Das Rad der Zeit 7. Das Original: Die Krone der Schwerter (German Edition)
noch heißer als in Murandy. Geier mit großer Flügelspannweite kreisten im Süden und Westen.
»Lan«, begann sie, um sicherzugehen, dass er verstanden hatte, was er Nynaeve sagen sollte, aber er kam ihr zuvor.
»Fünf oder sechs Tage, sagtet Ihr«, erwiderte er, während er gen Süden blickte. »Ich kann es schneller schaffen. Sie wird in Sicherheit sein, ich verspreche es.« Mandarb tänzelte, war genauso ungeduldig wie sein Reiter, aber Lan hatte ihn gut im Griff. »Ihr seid seit Emondsfelde sehr weit gekommen.« Er blickte auf sie herab und lächelte. Alle diesem Lächeln innewohnende Wärme wurde von seinen Augen verschluckt. »Myrelle und Nisao gehören jetzt Euch. Lasst nicht zu, dass sie erneut mit Euch diskutieren. Ihr befehlt, Mutter. Die Wache ist noch nicht vorüber.« Er verbeugte sich leicht, stieß dem Tier die Fersen in die Flanken und ließ es gerade ausreichend weit im Schritttempo gehen, dass sie nicht von Staub umhüllt wurde, bevor er das Pferd zum Galopp antrieb.
Sie sah ihn südwärts eilen und schloss den Mund. Nun, er hatte während seiner Schwertübungen alles mitbekommen und richtig kombiniert. Offensichtlich mit den Dingen, die er nicht hätte vermuten können, bevor er sie mit der Stola gesehen hatte. Nynaeve sollte besser aufpassen. Sie hielt Männer stets für einfältiger, als sie waren.
»Zumindest können sie nicht in wirkliche Schwierigkeiten geraten«, sagte sie sich laut. Lan erreichte einen Hügelkamm und verschwand auf der anderen Seite. Wenn Ebou Dar eine reale Gefahr darstellen würde, hätten Elayne oder Nynaeve etwas gesagt. Sie trafen sich nicht oft – sie hatte einfach zu viel zu tun –, aber sie hatten einen Weg gefunden, im Salidar Tel’aran’rhiods Nachrichten zu hinterlassen, wann immer es nötig war.
Der Wind wirbelte Staub auf. Sie hustete, bedeckte dann mit einer Ecke der gestreiften Stola der Amyrlin Mund und Nase und zog sich durch das Wegetor eilig auf ihr Floß zurück. Die Rückreise verlief still und war langweilig, sodass sie sich Gedanken machen konnte, ob es richtig gewesen war, Lan nach Ebou Dar zu schicken, und ob es richtig war, Nynaeve im Unklaren zu lassen. Es ist getan, sagte sie sich immerzu, aber es half nicht.
Als sie erneut die Stelle unter den Eichen betrat, hatte sich Myrelles dritter Behüter, Avar Hachami, den anderen angeschlossen, ein Mann mit einer Hakennase und einem dichten, von Grau durchzogenen, wie Hörner abwärtsgebogenen Schnurrbart. Alle vier Gaidin arbeiteten hart. Die Zelte waren bereits abgebaut und fast vollständig zusammengelegt. Nicola und Areina liefen hin und her und luden die gesamte Lagerausrüstung auf den Karren, angefangen von Decken bis hin zu Kochtöpfen und dem schwarzen, eisernen Waschkessel. Sie hielten nicht einmal inne, richteten aber mindestens ihre halbe Aufmerksamkeit auf Siuan und die anderen beiden Schwestern, die drüben nahe der Baumlinie standen. Die Behüter gewährten den drei Aes Sedai weitaus mehr Aufmerksamkeit. Ihre Ohren hätten genauso gut gespitzt aufrecht stehen können. Es war auf den ersten Blick fraglich, wer wen schmoren ließ.
»… nicht so mit mir sprechen, Siuan«, sagte Myrelle gerade. Nicht nur laut genug, dass es über die ganze Lichtung zu hören war, sondern auch kalt genug, dass alle erstarrten. Die Arme fest über der Brust gekreuzt, richtete sie sich zu ihrer vollen Größe auf, gebieterisch bis zum Bersten. »Hört Ihr mich? Das werdet Ihr nicht mehr tun!«
»Seid Ihr vollkommen verrückt geworden, Siuan?« Nisao hatte die Hände in ihren Röcken verkrampft, um nicht sichtbar zu zittern, und die Heftigkeit ihrer Stimme entsprach durchaus Myrelles kaltem Tonfall. »Wenn Ihr die einfachsten Anstandsregeln vergessen habt, wird man sie Euch wieder lehren!«
Siuan stellte sich ihnen mit in die Hüften gestemmten Händen entgegen, drehte ruckartig den Kopf und kämpfte sowohl darum, ihr Gesicht unter Kontrolle zu behalten, als auch die beiden weiterhin zu betrachten. »Ich … Ich bin die Einzige …« Als sie Egwene näher treten sah, stieg Erleichterung in ihr auf. »Mutter …«, es klang fast wie ein Keuchen, »ich habe gerade mögliche Strafen erklärt.« Sie atmete tief durch und fuhr bestimmter fort. »Der Saal wird es natürlich erklären müssen, wenn sie gehen, aber ich denke, man könnte sehr wohl damit beginnen, diese beiden dazu zu bringen, ihre Behüter an andere weiterzugeben, da sie so begeistert davon zu sein scheinen.«
Myrelle schloss fest die
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