Das Rad der Zeit 12. Das Original: Sturm der Finsternis (German Edition)
zu.
»Pst!«, machte Siuan und legte die Hände um seinen Kopf. Er verspürte ein seltsames Kribbeln. Wandte sie die Macht bei ihm an? Was geschah denn hier? Dann erkannte er das Gefühl – wie Eis in seinen Adern! Sie Heilte ihn. Aber warum? Er war nicht verwundet.
Siuan ließ ihn los, dann schwankte sie plötzlich und sah tief erschöpft aus. Er packte sie und hielt sie fest, aber sie schüttelte den Kopf und richtete sich wieder auf. »Hier«, sagte sie, ergriff seinen Schwertarm und drehte ihn um, bis sein Handgelenk zu sehen war. Dort steckte eine winzige schwarze Nadel in der Haut. Sie riss sie heraus. Bryne verspürte ein Frösteln, das nichts mit dem Heilen zu tun hatte.
»Gift?«, fragte er mit einem Blick auf den Toten. »Als er nach meinem Arm griff, war das kein normaler Todeskrampf.«
»Vermutlich war da ein Betäubungsmittel dabei«, murmelte Siuan und ließ sich von ihm dabei helfen, sich auf den Boden zu setzen. Sie warf die Nadel weg, und plötzlich explodierte sie in einer Flamme. Das Gift löste sich in der Hitze ihrer gelenkten Macht auf.
Bryne fuhr sich mit der Hand durch das Haar. Seine Stirn war schweißbedeckt. »Habt Ihr es … Geheilt?«
Siuan nickte. »Es war überraschend einfach; es war nur wenig in Eurem Körper. Aber es hätte Euch trotzdem getötet. Wenn Ihr Min das nächste Mal seht, solltet Ihr ihr danken. Sie hat gerade uns beiden das Leben gerettet.«
»Aber wäre ich nicht mitgekommen, wäre ich nicht vergiftet worden!«
»Versucht nicht, einer Vorhersage oder Vision mit Logik zu begegnen«, sagte Siuan mit einer Grimasse. »Ihr lebt, ich lebe. Ich schlage vor, wir belassen es dabei. Geht es Euch gut genug, um weitermachen zu können?«
»Spielt das eine Rolle?«, fragte Bryne. »Ich lasse Euch bestimmt nicht allein weitergehen.«
»Dann los.« Siuan holte tief Luft und kämpfte sich auf die Füße. Diese Pause war bei Weitem nicht lange genug gewesen, aber er sprach sie nicht darauf an. »Eure drei Soldaten überleben die Nacht. Ich habe für sie getan, was ich konnte.«
Egwene saß erschöpft auf einem Schutthaufen und starrte aus dem Loch in der Weißen Burg, betrachtete die in der Tiefe brennenden Feuer. Dort bewegten sich Gestalten, und ein Feuer nach dem anderen erlosch. Wer auch immer die Gegenwehr organisiert hatte, war geistesgegenwärtig genug, um zu erkennen, dass die Brände sich als genauso gefährlich wie die Seanchaner erweisen konnten. Aber ein paar Schwestern, die Luft oder Wasser webten, konnten die Flammen schnell ersticken und die Weiße Burg erhalten. Zumindest das, was noch davon übrig war.
Egwene schloss die Augen und lehnte sich zurück, stützte sich gegen die Überreste einer Wand, spürte eine frische Brise auf der Haut. Die Seanchaner waren weg, die letzten To’raken verschwanden in der Nacht. In diesem Augenblick, als Egwene sie flüchten sah, erkannte sie, wie sehr sie und die armen Novizinnen, durch die sie die Macht gezogen hatte, sich verausgabt hatten. Sie ließ sie gehen mit dem Befehl, sich sofort schlafen zu legen. Die anderen Frauen, die sie um sich geschart hatte, kümmerten sich um die Verwundeten oder die Brände auf den oberen Ebenen.
Egwene wollte helfen. Zumindest ein Teil von ihr. Ein Funken. Aber beim Licht, wie müde sie war! Sie konnte nicht einmal mehr ein Rinnsaal der Macht lenken, nicht einmal mithilfe des Sa’angreals . Sie war an die Grenzen dessen gegangen, was ihr möglich war. Aber jetzt war sie so ausgelaugt, dass sie nicht mehr dazu fähig sein würde, die Quelle zu umarmen.
Sie hatte gekämpft. Sie war wunderbar und zerstörerisch gewesen, die Amyrlin der Vergeltung und des Zorns, eine Grüne Ajah bis ins Mark. Und trotzdem stand die Burg in Flammen. Und trotzdem waren mehr To’raken entkommen, als vernichtet worden. Wenigstens war unter denen, die sie um sich geschart hatte, die Zahl der Verwundeten ermutigend gering. Nur drei Novizinnen und eine Aes Sedai getötet, während sie zehn Damane eingesammelt und Dutzende Soldaten getötet hatten. Aber was war mit den anderen Etagen? In dieser Schlacht würde die Weiße Burg nicht vorn liegen.
Die Weiße Burg war gebrochen, jetzt auch in der Substanz wie an Geist. Für den Wiederaufbau würde sie eine starke Anführerin brauchen. Die nächsten Tage würden von entscheidender Bedeutung sein. Der Gedanke an die Arbeit, die sie leisten musste, war mehr als erschöpfend.
Sie hatte viele beschützt. Sie hatte Widerstand geleistet und gekämpft. Aber dieser Tag
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