Das Spiel seine Lebens
sagen, Mr. Bolitar?«
»Nein, ich glaube nicht.«
Christian sah ihn ein dringlich an. » Ich muss immer wieder an ihren Slip denken. Wissen Sie davon?«
Myron nickte. Der einzige Hinweis in dem ganzen Mysterium war Kathys zerrissener Slip gewesen, den man auf dem M üllplatz des Unigeländes gefunden hatte. Es hieß, er wäre mit Blut und Sperma verschmiert gewesen. Für die Öffentlichkeit war das die Bestätigung dessen, was sie schon längst vermutet hatte: Kathy Culver war tot. Es war eine traurige, jedoch keineswegs außergewöhnliche Geschichte. Sie war von einem zufällig vorbeikommenden Psychopathen vergewaltigt und ermordet worden. Die Leiche würde man wahrscheinlich nie finden - oder möglicherweise würden ein paar Jäger irgendwann im Wald auf ihr Skelett stoßen und den Medien ein großes, quotenträchtiges Rätsel für die Abendnachrichten bescheren, worauf die Kameras wieder ins Spiel kämen, in der Hoffnung, einen Schnappschuss von einem tränenüberströmten Verwandten zu ergattern.
»Sie haben es dargestellt wie etwas Schmutziges«, fuhr Christian fort. »Immer haben sie »pink« und »Seide« dazu gesagt. Sie haben nie Unterwäsche gesagt, nicht einmal einfach nur Slip. Es war immer ein pinkfarbener Seidenslip. Als ob das wichtig wäre. Ein Fernsehsender hat sogar ein Mannequin für Unterwäsche um einen Kommentar gebeten. Ein pinkfarbener Seidenslip. Als hätte sie es herausgefordert. Kathy so in den Dreck zu ziehen...«
Seine Stimme wurde immer leiser. Myron sagte nichts. Christian steuerte auf irgendetwas zu. Myron hoffte nur, dass es kein Nervenzusammenbruch war.
»Ich glaube, ich sollte langsam mal auf den Punkt kommen«, sagte Christian schließlich.
»Lass dir Zeit. Ich lauf nicht weg.«
»Ich habe heute etwas gesehen. Ich -« Er unterbrach sich und sah Myron an. Flehentlich. »Kathy könnte noch am Leben sein.«
Seine Worte trafen Myron wie ein Schlag mit einem nassen Handtuch. Er hatte selbst nicht genau gewusst, was er erwarten sollte, worauf Christian hinaus wollte, doch die Nachricht, dass Kathy Culver noch am Leben sein k önnte, war in seinen Überlegungen nicht vorgekommen.
»Was?«
Christian drehte sich um und öffnete die Schublade seines Schreibtischs. Auch der sah aus wie in der Sechziger-Jahre-Fernsehserie Leave it to Beaver. Perfekt aufgeräumt. Zwei Behälter, einer mit Bic-Kugelschreibern, einer mit gespitzten HB-Bleistiften. Eine altmodische Schreibtischlampe. Unterlage mit Kalender. Rechtschreib-, Synonym- und Stilwörterbuch in einer Reihe zwischen zwei runden Buchstützen.
»Das war heute in der Post.«
Er gab Myron ein Magazin. Auf der Vorderseite war eine nackte Frau. Sie gut gebaut zu nennen w äre so, als würde man den Zweiten Weltkrieg als Meinungsverschiedenheit bezeichnen. Die meisten Männer haben ein Faible für große Brüste, und auch Myron war über solche Gefühle nicht erhaben, doch das hier war eindeutig abartig. Das Gesicht der Frau war nicht schön, eher hart. Der Blick, mit dem sie in die Kamera sah, sollte einladend wirken, ließ Myron jedoch eher an Verstopfung denken. Sie leckte sich die Lippen, hatte die Beine gespreizt, und forderte den Leser mit dem Finger zum Näherkommen auf.
Äußerst subtil, dachte Myron.
Das Magazin hie ß Nips. Dem Schriftzug, der auf ihrer rechten Brust prangte, konnte man das Thema des Leitartikels entnehmen. »Wie bringe ich sie dazu, sich die Pussy zu rasieren?«
Myron sah fragend auf. »Was soll das?«
»Die Büroklammer.«
»Was?«
Aber Christian war anscheinend zu schwach, sich zu wiederholen. Er deutete darauf. Am oberen Rand des Magazins sah My ron einen silbrigen Punkt. Jemand hatte eine B üroklammer als Lesezeichen angebracht.
»Es ist so gekommen«, erläuterte Christian.
Myron bl ätterte schnell durch die Seiten, kurze Blicke auf viel nackte Haut, bis zur Büroklammer. Er blinzelte verwirrt. Es war eine Anzeigenseite, die allerdings noch mehr Sexfotos enthielt als die anderen Seiten. Am oberen Rand stand:
Live Fantasy Phone - W ählen Sie Ihr Girl
Nacktfotos von Frauen nahmen den Rest der Seite ein, drei Reihen aus jeweils vier Bildern. Myron überflog die Bildunterschriften. Er konnte kaum glauben, was er las. »Asiatische Girls warten auf dich!« »Heiße, feuchte Lesben!« »Peitsch mich aus!« »Scharfe Huren!« »Kleine Titten!« (offenbar für diejenigen, denen das Titelbild nicht zusagte) »Reite mich hart!« »Pflück meine Pflaume!« »Lass mich nach mehr betteln!« »Gesucht:
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