Das Rascheln von Rosmarin (Historische Romane) (German Edition)
Mündel des Königs war etwas, mit dem er tun und lassen konnte, was er wollte, das er im Interesse einer politischen Allianz mit egal wem verheiraten konnte oder auch mit einem getreuen Vasallen, dem er es als eine Belohnung zudachte. Er konnte sogar, begriff Maris jetzt, verlangen, dass sie ein dauerhaftes Mitglied des königlichen Hofes wurde, bis zu dem Zeitpunkt, an dem er beschloss, sie selbst – nein, ihre Ländereien – irgendeinem habgierigen Lord zu schenken, den sie sich nicht selbst aussuchen durfte. Aber ... ihr Herz, das bis dahin wie rasend gepocht hatte, verlangsamte seinen Herzschlag etwas. Sie war bereits verlobt, sie war davor sicher – oder war sie es doch nicht? Wenn ihr Papa die Eheverträge unterschrieben hatte, würde es selbst für einen König von England nicht so leicht sein, gegen die Kirche anzutreten und einen Ehevertrag zu annullieren, auch wenn das Gelübde selbst noch nicht abgelegt worden war.
Seit dem Tod ihres Papa waren weder Victor noch Michael d’Arcy nach Langumont gekommen, noch hatten sie Botschaft oder Nachricht geschickt. Maris, die da in ihrer Trauer über ihren Verlust versunken war und außerdem von der sich verschlechternden Gesundheit ihrer Mutter in Anspruch genommen wurde, hatte kaum einen Gedanken daran verschwendet. Sie hatte es im Gegenteil als ein Gottesgeschenk betrachtet, dass sie ihren Verlobten und seinen Vater nicht sehen musste. Aber jetzt grübelte sie darüber nach.
Hatten die d’Arcys die Frauen von Langumont in ihrer Trauer nicht stören wollen? Mussten sie auf ihre eigenen Ländereien zurückgehen und würden sie wiederkehren, wenn etwas Zeit verstrichen war?
Es bekümmerte Maris wenig, solange sie nur Victor d’Arcy nicht wiedersah. Die Lage, in der sie sich befand, entbehrte nicht einer gewissen Ironie: sie war verlobt und daher konnte man sie keinem anderen Mann versprechen, aber sie war noch nicht verheiratet. Und ihr zukünftiger Ehemann war nicht hier, um sie herumzukommandieren.
Der Page machte vor einer großen Tür aus Eichenholz Halt, was Maris aus dem unangenehmen Irrgarten ihrer Grübeleien riss. Ihr ging auf, dass sie keine Ahnung hatte, wie sie durch das Gewirr der Gänge und Hallen zu diesen Gemächern gekommen war und drehte sich fragend zu dem Pagen um.
Bevor sie etwas sagen konnte, sprach der junge Bursche zu ihr, „hier ist Euer Gemach. Eure Zofe und Eure Truhen wird man noch zu Euch bringen, Mylady. Wenn Ihr zum abendlichen Mahl in die große Halle zu gehen wünscht, so müsst Ihr nur nach mir oder einem der anderen Pagen rufen lassen und wir werden Euch mit Freuden dorthin geleiten.“ Und dann war er nach einer kleinen Verbeugung auch schon verschwunden.
~*~
Etwas später strich Maris sich den goldgewirkten Stoff ihres Kopftuches glatt und schluckte schwer. Ihr war nicht bewusst gewesen, dass sie so nervös sein würde, bevor sie vor den König trat – und ihre Beklommenheit wurde noch verschlimmert durch die Tatsache, dass sie ihre Truhen kaum in Empfang genommen hatte, als Heinrich sie auch schon zu sich beordern ließ.
Sie konnte kaum glauben, dass der König die Zeit gefunden hatte sie so bald nach ihrem Eintreffen schon zu sehen, und Maris konnte nicht anders als den Grund dafür zu fürchten.
Der Page, der ihr die Botschaft von Seiner Majestät überbracht hatte, war nicht der gleiche, der sie nur eine Stunde zuvor begleitet hatte. Er war etwas älter als sein Vorgänger – vielleicht neun oder zehn Jahre alt – und er trug seine Amtswürde vor sich her wie ein Bischof.
Trotz ihrer Nervosität wies Maris ihn an draußen im Gang zu warten, während sie und Agnes verzweifelt versuchten sie zumindest präsentabel genug herzurichten für eine Audienz beim König. Sie hatte keine Zeit für ein Bad, um sich den Staub der Reise abzuwaschen, noch die Gelegenheit die Falten aus ihren Gewändern zu glätten. So wie die Dinge standen, wurde Maris von unruhigen Befürchtungen aus ihrem Zimmer getrieben, noch mit Haaren, die lediglich zu Zöpfen geflochten waren und mit ihren Reiseschuhen noch an den Füßen.
Jetzt, da sie genau auf der anderen Seite der Tür stand, die in die Hofkammer Heinrichs führte, bedauerte sie ihre Eile. Das Tuch bedeckte ihren schlichten Zopf, aber die Spitzen ihrer Schuhe waren schmutzig und abgewetzt und schauten am Boden unter den Röcken ihres besten Gewands hervor. Das Gewand an sich war angemessen (auch wenn die Blicke, die Maris auf andere Damen am
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