Das Testament der Götter
herrlich, kommt Euch baden.« Paser schlüpfte aus seinem Schurz und näherte sich ihr, ohne die Frische wahrzunehmen. Sie reichte ihm die Hand, er ergriff sie fiebrig. Eine Welle trug sie zueinander. Als ihre Brüste seinen Oberkörper berührten, wich sie nicht zurück. Er wagte, seine Lippen auf die ihren zu legen und sie an sich zu drücken.
»Ich liebe Euch, Neferet.«
»Ich werde lernen, Euch zu lieben.«
»Ihr seid die erste, und es wird keine andere geben.« Er küßte sie ungeschickt. Umschlungen kehrten sie zur Böschung zurück und streckten sich auf einem zwischen dem Schilf versteckten Streifen Sand aus. »Auch ich bin noch Jungfrau.«
»Ich möchte Euch mein Leben schenken. Schon morgen halte ich um Eure Hand an.« Sie lächelte, erobert und hingegeben. »Liebe mich, liebe mich, so sehr du kannst.« Er legte sich auf sie, den Blick in ihren blauen Augen verloren. Ihre Seelen und ihre Körper vereinigten sich unter der Mittagssonne.
Neferet lauschte der Rede ihres Vaters, eines Riegelschmieds, und der ihrer Mutter, die Weberin in einer Werkstatt mitten in Theben war. Weder er noch sie widersetzten sich der Vermählung, wünschten jedoch, ihren zukünftigen Eidam zu sehen, bevor sie sich entscheiden wollten. Gewiß, die junge Frau bedurfte keineswegs ihrer Einwilligung, aber die Hochachtung, die sie ihnen gegenüber empfand, erlaubte ihr nicht, diese zu übergehen. Ihre Mutter erhob einige Vorbehalte: War Paser nicht zu jung? Was seine Zukunft anbelangte, blieben noch gewisse Zweifel bestehen. Und dazu diese Verspätung, am Tage seines Heiratsantrages!
Ihre Aufgeregtheit übertrug sich auf Neferet. Ein schrecklicher Gedanke fuhr ihr jäh durch den Sinn: Und wenn er sie schon nicht mehr liebte? Wenn er, im Widerspruch zu seinen Bekundungen, nur nach einer Liebelei gesucht hätte? Nein, das war unmöglich. Seine Leidenschaft würde Bestand haben wie das Thebanische Gebirge.
Endlich schritt er über die Schwelle der bescheidenen Behausung. Neferet blieb zurückhaltend, wie es die Feierlichkeit des Augenblicks verlangte. »Ich bitte Euch, mir zu vergeben; ich habe mich in den Gäßchen verirrt. Ich muß gestehen, nicht den geringsten Ortssinn zu haben; für gewöhnlich ist es mein Esel, der mich führt.«
»Ihr besitzt einen?« wunderte sich Neferets Mutter. »Er heißt Wind des Nordens.«
»Jung und bei guter Gesundheit?«
»Krankheit ist ihm fremd.«
»Welche anderen Güter besitzt Ihr?«
»Nächsten Monat werde ich über ein Haus in Memphis verfügen.«
»Richter, das ist ein guter Beruf«, bemerkte der Vater.
»Unsere Tochter ist jung«, hob die Mutter hervor. »Könntet Ihr nicht etwas warten?«
»Ich liebe sie und hege den Wunsch, sie zu heiraten, ohne einen Augenblick zu verlieren.« Paser wirkte ernst und entschlossen. Neferet betrachtete ihn mit den Augen einer verliebten Frau. Die Eltern gaben nach.
Sethis Streitwagen durchfuhr in schneller Fahrt das Portal der Hauptkaserne von Memphis. Die Wachen ließen ihre Lanzen fallen und warfen sich auf die Erde, um nicht zerquetscht zu werden. Sethi sprang ab, während die Pferde ihre Hatz im großen Hof fortsetzten. Er erklomm, vier Stufen auf einmal nehmend, die Treppe, die zur Unterkunft der höheren Offiziere führte, wo auch der Heerführer Ascher weilte. Mit einem Schlag des Ellbogens in den Nacken räumte er den ersten Ordnungshüter aus dem Wege, mit einem Fausthieb in den Bauch den zweiten und mit einem Fußtritt in die Hoden den dritten.
Der vierte hatte noch Zeit, sein Schwert aus der Scheide zu ziehen und ihn an der linken Schulter zu verletzen; der Schmerz vervielfachte die Raserei des Offiziers der Streitwagentruppe; er schlug seinen Gegner, beide Fäuste zu einem Amboß vereint, ohnmächtig.
Auf einer Matte sitzend, eine Karte Asiens vor sich entrollt, drehte Heerführer Ascher den Kopf Sethi zu. »Was willst du hier?«
»Euch vernichten.«
»Beruhige dich.«
»Ihr entwischt der Gerechtigkeit, aber nicht mir.«
»Falls du mich angreifst, wirst du diese Kaserne nicht lebend verlassen.«
»Wie viele Ägypter habt Ihr mit Euren Händen getötet?«
»Du warst erschöpft, deine Sicht war getrübt. Du hast dich getäuscht.«
»Ihr wißt genau, daß das nicht stimmt.«
»Dann laß uns einen Vergleich schließen.«
»Einen Vergleich schließen?«
»Eine öffentliche Aussöhnung täte die beste Wirkung. Ich wäre in meiner Stellung bestärkt, dir käme eine Beförderung zugute.«
Sethi stürzte sich auf Ascher und
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