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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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die Tür hinter ihm zugefallen ist.
    »Das Holzfäller-Maskottchen?« platze ich schließlich heraus.
    »Ich habe doch gesagt, es gibt noch Spaß hier«, erwidert Harris, und mustert den Bildschirm des kleinen Fernsehgerätes, wo wie üblich C-SPAN, der Parlamentssender, läuft. Es ist ein ganz normaler Arbeitstag.
    »Den muß ich Rosie erzählen ...« meint LaRue im Hinausgehen. »Harris, früher oder später erwischen sie dich.«
    »Nur, wenn sie schlauer sind als wir!« ruft Harris ihm nach.
    Ich lache immer noch. Harris hat weiter nur Augen für den Bildschirm. »Ist dir eigentlich aufgefallen, daß Enemark sich die Hände nicht gewaschen hat?« fragt er. »Was ihn nicht davon abgehalten hat, deine zu schütteln.«
    Ich werfe einen Blick auf meine Handfläche und trete an den Waschtisch.
    »Auf geht's ... Das Tänzchen kann beginnen!« ruft Harris und deutet auf das Fernsehgerät.
    Auf dem Bildschirm marschiert der Kongreßabgeordnete Enemark mit seinem typischen Cowboygang ans Rednerpult. Wenn man genau hinsieht und das Licht ihn richtig trifft, dann glänzt der Lorax wie ein Stern auf seiner Brust.
    »Ich bin Kongreßabgeordneter William Enemark und spreche für das Volk von Colorado«, verkündet er.
    »Komisch«, sage ich. »Ich dachte, er spricht für die Bäume ...«
    Zu meiner Überraschung lächelt Harris nicht. Er kratzt nur an dem Grübchen in seinem Kinn. »Fühlst du dich jetzt besser?«
    »Natürlich. Warum?«
    Er lehnt sich gegen die Mahagonitrennwand, ohne den Blick von dem Bildschirm zu nehmen. »Ich habe das vorhin ernst gemeint. Hier laufen wirklich einige aufregende Spiele.«
    »Du meinst solche wie das eben?«
    »So ähnlich.« Seine Stimme klingt plötzlich vollkommen ernst.
    »Ich verstehe nicht.«
    »Himmel, Matthew, du hast es direkt vor der Nase.« Sein Pennsylvania-Akzent klingt durch, was ihm nur sehr selten passiert.
    Ich mustere ihn gründlich und reibe mir nachdenklich mein blondes Haar, bis mein Hinterkopf ganz warm wird.
    Ich bin einen ganzen Kopf größer als er, dennoch ist er nach wie vor der einzige hier, zu dem ich aufblicke.
    »Worauf willst du hinaus, Harris?«
    »Du willst doch Spaß haben, stimmt's?«
    »Kommt darauf an, was für einen Spaß du meinst.«
    Harris stößt sich von der Wand ab, grinst und geht zur Tür. »Vertrau mir, es ist der größte Spaß, den du bisher in deinem ganzen Leben gehabt hast. Ungelogen.«

2. KAPITEL
    Sechs Monate sp äter
    Eigentlich hasse ich den September. Wenn die Augustferien zu Ende gehen, beleben sich die Flure wieder, und die Mitglieder verpesten mit ihrer üblichen miesen Vorwahllaune die Luft. Mit der drohenden Frist vom 1. Oktober, die für alle Bewilligungen von Geldern gilt, ticken die Stunden doppelt so grausam herunter wie zu jeder anderen Jahreszeit. Diesen September jedoch bemerke ich das kaum.
    »Wer möchte etwas zu essen, was noch ungesunder ist als Schinken?« Ich verlasse den polierten Behördenflur des Rayburn-House-Bürogebäudes und stoße die Tür zu Zimmer B-308 auf. Die Uhren an der Wand antworten mit zwei lauten elektronischen Summtönen. Das Signal für eine Abstimmung im Abgeordnetenhaus. Die Abstimmung läuft.
    Ich verliere keine Zeit, biege scharf nach links ab, Richtung des handgewebten Siouxquilts an der Wand, und steuere auf unsere Empfangsdame zu. Sie ist schwarz und hat stets wenigstens einen Bleistift im Dutt ihres früh ergrauten Haares stecken. »Hier, bitte, Roxanne ... Mittagessen wird serviert!« rufe ich und plaziere zwei eingewickelte Hotdogs auf ihren mit Dokumenten übersäten Schreibtisch. Als Angestellter des Bewilligungsausschusses bin ich einer von vier Mitarbeitern, die dem Unterausschuß des Inneren zugeteilt sind, außer Roxanne der einzige andere, der Fleisch ißt.
    »Wo haben Sie die her?« fragt sie.
    »Von einer Veranstaltung des Fleischverbandes. Sagten Sie nicht, Sie wären hungrig?«
    Sie mustert erst die Dogs, dann mich. »Was ist denn in letzter Zeit mit Ihnen los? Nehmen Sie Nettigkeitspillen oder so was?«
    Ich zucke mit den Schultern und starre auf den kleinen Bildschirm hinter ihrem Schreibtisch. Wie die meisten Fernsehgeräte im Gebäude ist er wegen der Abstimmung auf C-SPAN eingestellt. Ich werfe einen Blick auf die Tabelle. Es ist noch zu früh. Keine Jas und keine Neins.
    Roxanne folgt meinem Blick und dreht sich zu dem Fernsehgerät um. Mir bleibt fast das Herz stehen. Nein ... unmöglich. Sie kann unmöglich davon wissen.
    »Alles in Ordnung?« fragt sie und versucht

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