Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das rote Flugzeug

Das rote Flugzeug

Titel: Das rote Flugzeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur W. Upfield
Vom Netzwerk:
breitkrempigen Hut. Das Gesicht unter dem glatten braunen Haar war tief gebräunt, nur unter dem Haaransatz, dort, wo der Hut die Haut bedeckte, zog sich ein weißer Streifen quer über die Stirn.
    »Morgen, Mr. Nettlefold! Morgen, Miss Elizabeth!« rief er, ehe er sich aus dem Sattel schwang und die Pferde näher heranführte. Zu Elizabeth gewandt fügte er hinzu: »Ich war sicher, Sie würden nach Golden Dawn fahren und mit diesen Kunstfliegern dort ein, zwei Runden drehen. Die Jungs hier wollten sich alle freinehmen, um sich den Busch mal von oben anzusehen. Aber dann machte die Inspektion einen Strich durch die Rechnung.«
    »Ach, ich hatte irgendwie keine Lust«, meinte sie lächelnd. »Außerdem sollten gestern die Küken im Brutkasten schlüpfen, da konnte ich sowieso nicht weg.«
    »Und wie viele sind ausgeschlüpft? War die Quote gut?«
    »Ja, einundneunzig von hundert.«
    »Wie schaut’s mit dem Gewicht aus, Ted?« unterbrach Nettlefold, dem die Rinder wichtiger waren als die Küken.
    »Ganz gut. Der Durchschnitt dürfte so bei dreihundertsechzig Kilo liegen. Achthundertneunzehn Stück insgesamt. Wollen Sie sie sich ansehen?«
    »Warum nicht? Schließlich haben Sie mir schon den Gaul mitgebracht. Wer ist außer Ned Hamlin und Shutey mit Ihnen hier draußen?«
    »Bill Sikes und Fred.«
    Nettlefold nickte. Nachdem er Elizabeth versprochen hatte, nicht lange auszubleiben, stieg er auf das Pferd, das Ted mitgebracht hatte, und ritt der stampfenden Herde entgegen. Ted Sharp schwenkte grüßend seinen Hut, und Elizabeth winkte ihm lächelnd nach. Er war der fröhlichste, lebenslustigste Mensch, den sie kannte.
    Heiter sah sie den beiden nach. Ihr Vater saß steif und aufrecht im Sattel, sein Aufseher mit der lockeren Anmut dessen, der es gewöhnt ist, den ganzen Tag auf dem Pferd zu sitzen. Ted deutete mit ausgestrecktem Arm auf eine bestimmte Stelle in der Herde, und die beiden Reiter schwenkten im Galopp ab, um einen Bogen zu schlagen.
    Ted Sharp war vor elf Jahren eines Tages aufgetaucht, keiner wußte so recht, woher. Elizabeth war damals ein Wildfang von vierzehn gewesen, seit vier Jahren mutterlos. Sie hatte seit ihrer frühesten Kindheit im Sattel gesessen, aber dank Ted, der nur fünf, sechs Jahre älter war als sie, hatte sie ungeheuer viel dazu gelernt, und ihre Pferde waren besser geworden. Er war der geborene Zureiter und verstand eine Menge von der Rinderzucht – kein Wunder, daß er schon bald zum Aufseher befördert worden war. Und auch für diesen Posten schien er ein ausgeprägtes Talent zu besitzen, er hatte niemals auch nur die geringsten Schwierigkeiten mit den Leuten.
    Jetzt kamen er und ihr Vater langsam zum Wagen zurück, in ernsthaftes Gespräch vertieft, das sich, wie Elizabeth wußte, nur um das Vieh drehen konnte.
    »Wir fahren morgen alle nach Golden Dawn, Miss Elizabeth«, rief Ted schon von weitem. »Ihr Vater hat’s uns erlaubt. Hoffentlich kommen Sie auch. Sie müssen Ihrem Vater befehlen, mit Ihnen hinzufahren.«
    »Ich gebe meinem Vater nie Befehle«, gab sie mit ernster Miene zurück, doch in ihren Augen blitzte es belustigt.
    Nettlefold betrachtete seine schöne Tochter mit unverhohlenem Stolz. In dem grauen engen Kostüm und dem schicken Hut konnte sie es leicht mit den elegantesten Frauen aus der Stadt aufnehmen.
    »Nein, du gibst mir nie Befehle, Elizabeth«, sagte er langsam. »Aber irgendwie tue ich immer brav, was du erwartest.«
    Er sprang vom Pferd, übergab Ted die Zügel und ging zum Wagen. Nachdem er es sich hinter dem Steuer bequem gemacht hatte, zog er einen Klumpen schwarzen Tabaks aus der Tasche und begann, Schnipsel davon abzuschneiden.
    »Sagen Sie Sanders, daß ich wegen des Kredits mit den Banken in Quilpie, Cunnumulla und Bourke gesprochen habe«, sagte er. »Er soll mir telegrafieren, sobald das Vieh verladen ist. Möglicherweise haben wir in Bottom Bend noch mal eine Ladung Mastvieh für ihn, die er im Januar nach Cockborn bringen kann. Zum Weitertransport nach Adelaide.«
    »In Ordnung. Wir haben bestimmt Mastvieh genug in Bottom Bend.«
    »Ja, vorausgesetzt, wir kriegen nicht eine Welle von Stürmen, die das ganze Futter wegblasen. Also, wir müssen weiter. Ich möchte heute abend wieder zu Hause sein. Bis dann!«
    »Bis dann, Mr. Nettlefold. Auf Wiedersehen, Miss Elizabeth.«
    Mit kurzem Gruß verabschiedete sich Ted von seinem Chef, bei der Tochter ließ er sich etwas länger Zeit. Ihr Blick war kühl, doch er lächelte nur um so heiterer. Sie

Weitere Kostenlose Bücher