Das Schwert des Königs - Dark City ; 3
auf, und mit einem gellenden Schrei stürzte er kopfüber in die Tiefe. Die Fackel und das flammende Schwert fielen ihm aus der Hand, und im freien Fall konnte er gerade noch erkennen, dass er in einer riesigen Grotte mit einem unterirdischen See gelandet war. Dann klatschte er in das eisige Wasser. Das Schwert versank irgendwo neben ihm, und die Fackel erlosch.
Es wurde völlig dunkel um ihn herum. Für einen Moment verlor Odomar komplett die Orientierung und wusste nicht mehr, was oben und unten war. Vollkommene Finsternis hüllte ihn ein. Kurz darauf tauchte er prustend an der Wasseroberfläche auf und schwamm aufs Geratewohl in irgendeine Richtung, bis er festen Boden unter den Füßen spürte. Zähneklappernd schleppte er sich an Land.
Er legte seinen Rucksack ab, öffnete ihn und tastete in der Dunkelheit nach der wasserdichten Box mit der Kerze und einer Zunderbox darin. Er zündete die Kerze an, und die kleine Flamme leuchtete mit ihrem schwachen Schein die gesamte Grotte aus. Es war ein gutes Gefühl, wieder etwas sehen zu können, und Odomar staunte darüber, wie eine einzige Kerze mit einem Schlag die Schwärze einer gesamten Höhle verdrängen konnte. Im Kerzenschein entdeckte er auch die Fackel, die dicht am Ufer zwischen ein paar Steinen im See trieb. Er zog sie heraus und schüttelte mit ruckartigen Bewegungen das Wasser von der öligen Oberfläche. Zufrieden mit dem Ergebnis, steckte er sie in Brand und hielt sie über seinen Kopf, um die Höhle genauer in Augenschein zu nehmen. Die Grotte war imposant. Das kristallklare Wasser war türkisblau, und der gigantische See hatte mehrere Biegungen, die auf ein weitverzweigtes Höhlenlabyrinth schließen ließen.
Vielleicht ist es möglich, über einen der vielen Seitenarme einen Ausgang zu finden, dachte Odomar. Ein Boot wäre dafür ganz nützlich gewesen. Aber natürlich hatte er kein Boot, und so beschloss er, erst einmal nach einem anderen Ausstieg zu suchen – wenn es denn überhaupt einen Ausstieg aus dieser Höhle gab.
Längst hatte das Erdbeben aufgehört, und der Berg hatte sich wieder beruhigt. Das einzige Geräusch, das man noch hörte, waren glucksende Wassertropfen, die von gewaltigen Stalaktiten tropften. Die Oberfläche hatte sich so weit geglättet, dass Odomar das Schwert am Grund des Sees sehen konnte. Es glitzerte wie ein kostbarer Schatz. Eigentlich hätte er es einfach hierlassen können. Er solle es gut verstecken, hatte der König gesagt. Und ein besseres Versteck als auf dem Grund eines verborgenen unterirdischen Sees konnte es wohl kaum geben. Aber andererseits war ein Schwert, das durch Stein schneidet, auch sehr nützlich, wenn man in einer Höhle feststeckte und sich vielleicht seinen Weg nach draußen freischneiden musste.
«Ich nehme es mit», beschloss Odomar. «Erst finde ich hier raus. Dann suche ich ein neues Versteck.» Er verkeilte die Fackel zwischen zwei Steinen und trat ans Ufer. Gerade wollte er den ersten Stiefel ins Wasser setzen, als er glaubte, etwas durchs Wasser huschen zu sehen. Er konnte nicht erkennen, was es war, aber es war groß und lang und ziemlich beweglich. Odomar zögerte.
Eine Seeschlange?, dachte er beunruhigt. Er blieb stehen und beobachtete für eine Weile aufmerksam das Wasser, konnte aber nichts Auffälliges mehr sehen. Nur dort, wo ein Seitenarm hinter einem Felsen verschwand, kräuselte sich ab und zu das Wasser. Aber das war bestimmt nur wegen der tropfenden Stalaktiten. Er wartete mehrere Minuten, dann machte er zögernd den ersten Schritt ins Wasser.
«Da ist nichts», sprach er sich selbst Mut zu. «Und wenn da was wäre, dann bestimmt nichts, was mir gefährlich werden könnte.»
Und so watete er, bevor er es sich anders überlegte, in den kalten See hinein und verschwand mit einem Kopfsprung im eisigen Wasser. Der See war hier, in Ufernähe, nicht besonders tief, und mit nur wenigen kräftigen Stößen erreichte Odomar das flammende Schwert, ergriff es und tauchte wieder auf. Dass sich genau in diesem Moment die kräuselnde Welle hinter ihm in Bewegung setzte und sich rasch auf ihn zubewegte, bemerkte er nicht.
Und dann geschah es: Etwas schlang sich um seinen rechten Fuß und zerrte ihn gewaltsam unter Wasser.
Die Seeschlange!, durchfuhr es Odomar. Er umklammerte das Schwert, wirbelte herum und schlug zu, ohne auch nur einmal zu zögern. Das, was sich wie eine fleischige Liane um sein Bein gewickelt hatte, wurde mit einem einzigen Schwerthieb durchtrennt, fiel von ihm ab, und
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