Das Tar-Aiym Krang
erste Dröhnen hörte, hatte Wolf die Motoren des Kriechers angelassen und sich auf die Tür zubewegt. Glücklicherweise war er dazu richtig gestanden. Als die erste volle Note ihn traf, war er aus dem Fahrersitz getaumelt und hatte sich mit beiden Händen die Ohren zugehalten. Aber der Kriecher, einmal auf Kurs gebracht, wußte nichts anderes als diesen Kurs auch zu fahren. Wie dies jedesmal geschah, hatten sich auch diesmal die großen Tore geöffnet. Und in dem Augenblick, in dem sie sich hinter dem Kriecher schlossen, hörte die Tortur auf.
Wolf zog sich langsam auf seinen Sessel und schaffte es noch, die Fahrt der Maschine anzuhalten, ehe sie über den Abgrund gefallen wären. Er wußte nicht, was geschehen war – das war alles zu schnell gegangen! Aber er wußte, daß der Kapitän und die anderen noch drinnen waren. Er warf einen schnellen Blick in den Laderaum. Beide Frauen lagen in gnädiger Bewußtlosigkeit zwischen den Vorräten – ob das eine Auswirkung des ›Dinges‹ war oder nur ihrer plötzlichen Flucht, konnte er nicht sagen.
Was tun? Hilflos auf dem Boden des Kriechers liegend und in seiner Agonie auf das Metall eintrommelnd, würde er weder dem Kapitän noch sonst jemandem nützen können. Für den Augenblick kam es also nicht in Frage, nach innen zurückzukehren. Ein Versuch, den Kommunikator in Betrieb zu nehmen, trug ihm nur Rauschen und Knattern ein. Vielleicht konnte er in dem Shuttle etwas finden, womit er sein Bewußtsein genügend abschirmen konnte, um unversehrt diese Hölle zu betreten. Aber er bekam keine Zeit, darüber nachzudenken.
Das Gebäude, mit all seinen Millionen Tonnen, veränderte seine Lage. Es lehnte sich zurück, und einen schrecklichen Augenblick lang fürchtete er, es würde auf den winzigen Kriecher fallen. Das tat es nicht. Es hing eine Sekunde lang hintenüber und drehte sich dann langsam nach Süden. Ein tiefes Dröhnen begann. Man konnte die Schwingungen durch den Boden des Kriechers spüren – oder in den Zähnen. Ein paar Meilen höher in der staubbeladenen Luft konnte er sehen, wie die oberen hundert Meter des Gebäudes in tiefem Ebenholzschwarz zu glühen begannen. Er hatte noch nie zuvor etwas schwarz glühen gesehen, und das Phänomen faszinierte ihn. Es dauerte etwa dreißig Sekunden lang. Auch der kreisförmige Sockel, auf dem das Gebäude stand, schien etwas heller zu werden. Die Luft im Umkreis wirkte jetzt rosafarben. Dann hörte es auf.
Das Krang zeichnete die Vernichtung des zweiten Fahrzeugs ebenso selbstverständlich auf, wie es die des ersten registriert hatte.
Der ganze Vorgang, von der ersten Aktivierung bis jetzt, hatte etwas weniger als zwei Minuten gedauert.
Ungeduldig wartete das Krang auf weitere Befehle vom Aktivierungsknoten. Die Anweisung, auch das andere fremde Raumfahrzeug zu vernichten, kam nicht. Tatsächlich löste sich das Bewußtsein in diesem Augenblick vom Knoten.
Die Maschine überlegte. Es lag eine lange, lange Zeit zurück, daß sie in vollem Bewußtsein existiert hatte. Sie hatte erneut festgestellt, daß ihr dieses Gefühl Befriedigung bereitete.
Aber die Instruktionen, die man ihr eingeprägt hatte, waren klar und ließen keinen Platz für logische Ausweichmanöver. In Abwesenheit eines aktivierenden Bewußtseins mußte sie in Bereitschaftsstellung mit verringerter Energiezufuhr zurückkehren. Das bedeutete, daß – mit Ausnahme der elementarsten Instandhaltungsfunktionen – alle Bewußtseinsbereiche desaktiviert werden mußten.
Das Krang seufzte.
Die Ziele seiner Erbauer waren ihm oft erschienen, als stünden sie im Gegensatz zu ihren Wünschen, und auch jetzt hatte es keinen Anlaß, diese seine Meinung zu ändern. Aber das Krang wußte sehr wohl, was ein Frankenstein war, auch wenn es dafür einen anderen Begriff benutzte. Die mächtigen Anlagen in den Tiefen der Kalksteinkavernen, die die unablässigen Stürme des Planeten lenkten, traten in Aktion. Die Generatoren, die ihre Kraft von dem geschmolzenen Kern des Planeten bezogen, reduzierten ihre Aufnahme, und der kochende Eisennickelkern beruhigte sich.
Langsam, aber wirkungsvoll, ging das Krang an die notwendige Aufgabe, sich wieder abzuschalten.
22
Flinx wälzte sich zur Seite und stand auf. Sein Kopf dröhnte immer noch, aber der eigentliche Schmerz war fast verschwunden. Er war in seinem Leben nur ein einziges Mal betrunken gewesen. Die Erinnerung an den mächtigen Kater, mit dem er diese Eskapade abgebüßt hatte, drängte sich ihm jetzt auf. Er
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