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Das Schloß Duerande

Das Schloß Duerande

Titel: Das Schloß Duerande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Freiherr von Eichendorff
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Verwunderung, wie die Figuren auf
     den Tapeten, denen die Glieder schon ganz eingerostet waren von dem langen Stillstehen, sich langsam dehnten und reckten;
     der Mond schien hell über den Hof, da hörte sie zum erstenmal die verzauberten Brunnen rauschen, der steinerne Neptun unten
     saß auf dem Rand der Wasserkunst und strählte sich sein Binsenhaar; alles wollte die Gelegenheit benutzen, weil der Riese
     schlief; und der steife Storch machte so wunderliche Kapriolen auf der Mauer, daß sie lachen mußte, und hoch auf dem Dache
     drehte sich der Wetterhahn und schlug mit den Flügeln und rief immerfort: ‹Kick, kick dich um, ich seh ihn gehn, ich sag nicht
     wen!› Am Fenster aber sang lieblich der Wind: ‹Komm mit geschwind!› und die Bächlein schwatzten draußen untereinander im Mondglanz,
     wie wenn der Frühling anbrechen sollte, und sprangen glitzernd und wispernd über die Baumwurzeln: ‹Bist du bereit? wir haben
     nicht Zeit, weit, weit, in die Waldeinsamkeit!› – ‹Nun, nun, mir Geduld, ich komm ja schon›, sagte die Prinzessin ganz erschrocken
     und vergnügt, nahm schnell ihr Bündel unter den Arm und trat vorsichtig aus dem Schlafzimmer; zwei Mäuschen kamen ihr atemlos
     nach und brachten ihr noch den Fingerhut, den sie in der Eile vergessen. Das Herz klopfte ihr, denn die Brunnen im Hofe rauschten
     schon wieder schwächer, der Flußgott streckte sich taumelnd wieder zum Schlafe zurecht, auch der Wetterhahn drehte sich nicht
     mehr; so schlich sie leise die stille Treppe hinab.»
    «Ach Gott! wenn der Riese jetzt aufwacht!» sagte Renate ängstlich.
    «Die Prinzessin hatte auch Angst genug», fuhr Gabriele fort, «Sie hob sich das Röckchen, daß sie nicht an seinen langen Sporen
     hängenblieb, stieg geschickt über den einen, dann über den andern Stiefel, und noch einen herzhaften Sprung – jetzt stand
     sie draußen am Abhang. Da aber wars einmal schön! da flogen die Wolken und rauschte der Strom und die prächtigen Wälder im
     Mondschein, und auf dem Strom fuhr ein Schifflein, saß ein Ritter darin.»
    «Das ist ja gerade wie jetzt hier draußen», unterbrach sie Renate, «da fährt auch noch einer im Kahn dicht unter unserm Garten;
     jetzt stößt er ans Land.» «Freilich», sagte Gabriele mutwillig und setzte sich ins Fenster und wehte mit ihrem weißen Schnupftuch
     hinaus. – «Und grüß dich Gott», rief da die Prinzessin, «grüß dich Gott in die weite, weite Fern, es ist ja keine Nacht so
     still und tief als meine Lieb!»
    Renate faßte sie lachend um den Leib, um sie zurückzuziehen. – «Herr Jesus!» schrie sie da plötzlich auf, «ein fremder Mann,
     dort an der Mauer hin!» – Gabriele ließ erschrocken ihr Tuch sinken, es flatterte in den Garten hinab. Ehe sie sich aber noch
     besinnen konnte, hatte Renate schon das Fenster geschlossen; sie war voll Furcht, sie mochte nichts mehr von dem Märchen hören
     und trieb Gabrielen hastig aus der Tür, über den stillen Gang in ihre Schlafkammer.
    Gabriele aber, als sie allein war, riß noch rasch in ihrer Zelle das Fenster auf. Zu ihrem Schreck bemerkte sie nun, daß das
     Tuch unten von dem Strauche verschwunden war, auf den es vorhin geflogen. Ihr Herz klopfte heftig, sie legte sich hinaus,
     so weit sie nur konnte, da glaubte sie draußen den Fluß wieder aufrauschen zu hören, darauf schallte Ruderschlag unten im
     Grunde, immer ferner und schwächer, dann alles, alles wieder still – so blieb sie verwirrt und überrascht am Fenster, bis
     das erste Morgenlicht die Bergesgipfel rötete.
    Bald darauf traf der Namenstag der Priorin, ein Fest, worauf sich alle Hausbewohner das ganze Jahr hindurch freuten; denn
     auf diesen Tag war zugleich die jährliche Weinlese auf einem nahegelegenen Gute des Klosters festgesetzt, an welcher die Nonnen
     mit teilnahmen. Da verbreitete sich, als der Morgenstern noch durch die Lindenwipfel in die kleinen Fenster hineinfunkelte,
     schon eine ungewohnte, lebhafte Bewegung durch das ganze Haus, im Hofe wurden die Wagen von dem alten Staube gereinigt, in
     ihren besten blütenweißen Gewändern sah man die Schwestern in allen Gängen geschäftig hin und her eilen; einige versahen noch
     ihre Kanarienvögel sorgsam mit Futter, andere packten Taschen und Schachteln, als gälte es eine wochenlange Reise. – Endlich
     wurde von dem zahlreichen Hausgesinde ausführlich Abschied genommen, die Kutscher knallten, und die Karawane setzte sich langsam
     in Bewegung. Gabriele fuhr nebst einigen

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