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Monströs (German Edition)

Monströs (German Edition)

Titel: Monströs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Karlden
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1
     
    HEUTE
     
    »Ich bin es!«
    Drei ganz normale Worte. Für ihn aber hatten sie die Wirkung einer Rechts-links-Kombination mit einem abschließenden Aufwärtshaken zum Kinn. Er fühlte sich kraftlos und benommen. Für einen Moment glaubte er, zu taumeln und die Bodenhaftung zu verlieren. Seit über sechs Jahren hatte er keinen Kontakt mehr zu seinem Bruder gehabt, und dennoch hatte er jetzt dessen Stimme am Telefon sofort erkannt. Es war die Stimme, die für alles stand, vor dem er für immer hatte fliehen wollen. Er war wie gelähmt, unfähig, einen Ton herauszubringen. Aber warum? Warum tat er ihm das an?
    Er ließ das Telefon sinken, ging barfuß, noch in der Unterwäsche vom Vortag vom Schlafzimmer in die Küche und setzte sich an den kleinen Tisch. Sein leerer Blick streifte die heruntergekommene Küchenzeile. Schnell schloss er die Augen, drückte die Lider zusammen und wünschte, er wäre jemand anderes.
    Schließlich blies er die angehaltene Luft aus und hob das Telefon langsam wieder ans Ohr. Am Rauschen in der Leitung hörte er, dass sein Bruder noch nicht aufgelegt hatte. Leider.
    »Was willst du?«, flüsterte er.
    »Du musst mir helfen. Ich brauche dich hier.«
    Die dunkle Stimme seines Bruders war fordernd, wie immer. Aber etwas war anders. Die Stimme, die er so gut kannte, und der er jahrelang wie ein dressierter Hund gehorcht hatte, war nicht so klar und fest wie sonst. Er hörte die Gefahr förmlich heraus. Aus den Worten, die an sein Ohr drangen, formte sich das Bild eines rot aufleuchtenden Warnsignals in seinem Kopf.
    Er atmete tief durch, wie es sein Therapeut ihm immer wieder eingetrichtert hatte. Die Anspannung löste sich ein wenig. Was immer sein Bruder von ihm wollte, es konnte ihm egal sein. Er würde kein Risiko eingehen, denn er wusste, wie gefährlich sein Bruder für ihn war. Wenn er das Dynamit war, dann war sein Bruder das Feuer an der Zündschnur.
    »Was ist los mit dir? Hat es dir die Sprache verschlagen? Ich habe gesagt, ich brauche dich hier!«, sagte sein Bruder. Sein Tonfall brachte unmissverständlich zum Ausdruck, dass ihm die Gesprächspausen eindeutig zu lange dauerten.
    Was sollte das? Langsam kehrte seine gewohnte Kaltschnäuzigkeit zurück.
    »Das ist ausgeschlossen und das weißt du auch.«
    Die Reaktion seines Bruders kam schnell und treffsicher.
    »Du schuldest mir noch was. Ich habe dich damals auch rausgeboxt, vergiss das nicht.«
    Düstere Erinnerungen schwappten wie ein Tsunami aus seinem Unterbewusstsein an die Oberfläche. Erinnerungen, von denen er gedachte hatte, sie für immer begraben zu haben. Szenen eines früheren Lebens, grauenvoll und verstörend, krachten wie Gewitterblitze vor seinem geistigen Auge nieder.
    Er schnappte nach Luft. Er hatte geglaubt, all das Monströse, das sein zweites Ich, das Raphael getan hatte, für immer in der untersten Schublade seines Gedächtnisses verstaut und abgeschlossen zu haben. Was für ein Irrtum. Nur ein einziger Satz und die dazu passende Stimme und alles war wieder da. Es war, als ob es gestern geschehen wäre. Dabei waren sieben Jahre vergangen. Sein Therapeut würde das einen Trigger nennen. Ihm war der Fachbegriff egal, er wusste auch nicht, warum ihm das jetzt einfiel. Er wollte nur, dass es aufhörte. Die Panik, die Angst und diese Dumpfheit, die er nur zu gut kannte und die ihn in einen gefühlsdichten Kokon einweben konnte.
    Damals, dachte er. Ja, es stimmte. Ohne seinen Bruder säße er jetzt noch im Knast oder, was wahrscheinlicher war, vollgepumpt mit Beruhigungsmitteln in einer Irrenanstalt. Aber wer war Schuld an allem gewesen? Doch nicht er. Sein Bruder hatte ihm den Auftrag erteilt, wie immer. Und Raphael hatte ihn ausgeführt, wie immer, ohne zu fragen. Ohne auch nur einen Moment zu zögern, oder darüber nachzudenken, was er tat. Da war es doch selbstverständlich, dass sein Bruder ihn aus der beschissenen Lage, in die er ihn gebracht hatte, auch wieder befreite. Nur nicht auf diese Art und Weise, wie er es damals schließlich getan hatte. Aber sei es drum. Es hatte funktioniert, und wenn er ehrlich war, hatte es ihn auch nie wirklich gekümmert, wie sein Bruder das Problem aus der Welt geschafft hatte. Hauptsache er hatte es getan.
    »Ich habe dir gesagt, du sollst dich nie wieder bei mir melden«, sagte er schließlich und merkte im gleichen Moment, als er die Worte sprach, dass sie nicht endgültig genug über seine Lippen gekommen waren.
    Sein Bruder wartete kurz, bevor er antwortete.
    »Ich

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