Das Rad der Zeit 12. Das Original: Sturm der Finsternis (German Edition)
nicht mehr zu retten«, fügte Ferane hinzu. »Der Saal hat das bereits besprochen. Die Amyrlin ist irgendwo in einer Horde seanchanischer Gefangener verschwunden, und wir haben weder die Möglichkeiten noch die Informationen für eine Rettungsaktion.«
Ganz zu schweigen davon, dass wir nicht das geringste Verlangen danach verspüren, fügte Jesse in Gedanken hinzu. Viele der Sitzenden, die diese Argumente vor dem Saal zur Sprache gebracht hatten, waren diejenigen gewesen, die Elaida zur Buße geschickt hatte. Jesse gehörte nicht dazu, aber sie vertrat ebenfalls die Ansicht, dass Elaida es nicht anders verdient hatte, und sei es auch nur für die Weise, wie sie die Ajahs aufeinandergehetzt hatte.
»Dann brauchen wir einen Ersatz«, sagte Serancha. »Aber wen?«
»Es muss eine starke Person sein«, meinte Suana. »Aber sie muss vorsichtig sein, nicht so wie Elaida. Jemand, um den sich die Schwestern scharen können.«
»Wie wäre es mit Saerin Asnobar?«, fragte Jesse. »In letzter Zeit hat sie ungewöhnliche Weisheit bewiesen, und sie ist allgemein beliebt.«
»Natürlich müsst Ihr eine Braune wählen«, sagte Adelorna.
»Und warum nicht?« Jesse war sprachlos. »Ich glaube, ihr alle habt gehört, wie erfolgreich sie vergangene Nacht während des Angriffs das Kommando übernommen hat?«
»Seaine Herimon hat ihren eigenen Widerstand angeführt«, sagte Ferane. »Ich bin der Meinung, es ist die Zeit für eine Frau als Anführerin gekommen, die sich nicht von ihren Gefühlen und ihrem Temperament leiten lässt. Jemand, der für eine rationale Führung sorgen kann.«
»Unfug«, sagte Suana. »Die Weißen sind zu gefühllos; wir wollen die Schwestern nicht entfremden, wir wollen sie zusammenbringen. Sie Heilen! Eine Gelbe wäre da …«
»Ihr alle vergesst da etwas«, warf Serancha ein. »Was wird im Augenblick gebraucht? Eine Aussöhnung. Die Graue Ajah hat Jahrhunderte mit der Kunst der Verhandlung zugebracht. Wer könnte besser mit einer gespaltenen Burg und dem Wiedergeborenen Drachen umgehen?«
Adelorna umfasste die Armlehnen ihres Stuhls. Auch bei den anderen wuchs die Anspannung. Als Adelorna den Mund öffnete, um etwas zu sagen, kam Jesse ihr zuvor.
»Es reicht!«, rief sie aus. »Wollen wir uns bloß streiten, so wie es der Saal den ganzen Morgen lang getan hat? Jede Ajah preist ihre eigenen Mitglieder an, und die anderen stimmen gemeinsam dagegen?«
Wieder kehrte Schweigen in den Raum ein. Es stimmte; der Saal hatte stundenlang getagt und nur eine kurze Pause gemacht. Nicht eine Ajah war auch nur nahe dran, genug Unterstützung für eine ihrer Kandidatinnen zu bekommen. Die Sitzenden würden niemanden akzeptieren, der nicht aus ihrer eigenen Ajah kam; dazu gab es zu viele Animositäten zwischen ihnen. Beim Licht, was für ein Durcheinander!
»Idealerweise sollte es eine von uns fünf sein«, meinte Ferane. »Das würde Sinn machen.«
Die fünf Frauen sahen einander an, und Jesse konnte den anderen die Antwort darauf von den Augen ablesen. Sie waren die Anführerinnen der Ajahs, die mächtigsten Frauen auf der Welt. Im Augenblick war ihre Macht ausgeglichen, und auch wenn sie einander mehr vertrauten als anderen, würde keine von ihnen jemals zulassen, dass man die Anführerin einer anderen Ajah auf den Amyrlin-Sitz erhob. Es würde dieser Frau viel zu viel Macht in die Hand geben. Nach dem Scheitern ihres Plans bröckelte das Vertrauen.
»Wenn wir uns nicht bald entscheiden«, bemerkte Suana, »dann wird uns der Saal die Entscheidung abnehmen.«
»Pah«, winkte Adelorna ab. »Die sind so entzweit, dass sie sich nicht einmal darauf einigen könnten, welche Farbe der Himmel hat. Die Sitzenden haben doch keine Ahnung, was sie da tun.«
»Einige von uns haben wenigstens keine Sitzenden ausgesucht, die Jahre zu jung waren, um in den Saal zu gehören«, sagte Ferane.
»Ach ja?«, erwiderte Adelorna. »Und wie seid Ihr darum herumgekommen, Ferane? Indem Ihr Euch selbst zur Sitzenden erwählt habt?«
Ferane riss vor Wut die Augen weit auf. Es war keine gute Idee, diese Frau herauszufordern.
»Wir haben alle Fehler gemacht«, sagte Jesse schnell. »Viele der Schwestern, die wir ausgesucht haben, waren eine unglückliche Wahl. Wir wollten Frauen, die genau das taten, was wir sagten, aber stattdessen bekamen wir einen Haufen sich zankender Kinder, die sich viel zu wichtig nahmen und viel zu unreif waren, um sich von ausgeglicheneren Stimmen beeinflussen zu lassen.«
Adelorna und Ferane starrten
Weitere Kostenlose Bücher