Das Rascheln von Rosmarin (Historische Romane) (German Edition)
Augenwinkel gezwickt hatte, hob Maris das Gesicht wieder hoch, falsche Tränen standen ihr jetzt in den großen Augen. „Aber Lord Bon, ich habe nichts anzuziehen ... und gewisslich wünscht Ihr nicht, mich so zu entehren, dass Ihr unsere Gäste in diese Halle – in ihrem derzeitigen Zustand – einladet. Wenn wir uns wirklich morgen schon vermählen sollen–ja, dann bleibt mir nicht einmal die Zeit ein anständiges Mahl für Eure Vasallen und Eure Männer vorzubereiten. Ich weiß nicht, wie die Vorratskammern bestückt sind, noch kenne ich die Kochkünste Eures Kochs.“
Er taxierte sie mit einem schlauen Blick und ihr blieb das Herz stehen. War ihr Vorgehen hier zu offensichtlich gewesen? „Mich deucht, Ihr bringt hier Ausflüchte vor, Mylady“, sagte Bon. „Ich werde mich nicht davon abbringen lassen, Euch zur Meinen zu machen.“
„Nein, Mylord, ich bin mir nur zu bewusst, wie Ihr sagt, dass wir die Ehe miteinander eingehen werden ... aber ich flehe Euch an ... bitte entehrt mich nicht so.“ Sie wischte sich abermals eine Träne ab. „Zumindest wünsche ich, das Schlafgemach für unsere Hochzeitsnacht geziemend herzurichten.“ Maris musste sehr daran arbeiten, diese Worte überzeugend klingen zu lassen, sie konnte kaum fassen, dass ihr diese Worte über die Lippen kamen, ohne dass sie ihr Übelkeit verursachten. Scheu blickte sie ihn unter gesenkten Wimpern hervor an und drehte sich dann wieder ab, damit er sie nicht für allzu kühn hielt.
„Ah ... in der Tat, unsere Hochzeitsnacht“, antwortete er nachdenklich. „Vielleicht mache ich schon die heutige Nacht zu unserer Hochzeitsnacht, Mylady, und verschiebe die Hochzeitszeremonie, wie Ihr es wünscht.“
Maris spürte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich. „Mylord, Ihr würdet mir solche Schande nicht antun!“, erwiderte sie vorsichtig und versuchte dabei, nur ängstlich zu klingen und nicht verzweifelt, wie sie sich wirklich fühlte. „Wenn wir am Morgen nach unserer Hochzeitnacht nicht die blutigen Laken zum Beweis vorzeigen können, wird man sich gewisslich fragen, ob wir auch wirklich vermählt sind. Verleumderische Stimmen werden unser Ehegelübde verhöhnen und vielleicht wird man mich Euch wegnehmen und meinem Verlobten wiedergeben.“
Bon antwortete ihr nicht sofort. Sie wusste, sie hatte Recht, auch wenn er es vielleicht hasste, das hier zugeben zu müssen. Sich eine Braut mit Gewalt zu nehmen, war eine Sache, aber der Haken an der Sache war dann, die Rechtsgültigkeit einer Ehe sowie das rechtmäßige Vollziehen derselben nachweisen zu können. Alles lief darauf hinaus, nicht nur die Braut zu besitzen, sondern auch den Anspruch auf den Jungfernkranz zu behaupten.
Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, bis Bon antwortete. Seine Worte klangen großzügig, als würde er ihr einen großen Gefallen erweisen. „Nun, Mylady, da Ihr so hübsch die Worte wählt, werde ich Eure Wünsche erfüllen und Euch gestatten meinen Meier und meinen Koch herumzukommandieren. Die Hochzeit werde ich aber lediglich um einen weiteren Tag verschieben, nicht mehr, Mylady, also gebt Acht auf meine Worte und seid flink bei der Arbeit. Morgen und dann noch einen Tag, und dann werdet Ihr die Meine.“ Sein Gesicht grinste jetzt lüstern nahe an ihrem, „und ich sehe diesem Abend mit großer Vorfreude entgegen.“
Maris nahm einen großen Schluck Wein zu sich. Nachdem sie die Hände in ihrem Schoß sittsam gefaltet hatte, fragte sie dann schüchtern, „dürfte ich mich dann von Eurer Tafel erheben, Mylord, da viele Aufgaben meiner harren, die mich den morgigen Tag über ausgiebig beschäftigen werden. Und fürwahr, diese Speisen hier zu essen, bringe ich nicht über mich.“
„Nur zu, Lady Maris, begebt Euch in Euer Gemach. Sensel wird heute Nacht an Eurer Tür Wache stehen, so dass Euer Schlaf ungestört bleibt.“
Hoch erhobenen Hauptes raffte Maris ihre Röcke zusammen, hob die Beine über die Sitzbank und trat von dem Podest herunter. Vorsichtig bahnte sie sich ihren Weg durch die Halle, wobei ihr nicht nur bewusst war, dass ein Mann ihr auf Schritt und Tritt folgte, sondern auch dass viele Augenpaare ihr hier folgten.
Da war ein Antlitz, das sie im Meer der vielen Gesichter erkannte. Und diesem Gesicht warf sie einen Blick von so viel Verachtung und Ekel zu, dass Dirick de Arlande kaum vermochte ihrem Blick standzuhalten, bevor er sich wieder seinem Bierpokal widmete.
KAPITEL ZWÖLF
Maris empfand ihr Gemach als
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