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Das Rad der Zeit 12. Das Original: Sturm der Finsternis (German Edition)

Das Rad der Zeit 12. Das Original: Sturm der Finsternis (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 12. Das Original: Sturm der Finsternis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan , Brandon Sanderson
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Über die Schwarzen Hügel und die Caralain-Steppe. Hier klebten noch vereinzelte Schneewehen in den Schatten unter zerklüfteten Berghängen oder vereinzelten Gruppen von Schwarzholzbäumen. Man wartete auf den Anbruch des Frühlings, dass frische Sprossen durch das Wintergras spähten und Knospen auf den Weidenbäumen erblühten. Davon gab es nur wenig. Das Land lag noch immer im Schlummer, als würde es warten, den Atem anhalten. Die unnatürliche Hitze des vorangegangenen Herbstes hatte sich bis tief in den Winter erstreckt und dem Land eine Dürre aufgezwungen, die abgesehen von den widerstandsfähigsten Pflanzen aus allem das Leben herausgekocht hatte. Als der Winter endlich eingetroffen war, war er mit Stürmen aus Eis und Schnee gekommen und einem lange anhaltenden, alles abtötenden Frost. Jetzt, da sich die Kälte endlich zurückgezogen hatte, hofften die Bauern auf ihren verstreut liegenden Höfen vergeblich.
    Der Wind strich über braunes Wintergras, schüttelte die noch immer kahlen Baumäste. Tief im Westen, als er sich dem Land namens Arad Doman näherte – hohe Berge und niedrige Gipfel –, krachte plötzlich etwas in ihn hinein. Etwas Unsichtbares, ausgebrütet von der fernen Finsternis im Norden. Etwas, das gegen die natürlichen Luftströmungen floss. Der Wind wurde davon verschlungen und durch eine Böe nach Süden geweht, über niedrige Gipfel und braune Hügel zu einem hölzernen Herrenhaus, das sich einsam auf den mit Kiefern bewachsenen Hügeln des östlichen Arad Doman erhob. Der Wind blies über das Herrenhaus und die auf einem sehr weitläufigen Rasen davor errichteten Zelte hinweg, ließ Kiefernnadeln fliegen und die Zelte erbeben.
    Rand al’Thor, der Wiedergeborene Drache, stand mit auf dem Rücken gefalteten Händen vor dem offenen Fenster und sah hinaus. In Gedanken bezeichnete er sie noch immer so, seine »Hände«, obwohl er jetzt nur noch eine hatte. Sein linker Arm endete in einem Stumpf. Mit den Fingern der guten Hand tastete er über die glatte, mit Saidar Geheilte Haut. Und doch kam es ihm so vor, als müsste die andere Hand noch immer da sein.
    Stahl, dachte er. Ich bin Stahl. Das kann nicht repariert werden, also mache ich weiter.
    Das Haus – ein Gebäude aus dickem Kiefern- und Zedernholz in einem Baustil, den reiche Domani bevorzugten – ächzte und setzte sich im Wind. Irgendwie roch er nach verfaultem Fleisch. Kein ungewöhnlicher Geruch in diesen Tagen. Fleisch verdarb ohne jede Vorwarnung, manchmal nur ein paar Minuten nach dem Schlachten. Es zu trocknen oder einzusalzen half nicht. Das war die Hand des Dunklen Königs, und sie lastete mit jedem vergehenden Tag schwerer auf allem. Wie lange noch, bevor seine Berührung überwältigend war, so ölig und Übelkeit erregend wie der Makel, der einst Saidin überzog, die männliche Hälfte der Einen Macht?
    Der Raum war breit und lang, die Außenwand war aus breiten Stämmen gezimmert. Die Innenwände bestanden aus Kiefernplanken, die noch immer einen Duft nach Harz und Beize verströmten. Der Raum war spärlich möbliert; auf dem Boden lag ein Fellteppich, über dem Kamin kreuzten sich zwei alte Schwerter, den Holzmöbeln haftete stellenweise noch Rinde an. Das ganze Anwesen war auf eine Weise eingerichtet, die verkündete, dass das ein idyllisches Heim in den Wäldern war, weit weg vom Gewimmel der großen Städte. Natürlich war es keine Hütte – dafür war es zu groß und verschwenderisch ausgestattet. Ein Zufluchtsort.
    »Rand?«, fragte eine Stimme leise. Er wandte sich nicht um, fühlte aber Mins Finger auf dem Arm. Einen Augenblick später bewegten sich die Hände zu seiner Taille, und er fühlte ihren Kopf an seinem Arm ruhen. Er konnte ihre Sorge durch den mit der Einen Macht erzeugten Bund fühlen, den sie teilten.
    Stahl, dachte er.
    »Ich weiß, dir gefällt nicht, dass …«, begann Min.
    »Das Geäst«, sagte er und wies mit dem Kopf zum Fenster. »Siehst du die Kiefern da, direkt an der Seite von Basheres Lager?«
    »Ja, Rand. Aber …«
    »Sie neigen sich in die falsche Richtung«, sagte Rand.
    Min zögerte, und obwohl sie sich nach außen hin nichts anmerken ließ, verriet ihm der Bund einen Stich der Furcht. Ihr Fenster befand sich in der oberen Etage des Hauses, und draußen flatterten Banner träge hoch über dem Lager; das Banner des Lichts und das Drachenbanner für Rand, eine viel kleinere blaue Flagge mit drei roten Königspfennigblüten, die die Anwesenheit von Haus Bashere verkündete.

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