwei Pferde nicht in wenigen Minuten holen –, aber jetzt, da der Augenblick endlich gekommen war, schien sie ihre letzte Geduld zu verlassen. Sie legte sich den Umhang über die Schultern und löschte mit einer endgültig erscheinenden Geste die Lampen. Draußen zwang sie sich allerdings, an einer Stelle zu stehen, statt auf den groben Planken des Gehweges auf und ab zu gehen. Auf und ab zu gehen würde Aufmerksamkeit erregen, und vielleicht eine Schwester, die glaubte, sie hätte Angst, allein zu sein, veranlassen, dort stehen zu bleiben. In Wahrheit hatte sie auch Angst, jedenfalls ein bisschen. Wenn ein Mann einen töten konnte, ungesehen, unentdeckt, dann war es vernünftig, Angst zu haben. Aber sie wollte keine Gesellschaft. Sie zog die Kapuze hoch, ein Signal, in Ruhe gelassen zu werden, und schloss den Umhang.
    Eine dürre graue Katze mit zerfledderten Ohren kam heran und strich um ihre Füße. Im ganzen Lager gab es Katzen; sie

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