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Herbst - Zerfall

Herbst - Zerfall

Titel: Herbst - Zerfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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Prolog
    Sie haben gesagt, ich hätte sie mit dem Rest von ihnen verbrennen sollen. Als alle starben, räumte ich diesen Ort Zimmer für Zimmer aus und beseitigte sie alle. Ich arbeitete stundenlang und hörte nicht auf, ehe ich jegliche Spur von totem Fleisch aus dem Gebäude entfernt hatte. Außer ihr. Außer der toten Schwimmerin.
    Ich fand sie ein paar Tage später, als sie gerade begonnen hatte, sich zu bewegen. Die Arme wollte gerade schwimmen gehen, als es sie erwischte. Sie hatte ihren Badeanzug angezogen und wollte den Umkleideraum verlassen, als sie starb. Die Türen fielen zu und hielten sie im Inneren gefangen.
    Als ich sie zu Beginn fand, schlurfte sie in den Schatten hin und her wie jene auf der anderen Seite der Umzäunung. Sie schleppte sich unablässig von einem Ende des Raumes zum anderen, prallte gegen Wände und Garderobenschränke, stolperte über umgekippte Bänke und verhedderte sich in den Kleidungsstücken und Handtüchern, die ringsumher auf dem Boden lagen. Im Nachhinein betrachtet sah sie wirklich lächerlich und bescheuert aus, doch ich lachte damals nicht. Ich war zu verängstigt. Das bin ich immer noch.
    Als die anderen hier eintrafen, sprachen wir stundenlang darüber, ob wir sie loswerden sollten. Ginnie und Sean versetzte der Gedanke daran in Schrecken, sie bei uns im Gebäude zu behalten, obwohl es für sie keine Möglichkeit gab, in irgendeinen anderen Teil des Hotels zu gelangen. Reece und Amir konnten meine Einstellung ziemlich rasch nachvollziehen. Es leuchtete ein, sie unter Beobachtung zu halten. Himmel, diese verdammten Dinger zogen sich selbst wieder vom Boden hoch, nachdem sie tagelang tot dagelegen waren und niemand von uns konnte vorhersagen, was sie wohl als Nächstes tun mochten. Ich wusste, dass sie es uns zeigen würde. Auf perverse Art und Weise half sie uns dabei, am Leben zu bleiben. Während sie da drin eingeschlossen und von der restlichen toten Welt abgeschirmt war, konnten wir ihre Veränderung über Wochen hinweg beobachten. Wir sahen ihrer Verwesung zu. Durch sie wurde uns vorgeführt, wie sie alle sich entwickelten und was aus ihnen wurde.
    Die Veränderungen gingen allmählich vor sich. Manchmal scheint sich tagelang nichts zu tun, doch dann reagiert sie anders auf einen von uns und uns ist klar, dass die Hunderttausenden Leichen im Freien in Kürze dasselbe Verhalten aufweisen werden. Nichts von all dem, was der Welt zugestoßen ist, macht irgendeinen Sinn, doch was mit ihnen geschieht, leuchtet überhaupt am wenigsten ein. Während sie immer mehr verrotteten, begannen sich irgendwie ihre Kontrolle und Koordination zu verbessern. Es wirkt so, als ob sie wieder zu denken beginnen und Entscheidungen treffen. Ich weiß, dass sie irgendwann in Kürze einen Punkt erreicht haben werden, an dem sie dermaßen verwest sein werden, dass sie sich nicht länger bewegen können, doch wann wird das der Fall sein? Und was werden sie bis zu diesem Zeitpunkt fertigbringen?
    Ich erkannte nach etwas weniger als einer Woche, nachdem es geschehen war, dass sie mich beobachtete. Eine Woche lang beschränkte, unkoordinierte und ziellose Bewegungen, dann konnte sie wieder sehen und hören. Ich weiß nicht, ob sie verstand, was rund um sie herum geschah, doch sie beobachtete mich trotzdem. Ihre dunklen, geweiteten Augen starrten mich an, wann auch immer ich in ihre Nähe kam. Sie reagierte auch, als Reeces Hund bellte, torkelte zum Fenster hin und hämmerte mit ihren Fäusten gegen das Glas. Als die Tage verstrichen, schienen sich ihre Reaktionen zu verlangsamen und durchdachter, weniger instinktiv, zu werden. Ich begriff, dass sie die Kontrolle über sich wiedererlangte.
    Seitdem habe ich Stunden damit zugebracht, sie zu beobachten. Manchmal kann ich die Augen nicht von ihr abwenden, obwohl sie mich anwidert. Ich bin mir sicher, dass ich sie gesehen habe, bevor sie starb. Ich kann mich an ihr schönes, rundes Gesicht mit den herzförmigen Lippen, der leichten Stupsnase und ihr kurzes, dunkelbraune Haar, das durch Strähnchen aufgelockert wurde, erinnern. Ihr anschließender Verfall war außergewöhnlich. Selbst hier drinnen, wo sie von Wind und Regen abgeschottet und vor Insekten und Keimen geschützt ist, dörrte sie aus und verkrüppelte. Nun ist sie nichts weiter als der fratzenhafte Schatten der Person, die sie vor ihrem Tod war. Die Farbe ihres Fleisches verwandelte sich von einem lebendigen Weißrosa zu einem kalten Blaugrau. Ihre Haut schrumpfte an einigen Stellen zusammen

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